Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
Vom Netzwerk:
aufgehalten, und im selben Moment merkte ich, dass sich etwas verändert hatte.
    »Mr. James?« fragte der Mann in Orlando.
    »Ich bin das jetzt vier Mal mit Ihnen durchgegangen und zuvor drei oder vier Mal mit zwei anderen Leuten, und nichts ist dabei rausgekommen«, sagte ich. »Ich habe den verdammten Wagen nicht umgedreht.« Und dann legte ich auf.
    Yardley erkannte sein Hemd, wie, weiß ich nicht. Es war ein schlichtes weißes Hemd mit langen Ärmeln, das ich in seiner Schublade gefunden hatte. Ich hatte es ihn nie tragen sehen.
    »Was macht der hier in meinem Hemd?« fragte er Ward.
    »Wir hatten letzten Abend Ärger mit dem Auto«, sagte mein Bruder. »Er musste über Nacht bleiben.«
    Yardley Acheman nickte, als hätte er verstanden. »Und was macht er in meinem Hemd?« fragte er.
    »Er war letzte Nacht nicht zu Hause«, sagte Ward.
    »Passen ihm deine Hemden nicht?«
    »Wir geben es in die Reinigung«, sagte mein Bruder. »Wir kommen dafür auf.« Obwohl Yardley die
Times
gerne für seine Unkosten bezahlen ließ, schüttelte er den Kopf.
    »Ich will das verdammte Ding nicht mehr.«
    Ward und ich schauten uns an, sahen dann zu Charlotte hinüber und hofften, dass sie Yardley zurechtweisen würde, aber sie stand bloß stumm da und hörte zu, als ob diese Diskussion um ein Hemd für sie einen Sinn ergäbe.
    »Ich hasse es, wenn andere Leute meine Sachen tragen«, sagte er. Dann wandte er sich wieder an Ward und sagte: »Und ich hasse es, wenn andere Leute an meinem Schreibtisch sitzen.«
    »Er besorgt uns ein neues Auto«, sagte Ward.
    »Er sitzt da in meinem Hemd, an meinem Telefon …«
    Er war wütend, aber das kannte ich schon. Dann fiel mir auf, wie Charlotte ihn anschaute.
    Ich stand auf und zog das Hemd aus, ohne es aufzuknöpfen, rollte es zusammen und warf es ihm an den Kopf. Es landete in seinen Händen. Er dachte offenbar an unseren Ringkampf und trat einen Schritt zurück. Dann schleuderte ich meine immer noch schlammverkrusteten Schuhe weg, zog seine Hose aus und warf sie ihm ebenfalls zu. In Boxershorts und Socken stand ich da und wartete darauf, dass er einen einzigen Ton sagte.
    Er nickte langsam, als hätte er ein derartiges Benehmen schon immer von mir erwartet, und ich merkte, dass ich mich verausgabt hatte, zumindest hatte ich nichts mehr auszuziehen, als Charlotte das Wort ergriff.
    »Yardley hat den Golfplatz gefunden«, sagte sie.
    In diesem Moment war klar, dass ich mir das Hemd völlig umsonst vom Leib gerissen hatte. Yardley wandte sich an meinen Bruder, nickte bestätigend und ließ Hemd und Hose zu Boden fallen, als wollte er sagen:
Und ihr behandelt mich so!
    »Wo?« fragte Ward.
    Ich ging in Unterhosen um den Tisch herum, streifte Charlotte und setzte mich ans Fenster. Ein Lufthauch, den ich zuvor nicht bemerkt hatte, strich über meine Haut. Charlotte sah mir einen Augenblick nach und drehte sich dann gelangweilt um.
    »Ormond Beach«, sagte Yardley Acheman, zog einen Notizblock aus der Hosentasche und las vor, was er aufgeschrieben hatte. »20. August 1965, 6.35 Uhr, der Platzwart ruft das Polizeirevier von Ormond Beach an und meldet, dass die Greens mutwillig zerstört wurden. Jemand hat in der Nacht die Grassode abgetragen.«
    »Woher hast du das?« fragte mein Bruder.
    Yardley Acheman zuckte die Achseln, als besäße er eine intuitive Begabung, die er nicht näher erklären könne.
    »Er hat’s in der Zeitung gefunden«, sagte Charlotte, und einen Moment lang überlegte ich, ob die Veränderung in ihr nur daher rührte, dass Yardley Acheman eine Möglichkeit entdeckt hatte, Hillary Van Wetters Leben zu retten. Doch dann sah sie ihn wieder an, und ich wusste, dass ich mich getäuscht hatte.
    »Eine Kurzmeldung in einer alten Ausgabe des
Ormond Beach Satellite
«, sagte er.
    »Es stand in allen Zeitungen«, sagte sie. Charlotte wollte mit Yardley angeben, verstand aber nicht, dass seine Leistung vom Schwierigkeitsgrad der Informationsbeschaffung abhing. Ich verschränkte die Arme und lehnte mich an den Fensterrahmen.
    »Du hast mit dem Mann geredet?« fragte Ward.
    Yardley Acheman nickte. »Nicht mit dem Platzwart, der hat von den Unkrautvernichtungsmitteln Krebs gekriegt, aber mit einem anderen Typen. Der Mann erinnerte sich daran, weil die Klubmitglieder sich einstimmig dafür eingesetzt hatten, das Gelände von der Regierung zum Katastrophengebiet erklären zu lassen, damit sie den Rasen über Fördermittel ersetzen konnten, ohne in die eigene Tasche greifen zu müssen.

Weitere Kostenlose Bücher