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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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so heikel, würd ich ihnen auch nicht raten.«
    »Kann’s mir denken.«
    Ich setzte mich neben ihn und nahm einen Schluck vom Kaffee.
»Mike, wegen Slupetzky.«
    »Ja.« Er blickte konzentriert weiter auf sein kleines
Silberlöffelchen und das Briefchen, das er füllen wollte. Aus der Entfernung
hatte ich die kleinen LV-Zeichen gar nicht bemerkt, die auf der Glanzfolie für
die Briefchen aufgedruckt waren.
    »Wahnsinn, Louis-Vuitton-Kokstäschchen. Das ist ja der Renner.«
    »Yeahh«, Mike klang stolz, »ich weiß, was die kleinen Schneggerln
wulln.«
    »Zurück zu Slupetzky.«
    Wieder stierte Mike auf seine Utensilien.
    »Den hast du doch gekannt.«
    Mike legte die Briefchen zur Seite. Probierte von seinem Bier. »Wie
man Leute halt so kennt.«
    »Wie hast du den denn kennengelernt?«
    »Was geht dich das an?«
    »War vorher wer bei mir. Wär fast in die Hose gegangen. Hör zu,
ich muss das wissen.«
    »War ein paar Mal bei meinen Mädchen, hab ihm auch ein bisserl was
verkauft.«
    »Und du hast ihm die Wohnung besorgt.« Mike gehörte auf Umwegen
das Wohnhaus.
    »Ja.«
    »Weißt du, was der abgezogen hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Lüg mich nicht an.«
    Mike fing wieder an, sich um seine Louis Vuittons zu kümmern, so
ganz wollte ihm das aber nicht gelingen. Ich war unausgeschlafen, alles tat mir
weh und ich war sauer. Das war nicht der rechte Zeitpunkt, mir blöd zu kommen.
Mit der Linken ließ ich den Butterfly des Russen aufschnappen, mit der Rechten
packte ich Mike im Nacken. Wenn man auf den Schlachthöfen Rinderhälften
schleppt, hat man Kraft. Ich hielt ihm das Messer vor die Augen. »Mir ist bald
alles wurscht. Dann schneid ich dich in zuckende Fetzen.«
    »Hey, easy, Mann.« Mike hob beschwichtigend die Arme. »Hatte
irgendeine Computersache am Laufen. Ging wirklich gut. Hat massig Geld bei mir
verfickt.« Seinen Kopf hatte ich weit nach hinten gebogen. Das Messer saß an
seinem Hals, dort, wo die Haut weich ist und sich jeder fürchtet.
    »Von den Computern weiß ich. Sonst noch?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hast du seinen Partner gekannt?«
    »Nein.«
    »War da sonst noch wer, Kunsthändler oder dergleichen, irgendwie
Ex-YU?«
    »Nein, wirklich nicht, ich schwör’s dir.«
    »Mike, wenn du mich anlügst, bringt das nichts. Sag mir, was du
weißt, und vielleicht kann ich dich noch raushauen. Die wissen viel und es
dauert nicht mehr lange, und sie wissen alles.«
    »Leck mich, du Arsch, was hast du denen gesagt, dass du noch
lebst?«
    »Ich hab mein Blatt nicht überreizt, aber du. Sei vernünftig,
Mike, allein wirst du das nicht durchstehen.«
    »Du willst mich nur bei denen reinreiten, um dich selbst zu
retten. Fick dich.«
    Ich ließ langsam das Messer sinken und lockerte den Griff um
seinen Hals. Mike machte sich frei, rückte von mir weg und fuhr sich mit einer
Hand an die Kehle, mit der anderen griff er sich sein Bier und trank einen
Schluck. »Scheiße, ich dachte, du wolltest mich tranchieren.«
    »Wollt ich auch. Hast eh mehr Glück als Verstand.« Ich ließ den
Butterfly zuschnappen und legte ihn auf den Tisch. Dann stand ich auf und ging,
ohne noch ein Wort zu verlieren oder mich auch nur umzusehen.
     

II
    In
der Zieglergasse befindet sich ein asiatischer Supermarkt. In den Gängen findet
sich alles, was das Herz sich nur wünschen kann. Literflaschen
Kikkoman-Sojasauce, Instant-Nudelsuppen in allen Variationen, Sobanudeln und
Masalas in allen Schärfen und Geschmacksrichtungen. Tsingtao-Bier ist genauso
erhältlich wie Blue Oyster Sauce. Alles im schreienden asiatischen Design. Vor
allem aber haben sie M-140.
    Das kommt aus Thailand und ist die Tyrannosaurus-Rex-Variante von
Red Bull. Damit kann man die 110 Stunden von Chiang Mai nach Burma durch den
Dschungel fahren, ohne müde zu werden. Wenn es zu stark gekühlt wird, flocken
Taurin und Koffein aus.
    Abgefüllt wird es in 125-Milliliter-Fläschchen, die viereckig und braun
sind und leicht an die Laudanumflaschen des 19. Jahrhunderts erinnern. Das
Etikett ist in Gelb und Rot gehalten, und mit einem roten Stern und den
Schlagworten versehen: Heroism, Leadership & Devotion.
    Davon kaufte ich mir drei, trank zwei sofort und steckte mir eins
in die Jacke. 20 Sekunden später war ich wirklich wach und der Tag konnte
beginnen.
    Während ich auf die Uni fuhr, überlegte ich kurz, ob ich nicht
Koks-Berti und seine Trashqueen anrufen sollte. Ließ es aber bleiben, die
Russen wussten sicher bereits von ihnen

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