Paperboy
Suche nach dem Büro von Yardley Acheman von der
Miami Times
«, sagte sie.
CHARLOTTE BLESS und der Retriever warteten an meinem Fenster darauf, dass Yardley Acheman und mein Bruder herunterkamen. Mir war schwindlig von ihrem Parfüm, und obwohl ich mich keineswegs mit diesem Tier verglich, musste ich daran denken, dass wir irgendwann im Laufe der Geschichte wie Hunde vor allem durch Geruch erregt worden waren und dass es gewisse Gerüche gab, die mich immerzu aufforderten, ihrem Ruf Folge zu leisten. Ich dachte dabei nicht so sehr an einen gebratenen Truthahn im Ofen – da setzt man sich hin und verspeist ihn –, sondern an so etwas wie Benzin, das mich anzuregen schien, seit ich es zum ersten Mal gerochen habe. Aber zu was? Mir einen Drink zu genehmigen? Ein Bad einzulassen?
Ist es möglich, dass Benzin das Erste in meinem Leben war, mit dem ich vögeln wollte?
MEIN BRUDER und Yardley Acheman tauchten in der offenen Tür auf, die nach oben zu ihrem Büro führte. Yardley setzte sich auf die unterste Stufe, nuckelte abwechselnd an einem aufgeschürften Knöchel und einer langhalsigen Bierflasche, die er in derselben Hand hielt, während Ward zurück zum Laster ging, um die Ladeklappe zu schließen. Er bemerkte Charlotte Bless erst, als er nach dem Griff fasste und sie plötzlich neben ihm stand.
Es schien ihr zu gefallen, unvermutet an der Seite anderer Leute aufzutauchen. Mein Bruder zuckte bei ihrem Anblick zusammen und wurde rot, während sie dastand, den Kopf zur Seite legte und zusah, wie er sich von dem Schreck erholte. Auf einmal tat er alles zu rasch. Er lächelte, nickte und versuchte, die Ladeklappe zu schließen.
»Ich bin Charlotte Bless«, sagte sie.
»Nett, Sie kennenzulernen«, sagte er. Wortlos schaute sie ihn an. Welche Macht sie auch immer über Männer besaß, sie musste sich ständig beweisen, dass sie sie noch ausüben konnte.
Ward zog die Klappe zu, schloss ab und ließ den Schlüssel auf die Straße fallen. Sie rührte sich nicht, als er sich bückte, um ihn aufzuheben, tat keinen Schritt. Sein Gesicht streifte beinahe ihre Hose. Er richtete sich auf, lief erneut rot an und geriet unter ihrem Blick ins Stolpern. Dann sah sie zur Tür hinüber, wo Yardley Acheman noch immer auf der Stufe saß und sein Bier trank. Attraktiv und unnahbar.
»Mr. Acheman?« fragte sie. Von Anfang an war er es, den sie bevorzugte.
Er stand langsam auf, trat aus dem Schatten und ging zum Lastwagen. Sie streckte ihre Hand aus, brusthoch, als hätte sie gerade erst gelernt, wie man die Hand gibt, und er nahm sie, musterte sie von oben bis unten. Er kannte die Frau bisher nur von Fotos.
»Ist es das?« fragte sie und nickte zum Gebäude hinüber. Yardley Acheman folgte ihrem Blick und schaute sie dann an, als wolle er ihr dieselbe Frage stellen.
Er trank den letzten Rest und stellte die Flasche auf den Bordstein. »Wollen Sie auch ein Bier?« fragte er. »Wir haben oben einen Kühlschrank.«
»Ich trinke nicht vor Sonnenuntergang«, sagte sie, doch es klang, als würde sie eine Ausnahme machen wollen. Sie ging zur Hecktür des VW-Busses, öffnete sie und holte einen Stapel flacher Pappkartons heraus, der ihr fast bis unters Kinn reichte. Sie zögerte einen Augenblick, ging zu meinem Bruder und Yardley Acheman zurück, schien dann einen Entschluss zu fassen und reichte meinem Bruder die Kartons, der sie annahm, ohne zu fragen, was sie enthielten, und wortlos stehen blieb, bis sie es ihm verriet.
»Das sind meine Akten«, sagte sie und ging wieder zum Bus zurück. »Kommen Sie, hier ist noch haufenweise von dem Zeug …«
Ich wartete hinter Yardley Acheman auf meinen Stapel Kartons, um sie die Treppe hinauf ins Büro zu tragen, und beobachtete Charlotte Bless’ Gesichtsausdruck, als sie ihm seine Last aufbürdete; ein rascher Blick, irgendwas ging zwischen den beiden vor, dann ließ sie die Kartons in seine Hände fallen – er sackte unter ihrem plötzlichen Gewicht zusammen – und kehrte wieder in den Bus zurück, um meinen Stapel zu holen.
CHARLOTTE BLESS ’ langfristiges Ziel war es, die Ehefrau von Hillary Van Wetter zu werden. So stellte sie sich jedenfalls das Ergebnis ihrer Bemühungen vor. Sie gab dies auch unumwunden zu, während sie sich gegen die Geschenkkartons mit dem Etikett des Kaufhauses »Maison Blanche« lehnte, die sich hüfthoch an den Wänden auf der Bürohälfte meines Bruders auftürmten. Jeder dieser Kartons war mit Klebeband verschlossen und etwa zur Hälfte mit mehreren Kilo
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