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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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für ihr armseliges
Leistungsvermögen viel zu laut aufgedreht waren. Es spielte irgendeine
FM4-Soundselection und gleich darauf war die Bedienung an meinem Tisch.
    In der Wunderbar sieden sie fabelhaften Kaffee, etwas Heißes war
jetzt genau richtig. Außerdem haben sie im Eisfach des Kühlschranks immer eine
Flasche Stolychnaya Kristall, auf der die Eisblumen wachsen wie im Garten der
Schneekönigin, die schwarzes Haar und mitternachtsblaue Augen hat. Und Hände,
um Champagnerflöten zu halten. Außerdem ist der eiskalte Wodka ölig, zieht
Schlieren auf dem Glas wie ein guter Cognac und schmeckt nach klarem, reinem
Quellwasser.
    Ich bestellte einen großen Mokka und einen
Wodka. Bis Reichi schließlich eintraf, war ich bei der zweiten Runde angelangt
und spürte keinen Schmerz mehr. Alles war warm und wohlig, die Kälte war aus
meinen Knochen verschwunden und ich schnurrte wie ein schwarzer Kater unter
einem Kachelofen.
    »Servus«, grüßte Reichi. Ich hob meine Hand und er setzte sich zu
mir. »Also, das ist schon was!«
    »Hast du den Computer geknackt?«
    »Sicher, ist ganz leicht.«
    »Könnte ich das auch?«
    »Übersetz du lieber Aischylos, das liegt dir mehr.«
    Inzwischen kam die Bedienung und Reichi bestellte ein großes
Kozel.
    »Sag mal, was trinkst du da?«
    »Mokka und Wodka.«
    »Anlasstrinken?«
    »Na ja.«
    Ich erzählte ihm die Geschichte mit meiner Chauffeuse. Reichi
zerkugelte sich.
    »Wir hätten uns auch in zwei Stunden treffen können, oder
überhaupt erst Morgen früh! War doch kein Grund, so unfreundlich zu sein.«
    »Ich wollte unbedingt wissen, was du erreicht hast mit dem
AirBook.«
    »Es ist gestohlen.« Reichi nahm triumphierend einen Schluck aus
seinem Glas.
    »Ich hab dir schon gesagt, ich hab’s mir
geborgt, das geht schon in Ordnung, der Besitzer braucht es momentan nicht.«
    »Ach was, das mein ich ja gar nicht.«
    »Was dann?«
    »Jeder Apple hat eine ID-Nummer, die kann man nachschlagen. Jedes
Gerät ist individuell registriert und kann nachverfolgt werden. Deines ist
gestohlen. Und rat mal, was das Besondere daran ist!«
    »Ich hab keine Ahnung.«
    Reichi schnaufte verächtlich. »Das AirBook, das ich hier habe«, er
klopfte auf seine Laptoptasche, »ist gar nie in den Handel gelangt. Ich weiß
nicht, woher du es hast, aber derjenige hat es auf keinen Fall regulär
bezahlt.«
    »Gibt es sowas öfter?«
    »Na schau her. In China wird viel gefaked, nimm nur meine
North-Face-Jacke zum Beispiel, du weißt vielleicht noch, der Silkmarket in
Peking?«
    Ein fünfstöckiges Gebäude, vollgeräumt bis obenhin mit
Fälschungen. Fälschungen, die in bester Qualität von den Originalen nicht zu unterscheiden
sind. Wahrscheinlich sogar aus den gleichen Maschinen kommen wie die Originale,
nur eben schwarz produziert werden, ohne Lizenzgebühren an den Namenshalter
abzuführen. Verkauft werden sie anschließend zu einem Zwanzigstel des regulären
Preises.
    »Das gibt es auch mit Computern. Üblicherweise kauft irgendwer ab
und zu einen neuen Apple und kommt nie dahinter, dass er ein Fake gekauft hat.
Aber ein Bekannter von mir, der auf Okto eine Computersache laufen hat, der hat
so einen Laptop gekauft, und dann herausgefunden, dass er nur ein Fake war.
Deiner hier ist ein Original, aber niemals in den Handel gekommen! Irgendwo
müssen ja die Originale bleiben. Warst du schon im Türkenshop mit dem iPhone?«
    »Noch nicht.«
    »Was tust du eigentlich den ganzen Tag? Würd mich interessieren,
ob das ein Original oder auch eine Fälschung ist.«
    »Ist auf dem AirBook was drauf?«
    »Nein, nur ein paar Textdateien und Tabellen. Ich glaube, der
Besitzer interessiert sich für Wahrscheinlichkeitsrechnungen.«
    »Ja, das kann hinkommen. Sonst nichts? Irgendwo was Verstecktes?«
    »Nein, das AirBook ist nagelneu, da sind nur die Grundinstallationen
drauf und noch fünf Dateien. Sonst nichts. Nicht mal Pornos.«
    »Schade. Bist du sicher?«
    »Ja, aber du kannst ja selber nachschauen.«
    Reichi drehte sein Bierglas in der Hand und starrte in die
gerstengoldene Flüssigkeit. »Was hast du eigentlich mit dem Gerät vor? Du hast
ja keinen Apple, also kannst du das AirBook gar nicht nützen.«
    »Werd’s vermutlich irgendwo rumliegen lassen.«
    »Ich hätt ein bisschen Geld dabei. So 900 Euro. Vielleicht liegt’s
ja lieber bei mir rum. Bis sich sein Besitzer wieder meldet.«
    Ich runzelte die Stirn. Plötzlich hatte ich wieder Slupetzky vor
Augen, wie er mit

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