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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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bekommt man, wenn man ein Känguruh mit einem Schaf kreuzt? Einen Wolljumper. Weiß doch jeder. Was bekommt man, wenn man einen Mann aus Manchester mit einem Delphin kreuzt? Eine Klage an den Hals. Vielleicht haben Sie den Artikel im gestrigen ›Telegraph‹ überlesen, in dem enthüllt wurde, daß ein Mann aus Manchester (38) angeklagt worden ist, weil er angeblich auf unanständige, obszöne und ekelhafte Weise mit einem Delphin verkehrt habe, dessen Name, Geschlecht und Alter der Öffentlichkeit vorenthalten wurden, um dem Tier und seiner Familie nicht noch mehr Ungemach zu bereiten. Unanständiger Verkehr, denken Sie jetzt vielleicht, wäre schon schlimm genug; unanständiger und obszöner Verkehr läßt einen an der Menschheit zweifeln; bei einem unanständigen, obszönen
und
ekelhaften Verkehr fängt man wirklich an, sich zu fragen, wohin es mit der Welt gekommen ist. Nur energische und unerbittliche Sozialarbeiter, muß man annehmen, können den Delphin jetzt noch vor einem nachhaltigen Trauma bewahren, Verhaltensauffälligkeiten vorbeugen und verhindern, daß er – in jenem Teufelskreis, der bei sexuellem Fehlverhalten so oft anzutreffen ist – selbst zum Sittenstrolch wird und an der Kette von Erniedrigungen bis ins zehnte Glied weiterschmiedet.
    Ich weiß natürlich nicht, wie es um den bestimmten, hier verhandelten Fall bestellt ist, aber eventuell läßt sich argumentieren, daß solches Verhalten auf gegenseitigem Einverständnis beruht. Delphine sind schließlich hochintelligente Lebewesen mit eigener Sprache und Etikette – sie haben sogar Schulen, die wahrscheinlich besser organisiert sind als unsere. Vielleicht ist ihnen also nichts lieber als eine gelegentliche Vereinigung von Spezies zu Spezies. Man muß gar kein abgedrehter französischer Strukturalistoder formalistischer Anthropologe sein, um in ungezählten Mythen und Fabeln erotische Elemente aufzuspüren, die sich um Menschen und Delphine ranken, von Arion bis hin zu
Flipper
.
    Ich bin zuversichtlich, daß man die Einzelheiten dieses Falles noch zutage fördern wird, aber im Moment beschäftigt mich viel mehr, welcher Vorbereitung es bedurft haben muß, um sich mit dieser Kreatur zu tummeln oder meinetwegen zu tümmlern. Nach meiner Erfahrung kann man selbst in Manchesters Straßen nicht so ohne weiteres herumstreunen und erwarten, über willige Delphine zu stolpern. Da bedarf es sorgfältiger Planung. Brecheisen, Drahtschere, Badehose und Unterwasserlampen müssen zur Minimalausrüstung gehören. Für den romantischeren Sexabenteurer wären ein Strauß Plankton und eine Schachtel Heringe bestimmt ein
sine qua non
.
    Wenn man auf dem üblichen Wege der Kontaktanbahnung Name und Adresse eines geeigneten Delphins herausbekommen hat, ist das Risiko groß, daß er sich in Gefangenschaft befindet und also schon auf das unwürdige Dasein reduziert worden ist, alle möglichen sinnlosen und erniedrigenden Tricks aufzuführen, mit der bloßen Aussicht auf glitschigen alten Dorsch und eine getätschelte Nase, was bereits eine Art Prostitution darstellt, die immer mehr Leute für genauso unanständig, obszön und ekelhaft halten wie ein privates leidenschaftliches Stelldichein im Mondschein am Pool.
    Ich will wirklich nicht Motive der reinsten Liebe in etwas hineinlesen, was im Grunde eine schmutzige und verkorkste Affaire gewesen sein mag. Wenn Tiere Menschen unschicklich gegenübertreten, wie das bei Hengsten und Stieren oft genug der Fall ist, drücken Richter oft ein Auge zu, ihre Wollust wird entschuldigt, unsere nicht. Vielleicht ist das nur gerecht.
    Rein juristisch, glaube ich, kann niemand dafür verurteilt werden, etwas verübt oder versucht zu haben, was zu verüben unmöglich ist. Vor einigen Jahren wurde ein Mann, der sich einer Ente unsittlich genähert haben sollte, mit der Begründung freigesprochen, so etwas sei rein körperlich unmöglich, wobei ich nicht weiß, ob die ganze Spezies der Enten für so verwahrloste und so sündige Kreaturen gehalten wird oder weil ihre physischen Dimensionen einfach nicht ausreichen. Jedenfalls war es ein aufsehenerregender Präzedenzfall.
    Wie stets versagen wir, wenn es darum geht, unser kulturelles Erbe in Betracht zu ziehen. Dankbar nehmen wir von den alten Griechen all die Prinzipien der Logik, Mathematik, Demokratie, Architektur und der gleichseitigen Dreiecke an und glauben, mit dem Erbe von Blutrache, Inzest und Barbarei würden wir schon fertig. Das liegt in unserer Natur. Zeus praktizierte

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