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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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, ist es in Nilgrün erhältlich und kann ich es per Nachnahme kriegen? Denn wenn ich in diesem Tempo weitermache, werden meine Freunde in zehn Jahren – die, die ich dann habe – sich an den Anblick gewöhnen müssen, wie ich im Matrosenanzug auf einem Dreirad die Straße hinabeiere.
    Aber im Moment kann man immerhin sagen, daß ich gut rieche.

Sie und Ihr Toffee
     
    Neulich habe ich mir
You and Yours
angehört, Radio 4’s Antwort auf eine Frage, die noch niemand gestellt hat. Ich bin sicher, daß Verbrauchersendungen, und in diese Kategorie fällt das stolze
You and Yours
und verstaucht sich den Knöchel, einen ordentlichen Service bieten, und ich zweifle auch nicht daran, daß es genug Haie, Cowboys und Piraten auf der Welt gibt, um jedes Genre des Hollywoodfilms zufriedenzustellen, aber trotzdem: Sobald ich meine Ohren für diese außergewöhnlichen fünfundzwanzig Minuten unausgegorenen Breis spitze, fällt es mir von Mal zu Mal schwerer, einen Aufschrei zu unterdrücken.
    Die Folge, der ich mich lauschen sah, hatte einen Skandal aufgedeckt, der sich um eine neue Art Toffee drehte, genauer, einen Appetitzügler, aber dennoch nicht mehr und nicht weniger als ein ganz normales Toffee. Anscheinend hatten ein oder zwei »von unseren Testern«, als sie dieses Toffee probierten – und ich empfehle Ihnen, sich hinzusetzen, bevor ich fortfahre; was ich Ihnen zu enthüllen habe, ist ein Nachtmahr aus kommerziellem Zynismus und verbrecherischer Fahrlässigkeit, wie Sie es sich nicht vorstellen können, es wird Sie bis ins Mark erschüttern –, diese Tester also hatten festgestellt, daß das Toffee permanentAN DEN ZÄHNEN KLEBENBLIEB UND WIRKLICH SCHWER ZU KAUEN WAR Ungelogen. Im einen Fall zog es sogar eine Plombe. Ist das noch zu fassen?
    Ich fand es monströs, daß man für diese faszinierende Geschichte von Schandtaten und Ausbeutung auf internationaler Ebene nur magere zehn Minuten Sendezeit zur Verfügung stellte. Ich mußte mehr erfahren. Waren womöglich keine deutlichen
Hinweise
auf die Seite jedes Toffees gedruckt worden, die erklärten, übermäßiges Malmen könne unerwünschte Adhäsion an der Außenfläche der Backenzähne zur Folge haben? Haben die Toffees vielleicht scharfe Kanten, an denen Baby sich stoßen, eine üble Quetschung erleiden, einen kindlichen Wutanfall bekommen und das Haus in Brand stecken könnte? Was ist mit der Verpackung? Mir schwant, Baby könnte sie zu einer einfachen Schlinge zusammenknüpfen, über einen Balken werfen und sich erdrosseln. Und daran weint sich dann wieder jemand die Augen aus und bekommt unschöne Entzündungen. Haben die Toffees eine sichere, abwaschbare Oberfläche, falls Baby in der Umgebung von Hundekot damit spielen will? Und was wirklich übel wäre: Ist es möglich, daß sie zwar im Einzelhandel 36 Erdenpence kosten, in der Herstellung aber bloß 35 und der Produzent wirklich und wahrhaftig daran verdient? Das mindeste, finde ich, ist doch, daß wir alle restlose und öffentliche Aufklärung verlangen. Auch eine gesetzliche Regelung ist wahrlich an der Zeit.
    Im Ernst, was ist hier eigentlich los? Sind wir inzwischen eine Nation so verschnarchter, hilfloser Blödiane, daß man uns vor einem verdammten Toffee warnen muß? Ich hab’ diesen rötlichen Lutschkram probiert: schmeckt ganz gut, hemmt einigermaßen den Appetit und kommt in handlicher Packungsgröße daher. Und sonst ist das Ding im Grunde,
mutatis mutandis
, ein Toffee. Vielleicht wenigerKalorien, aber trotzdem ein ehrlicher Bonschen unter der Sonne. Ich habe weichere gegessen und mir an zäheren die Beißerchen ruiniert. Bedarf es wirklich eines Journalisten, der uns im Ton unterdrückter Erregung und wütender Korrektheit zu verstehen gibt, das Ding sei irgendwie eine Kreuzung zwischen Contergan und einem gezückten Buschmesser? Das möchte ich doch bezweifeln dürfen.
    Da wurde eine Kategorie Rundfunkjournalismus erfunden, die sich Verbraucherschutz nennt. Die haben wichtige Arbeit geleistet. Wenn die Welt von Teddybären überflutet wird, deren Augen mit rostigen Nägeln befestigt sind, so sollten wir das erfahren, glaube ich. In den Sechzigern erwiesen uns Braden, Rantzen und andere einen unschätzbaren Dienst. Ministerien wurden eingerichtet, Qualitätsstandards festgelegt, Bewußtseine erweitert. Tragisch ist, daß das alles wunderbares Fernsehen und prima Radio abgab. Denn so verrucht die Menschheit auch sein mag, auf all ihre subtilen und entsetzlichen Weisen, ihre

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