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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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wurde mir klar, dass für ihn das Warten oder Geschnittenwerden etwas Angenehmes gehabt hatte.
    »Gehen wir wieder hin?« fragte ich.
    Er sah aus dem Fenster, als er antwortete: »Natürlich.«
    AM NÄCHSTEN TAG standen wir von morgens bis abends im Büro des Sheriffs, ebenso am übernächsten Tag. Die Frau am Tisch sprach kein Wort mit uns, sie sagte höchstens, dass wir aus dem Weg gehen sollten, wenn andere Besucher zur Tür hereinkamen.
    »Bitte treten Sie zur Seite und behindern Sie nicht die Beamten in Ausübung ihrer Dienstpflicht«, sagte sie dann. Eine Formulierung, die ihr wahrscheinlich ein Anwalt nahegelegt hatte. Die Grundlage für unsere Verhaftung, falls wir ihr nicht aus dem Weg gehen sollten.
    Doch mein Bruder und ich, wir gingen höflich zur Seite und hörten geduldig zu, wie Geschichten von streunenden Hunden, toten Hühnern und Kindern, die nicht auf den Hof des Nachbarn gehörten, auf ihrem Schreibtisch ausgebreitet wurden.
    »Wollen Sie Anzeige erstatten?« fuhr sie den Leuten dann ins Wort, und die Frage schien ihnen Angst einzujagen.
    »Wir wollen niemanden in Schwierigkeiten bringen ...«
    »Das Büro des Sheriffs kann so lange nichts unternehmen, wie Sie keine Anzeige erstattet haben.«
    Daraufhin verabschiedeten sich die meisten Besucher wieder und nickten meinem Bruder und mir beim Hinausgehen höflich zu, da sie uns vermutlich für eine andere Sorte Mensch hielten, eine Sorte, die keine Angst vor dem Gesetz hatte.
    Trotzdem kam kein Deputy, dessen Name auf der Liste meines Bruders stand, aus dem Hinterzimmer, um mit uns zu reden, nicht einmal, um uns zu sagen, dass er nicht mit uns reden wollte. Mein Bruder ließ sich nicht entmutigen. Wenn wir lange genug durchhielten, würden sich die Dinge von allein regeln.
    SPÄT AM NACHMITTAG gingen wir in unser Büro und überraschten Yardley Acheman dabei, wie er auf dem gepolsterten Sessel an der Wand saß, während es sich Charlotte vor ihm auf dem Tisch bequem gemacht hatte. Von dort aus konnte er ihr unter den Rock sehen.
    Sie tranken beide Bier, und als Yardley uns erblickte, prostete er uns zu.
    Charlotte lächelte und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Irgendwas war in diesem Zimmer vor sich gegangen, ehe sie gehört hatten, wie wir die Treppe heraufkamen, und ich spürte, dass ich wie üblich rot wurde. »Der Typ, der den Rasen gekauft hat«, sagte er. »Ich habe ihn gefunden.«
    Ohne sie anzuschauen ging er an ihr vorbei, als wäre sie eine Bettlerin auf der Straße, die ihn um etwas Kleingeld bat, und sie verstand, dass er sie ausgemustert hatte.
    Er zückte seinen Reporterblock, schlug ihn auf der ersten Seite auf und las seine Notizen vor.
    »Er konnte sich an die beiden erinnern«, sagte er. »Sie kamen um sechs Uhr morgens mit einem Lieferwagen. Er sagte, er hätte sich die beiden und ihre Ware angesehen und vermutet, dass sie den Rasen von einem Friedhof gestohlen hatten.«
    Ward nickte bedächtig. »Hast du ihm die Bilder gezeigt?«
    »Nur von Hillary. Erst als er das Foto gesehen hat, ist ihm eingefallen, dass er damals glaubte, sie hätten den Rasen von einem Friedhof.«
    »Und er hat ihn trotzdem gekauft ...«
    Charlotte stand vom Tisch auf und ging zum Fenster. Sie verschränkte die Arme unter ihren Brüsten, als ob ihr kalt wäre, und starrte nach draußen.
    »Er will auf keinen Fall mit dieser Sache in Verbindung gebracht werden«, sagte Yardley Acheman. »Er will auch mit keinem anderen darüber reden.« Er sah rasch zu Charlotte hinüber, die immer noch aus dem Fenster blickte, und wandte sich dann wieder meinem Bruder zu. »Das kann man ihm ja wohl nicht zum Vorwurf machen«, sagte er.
    »Wer ist es?« fragte Ward.
    Yardley kratzte sich die Brust. »Das ist das Knifflige daran«, sagte er. »Der Typ hat nur unter der Bedingung mit mir geredet, dass ich ihm absolute Anonymität garantiere.«
    Ward nickte. »Wie heißt er?« fragte er.
    »
Absolute
Anonymität«, sagte Yardley. »Ich musste ihm mein Wort geben. Er bekommt gelegentlich Aufträge von der Regierung.«
    »Aber wie heißt er?«
    Yardley Acheman schüttelte den Kopf. »Du hörst mir nicht zu«, sagte er. »Um ihn zum Reden zu bringen, musste ich ihm ein Versprechen geben, und das kann ich nicht einfach brechen. Da geht’s ums Prinzip.«
    Ward schaute ihn lange an. Ich weiß nicht, ob er ihm glaubte oder nicht.
    »Es gab keine andere Möglichkeit«, sagte Yardley. »Ich kann dir nur sagen, dass es ihn gibt und dass er den Mann auf dem Foto wiedererkannt

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