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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Babyproduktion in Verbindung brachte. Es vergeht ja auch allerhand Zeit zwischen Ursache und Wirkung. Es gibt keinen offensichtlichen Grund zu der Annahme, eine Penetration in diesem Sommer führe zu einem Baby im nächsten Frühjahr. Ergo
mußten
wir in grauer Vorzeit permanent blind drauflosknüppeln, und Mutter Natur war so gnädig, es wenigstens sporadisch genießbar zu machen. Diesen Pimperinstinkt haben wir genauso ererbt wie andere einst überlebenswichtige Instinkte: die von Kampf und Streit und Erschrecken und Erobern. Aber diesen kümmerlichen Trieben gebührt kein Platz in einem rationalen, intelligenten Gemeinwesen, das über sein Schicksal selbst entscheiden kann.
    Ich gebe zu, daß es heilsam ist, sich unserer Ursprünge und der Dialektik unserer Natur zu erinnern und sie zu respektieren, aber wir können doch immer noch essen undschlafen und defäkieren – diese Triebe unterstehen weit weniger unserer Kontrolle und erinnern uns schmerzhaft genug an die Körperlichkeit und Niedrigkeit des Fleisches, das unsere großartig schöpferischen Geister beherbergt und einkerkert. Da haben wir die feuchten, verseuchten Genüsse des Schlafzimmers zu unserer Erniedrigung gar nicht nötig.
    Außerdem habe ich Angst, daß ich dabei nicht besonders gut bin.

›Arena‹
     
    Der folgende Text wurde für das Magazin ›Arena‹ geschrieben.
     
    Neun von zehn Lesern, die ihrem Urteil Worte verliehen haben, finden, daß Artikel in Modemagazinen für Männer, die mit den Worten »Zu meiner Zeit in Cambridge« beginnen, unlesbar und schauderhaft sind. Die Welt hat Sorgen genug, ohne daß man diese durch Erinnerungen an heiße, knackige Rudertage auf dem Cam noch vermehrt. Aber ich weiß, Sie werden mir vergeben, wenn ich es dennoch riskiere, denn was ich zu sagen habe, könnte sehr wohl die Fundamente des britischen Establishments zum Erbeben bringen, dem Generalstaatsanwalt nachhaltige Kopfschmerzen bereiten und grundlegend unsere Denkgewohnheiten verändern, soweit sie die Alltagskleidung von über Vierzigjährigen betreffen.
    Zu meiner Zeit in Cambridge bestand mein Ehrgeiz darin, und das fand ich völlig normal, auf die eine oder andere Weise von einem älteren, homosexuellen Don angesprochen und darum gebeten zu werden, für oder gegen mein Vaterland zu spionieren. Die einen Studenten wollten von poststrukturalistischen Dozenten »bemerkt« und eingeladen werden, einen Beitrag für ›Strategies of Difference‹ zu verfassen, die interne Vierteljahresschrift für Dekonstruktion und Semiologie an der englischen Fakultät, andere waren darauf erpicht, der Welt von ihrem innigen Verhältnis zu Gott zu künden. Wieder andere begeisterten sich für die Idee, etwas von jenem Sex mitzubekommen, von dem sie in der Schule soviel gehört hatten. Es gab solche, die bloß in Ruhe gelassen werden, sich entwickeln und zu menschlichen Wesen heranreifen wollten, solche, die sich mit Ruderbooten die Zeit vertrieben, und wieder andere,die Teddybären hinter sich herschleiften und sich gegenseitig »mein bester liebster alter Schatz« nannten, aber zum Glück fielen Letztgenannte gleich zu Beginn jedes Trimesters den Säuberungsaktionen kleiner Gruppen schnell beweglicher, mit amerikanischen Armeeflammenwerfern ausgerüsteter Sturmtruppen zum Opfer. Cambridge ist schließlich nicht Oxford. Ich jedoch, ich wollte bloß von einem talartragenden Buhlonkel, egal aus welchem Extrem des politischen Spektrums, rekrutiert werden. Mein Wunsch ward mir erfüllt: Mehr davon später.
    Wir wissen alle, daß das Spionieren eine krankhafte Leidenschaft der Engländer ist. Hochrechnungen ergeben, daß über dieses Thema von Journalisten des ›Spectator‹ mehr ironische Bemerkungen, mehr zynische Betrachtungen und mehr nüchterne Lageeinschätzungen zu lesen waren als selbst über das amüsante Thema der zunehmenden Zahl linker Geistlicher. Irgend etwas tief in der englischen Mentalität Verwurzeltes erzeugt in uns den alles andere übertönenden Wunsch, ein Doppelleben zu führen. Vielleicht sind wir analfixiert, vielleicht auch nicht. Vielleicht bringt unsere weltweite Führungsposition in Sachen Ironie den Fimmel nach Täuschung und Tücke hervor, vielleicht auch unser hochentwickelter Weltekel. Wenn ein Franzose von einem Regierungsmitglied angesprochen und darum gebeten wird, im Urlaub ein kleines Paket für eine kleine Geldsumme und den ewigen Dank der Republik an einer bestimmten Adresse auszuhändigen, so wird er dem fraglichen Funktionär

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