Papierkrieg
Boden. Ich bückte
mich, um sie einzusammeln. Es waren allerlei uninteressante Kleinigkeiten. Ein
Schminkset, Handy, Schlüsselbund, Geldtasche, Taschentücher. Ein schönes Flakon
fiel mir besonders auf. Es war geformt wie ein länglicher Tropfen, der wie ein
Stück warmes Wachs gedreht worden und erstarrt war. Ich öffnete es vorsichtig
und sofort hatte ich Lauras Duft in der Nase. In der dunklen Wohnung, in der
Stille der Nacht, entfaltete der Wohlgeruch eine ganz besondere Wirkung. Kurz
vergaß ich sogar die rasenden Kopfschmerzen.
Es blieb nur mehr Lauras Terminkalender übrig. Ihn hatte ich mir
bis zuletzt aufgehoben. Nun sollte ich ihn zurückstecken, aber das war nicht so
leicht. Der Teufel schläft nicht nur nie, er ist auch neugierig wie ein Wurf
junger Kätzchen. Also nahm ich den Time-Manager und ging ins Bad. Dort schloss
ich die Tür und schaltete das Licht ein.
Es waren die Termine und Telefonate dieses Jahres, sorgfältig
notiert, mit kurzen Bemerkungen. In verschiedenen Farben waren Merkzettel mit
kleinen Notizen eingeklebt. Geschrieben war alles mit gleichmäßiger, fließender
Hand in schwarzer Tinte und grauem Blei. Viel zu viel, um es hier und jetzt
durchzusehen. Aber wenn man sonst nichts hat, hat man Glück. So wie ich.
Lauras Terminplaner war ein Wertstück. Es war
ein dunkelbrauner, streichelweicher Rindleder-Piquadro. Das Innenfutter war aus
Stoff, hell und dunkelblau gestreift, mit den typischen beigen
Piquadro-Achtern. Den Ledereinband mit den Stahlringen verwendet man ein Leben
lang, nur die Einlageblätter werden gewechselt. So fanden sich in dessen
Innenseiten auch jede Menge Visitenkarten. Es waren zu viele, als dass ich sie
gleich hier hätte bewerten können, aber eine war dabei, die mir ins Auge stach.
Eine billige Karte von einem Visitenkartenautomaten. Raymond Aronofsky, Private
Ermittlungen, stand dort zu lesen. Die Karte war abgegriffen und die billige
Schrift leicht verblasst. Ich merkte mir die Adresse und Telefonnummer. Dann
schaltete ich das Licht aus, legte den Piquadro zurück in Lauras Tasche und
stieß mit dem Fuß dagegen. Die Tasche fiel um und alles lag wieder auf dem
Boden. Ich stieg über Lauras Siebensachen und ging zurück ins Bett. Kaum war
ich unter der Decke, als sich die Schöne an mich schmiegte, ihren Kopf auf
meine Brust legte und im Schlaf schnurrte wie ein Kätzchen.
Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, verließen wir nach
ein bisschen Liebe das Bett. Laura war im Bad und stand unter der Dusche, als
ich hereinkam. Mir tat noch immer alles weh, aber die Kopfschmerzen waren
deutlich besser als am Abend zuvor.
Sie steckte den Kopf aus der Dusche heraus. »Ich habe keine
Männerrasierer, du wirst wohl meinen nehmen müssen.«
»Rasier ich mich eben nicht.«
»Oh doch, du siehst ja aus wie ein Landstreicher. Außerdem küsst
sich’s rasiert besser.«
Also gehorchte ich und kramte die Utensilien heraus. Sie hatte
einen rosaroten Rasierer und der Schaum war stark parfümiert. Da half alles
nichts. Danach beutelte ich meine Sachen aus und strich sie glatt. Auch das
half nicht viel.
»Du siehst noch immer aus wie ein Landstreicher. Aber wenigstens
ohne Bart.«
»Hast du noch Zeit? Wir könnten im Landtmann frühstücken. Das
heißt, wenn sie mich dort reinlassen.«
»Ich bin so schön, mit mir kommst du überall rein.« In ihrem
freundlichen Lächeln zogen dunkle Wolken auf. »Übrigens, wenn du das nächste
Mal meine Handtasche umwirfst, räum sie einfach wieder ein. Ich bin nicht die
Putzfrau«, meinte sie ernst.
»Sorry, ich hab’s nicht wieder eingeräumt, weil ich nicht in deinen
Privatsachen herumstöbern wollte.« Ich spürte einen kleinen Stich im Herzen,
als sie mich zärtlich ansah und einen Herzschlag später küsste.
VII
Wahrscheinlich
liegt es in der Natur des Mannes, seiner Geliebten gegenüber ein wenig zu
protzen. Jedenfalls fuhren wir mit dem Taxi ins Landtmann. Von den 900 Euro war
noch genug übrig, sparen konnte ich später immer noch.
Wir hatten Eier mit Schinken, heißen Kaffee, und die Butter
schmolz golden auf dem knusprigen Toast. Nachdem ich gezahlt hatte, küssten wir
uns und ich ging über den Ring in die Uni. Nach ein paar Schritten drehte ich
mich um und sah Laura gerade noch, wie sie mit wiegenden Hüften vergnügt um die
Ecke verschwand.
Auf dem Institut war es still, alles war im Wochenende. In meinem
Büro war es trostlos, wie eh und je. Das Wetter
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