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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Prozess.
    »Na ja, ich schätze, das hat er sich gewünscht«, sagte ich.
    Er starrte wieder auf die Mitschrift, dann fuhr er sich mit einem Finger unter die Augenklappe und kratzte sich. Einen Moment später legte er den Ordner in seinen Aktenschrank und fand seine gute Laune wieder. Er fragte mich nach World Wars neuer Freundin.
    Ich sagte ihm, dass es nicht leichtfallen würde, sie »Mom« zu nennen.
    EIN PAAR TAGE SPÄTER kam ein Brief von Charlotte. Er war an meinen Bruder adressiert, aber an uns beide geschrieben. Yardley Acheman bekam einen eigenen Brief, der für die Dauer seiner Abwesenheit mit der übrigen Post ungeöffnet auf seinem Tisch liegen blieb. Der Brief an Ward und mich klang seltsam distanziert. Sie bedankte sich für unsere Hilfe bei der Rettung Hillarys und schrieb, dass sie immer noch daran denke, ihn zu heiraten, sich aber noch nicht für einen Termin entschieden habe. Unsere Namen ständen auf der Gästeliste. Eine standesamtliche Trauung sei bei den Van Wetters zwar Tradition, schrieb sie, aber sie wolle eine Feier mit einem Baptistenpriester. Unterschrieben hatte sie mit »Herzlichst, Charlotte«.
    Mein Bruder zeigte mir den Brief beim Mittagessen in einem Café einige Straßen vom Verlagshaus entfernt. Es gab ein Restaurant, das näher lag und in dem die meisten jungen Reporter aßen, aber mein Bruder zog es vor, ihnen aus dem Weg zu gehen.
    Zu viele von ihnen waren heutzutage »Journalisten«, überzeugt von der Wichtigkeit ihres Standes und eher darauf aus, den Lesern zu erklären, was sie mit ihrer Story sagen wollten, anstatt es einfach nur zu sagen.
    Damit er in den Umschlag passte, war der Brief in der Mitte gefaltet, dann umgedreht und noch zweimal andersherum gefaltet worden. Er war in sorgfältigen Schnörkeln auf liniertem Papier geschrieben, der Rand sauber, kein Wort falsch, auf seine Art eben ein höflicher Brief.
    »Wie einer von den Dankesbriefen, die Mutter uns nach Weihnachten immer an Tante Dorothy schreiben ließ«, sagte ich.
    Er nickte, dachte aber anders darüber. »Sie versucht, die Sache zum Abschluss zu bringen«, sagte er schließlich.
    »Was für eine Sache?«
    »Wir sind eine offene Rechnung«, sagte er, und dann nahm er den Umschlag, in dem der Brief gesteckt hatte, und schaute sich den Poststempel an: Lately.
    »Sie hat, was sie wollte«, sagte er, und die Worte trafen mich wie Messerstiche. Ein Glas Milch hatte während des Essens unberührt vor Ward gestanden – man hatte uns beigebracht, unser Essen nicht herunterzuspülen –, doch nun griff er danach und trank es aus. Als er das Glas hob, fiel mir die Narbe unter seiner Lippe wieder auf.
    »Es macht ihr Sorgen«, sagte er.
    »Was?«
    Eine Zeit lang sagte er kein Wort, doch dann fragte er: »Glück gehabt heute Morgen?«
    Ich war zum Personalbüro der
Times
gegangen und hatte mich auf eine Stelle in der Nachrichtenredaktion beworben. Unter »Referenzen« hatte ich den Namen meines Bruders und auf Wards Ermunterung hin auch den von Yardley Acheman angegeben. »Ich soll einen Test machen«, sagte ich.
    Er nickte, dachte aber noch an Charlotte.
    »Ich frage mich nur«, sagte er schließlich, »warum sie Yardley einen eigenen Brief geschrieben hat.«
    »Er hat schließlich mit ihr gevögelt«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf, da er sich mit dem Thema nicht näher befassen wollte.
    Ich hakte nicht weiter nach. Als ich zum ersten Mal vom Vögeln hörte, in der zweiten Klasse etwa, und zwar von vielen verschiedenen Seiten, da wusste ich, dass es irgendwas damit auf sich haben musste, und eines Nachmittags ging ich nach Hause und hatte das deutliche Gefühl, es stünde besser und einfacher um die Welt, wenn nichts davon wahr wäre.
    Ich glaube, mein Bruder hat diese Einstellung sein Leben lang beibehalten.
    »Viele Menschen schlafen miteinander«, sagte er. »Ich denke nicht, dass es ihr viel bedeutet hat.« Wir schauten uns über die leeren Teller hinweg an. »Es muss etwas anderes sein.«
    »Dann mach Yardleys Brief auf«, sagte ich. Er lächelte mich an. Wir wussten beide, dass er so etwas niemals tun würde. Die Kellnerin kam, und Ward gab ihr einen Fünfdollarschein.
    »Wie steht’s bei dir mit Geld?« fragte er.
    »Ich hab noch.«
    »Sag mir, was du brauchst.«
    »Danke«, antwortete ich, »ich hab genug.«
    Es war uns peinlich, wir waren es nicht gewohnt, füreinander zu sorgen. »Also ist die Freundin ins Haus gezogen«, sagte er schließlich.
    »Das Medizinschränkchen steht voller Make-up«, sagte

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