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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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verwaltet haben. Waren auch anfangs bei dem
Prozess in Deutschland dabei. Als sie aber recht schnell gesehen haben, dass es
dort nichts zu gewinnen gibt, sind sie ausgestiegen. Seither an allen Kuchen
von Konsum bis Bawag mitgenascht.«
    »Auch bei der Osterweiterung?«
    »Ja, Billa, Bank Austria, auch OMV. Aber sie vertreten nur direkt,
wenn sie sicher sind zu gewinnen, ansonsten machen sie immer nur
Strategieberatung im Hintergrund. Meyerhöffer kann nicht verlieren, er ist
schließlich ein Winner.« Als sie auf Meyerhöffer zu sprechen kam, wechselte ihr
Tonfall von sachlich ruhig zu persönlich verletzend. Mit dem letzten Halbsatz
brachte sie ihre ganze Verachtung vollendet zum Ausdruck.
    Mittlerweile war unser Hauptgang gekommen.
Für Laura gab es ein weißes Fischfilet auf einer Sahne-Goldhirse-Unterlage in
einer mediterran duftenden Weißweinsauce. Ich hatte mir Filetspitzen Stroganoff
bestellt. Mit einem Spritzer Rémy Martin in der Sauce und wunderbar
saftig-bissigen Nockerln dazu.
    Nach ein paar Bissen meinte ich: »Sind Sie immer noch der Meinung,
allein besser gegessen zu haben?«
    »In besserer Gesellschaft gegessen, das sicher. Aber das Essen
selbst ist wirklich ausgezeichnet.« Ihre Augen lächelten mich an.
    »Ich für meinen Teil habe noch nie in so guter Gesellschaft
gespeist. Danke, dass ich Sie einladen durfte.« Ich hob mein Glas, worauf sie
sich elegant den Mund putzte und es mir gleichtat. »Mein Name ist übrigens
Linder. Arno, wenn Sie wollen.«
    »Ah, Herr Dr. Geheimnisvoll gibt seinen Namen
preis, ich bin überrascht. Wie ich heiße, wissen Sie sicher längst. Sie dürfen
mich Laura nennen.«
    Das Geräusch der Riedelgläser harmonierte mit
dem ›Laura‹, und während wir tranken, berührte sie mit den Fingerspitzen meine,
ganz sachte und zart. Während des Essens turtelten wir dezent. Als wir fertig
waren, einigten wir uns auf ein gemeinsames Dessert. Im Schimansky gibt es
Powidltascherln wie sonst nirgends in Wien. Goldene Butter, in der zimtduftende
Brösel schwimmen, bedeckt flaumigen Kartoffelteig, der, zu kleinen Dreiecken
geformt, Powidl enthält. Powidl ist das schwarze Gold Böhmens. Eine Art
Zwetschgenmarmelade, die bis zur Konsistenz und Farbe von Teer eingekocht wird.
Totgekocht, sagen manche. Doch das Aroma ist unübertroffen, eine leichte Säure
spielt mit dem Fruchtzucker und erzeugt ein Gefühl himmlischer Glückseligkeit.
Dazu trank ich einen Kaffee, Laura einen Schluck Wein.
    »Sag, Laura, könntest du für mich
herausfinden, ob der Meyerhöffer Kontakte nach Russland hat? So ein bisschen
was Ungehöriges.«
    »Ich dachte wirklich, dass du dich bei mir entschuldigen wolltest,
und das hättest du auch durchaus gut gemacht, aber du willst nur, dass ich für
dich herumschnüffle.«
    »Es ist wichtig, aber wenn du nicht willst, brauchst du es nicht
zu machen. Du würdest mir helfen.«
    »Was bist du nur für ein ungehobelter, selbstherrlicher
Kotzbrocken.«
    Ich schwieg beharrlich, mit der Rechten berührte ich ganz leicht
ihren Handrücken.
    »Na gut, dafür musst du mir aber sagen, um was es geht.« Ihre
Augen strahlten vor Neugier.
    »Ich weiß nicht, du bist Anwältin.«
    »Hast du wen umgebracht?«
    »Nein«, bei diesen Worten sie wirkte fast ein wenig enttäuscht,
»wenn ich jemanden umbringen will, mache ich das schon richtig.«
    »Na also, dann sind es eh nur Peanuts. Du kannst es mir ruhig
sagen.«
    »Jemand anderer hat wen umgebracht, und ich halte da wen raus.«
    »Wie kann man nur so blöd sein! Und jetzt steht dir das Wasser bis
zum Hals?«
    »Nein, aber die im Dunkeln sieht man nicht, und ich muss wissen,
was da hinter mir vor sich geht, damit es keine Überraschung gibt.«
    »Gefährlich?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Gefährlich?«, fragte sie ein zweites Mal, drängender diesmal und
mit mehr Biss.
    »Nicht sehr.«
    »Also spürst du das Messer im Nacken.« Das war einfach eine
Feststellung. Trocken und klar. Da gab es keine Widerworte mehr.
    »Aber die Powidltascherln sind legendär, da hab ich dir nicht zu
viel versprochen?«
    »Nein, die sind wirklich gut.« Sie legte ihre Hand in meine. Dann
ließ ich ein Taxi rufen, zahlte, und wir gingen.
    Laura wohnte in der Josefstadt, in der
Kupkagasse am Hamerlingpark. Wir hielten vor einem schönen Haus, ich stieg aus
und öffnete ihr die Autotür. Den Taxler hieß ich warten, er war Westafrikaner
und sprach kein Wort Deutsch, aber der gesunde Menschenverstand

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