Papierkrieg
Geld?«
»Komisches Ding. Computerschmuggel.« Ich setzte alles auf eine
Karte und zog den dritten Hunderter heraus. »Was noch? Da ging’s um mehr.«
»Es warennichtnur Computerinden Schachteln.«
»Sligowitzky schickte auch eigene Sachen?«
»Ja.«
»War da noch wer dabei?«
»Ein großer, ich glaub, sein Leibwächter.«
»Was war in den Schachteln?«
»Hab nicht reingesehn, Totenkopf und Zuckerschnute warenzufrieden.
Musste nichtunbedingtalles riskieren.«
Ich zögerte einen Augenblick und überlegte, ob ich noch eine Frage
stellten sollte oder ob er alles gesagt hätte, da schenkte er sich die letzten
Tropfen Tee ein, schnappte sich die Scheine und holte die Kartenschachtel
wieder heraus. Dann glättete er die Noten und schob sie zu mir zurück.
»Binnnichtbestechlich. Aberder Sencha hat geholfen.«
Ich steckte die Scheine wieder ein.
»Der Tee ist fertig. Wiedersehn.« Er wies mit dem Kopf zur Tür.
Ich packte ein und ging. Als ich das Zimmer verließ, hörte ich ihn schlürfen.
In seinen Briefkasten steckte ich zwei der Hunderter, er hatte sie nötiger als
ich.
IX
Nun
hatte ich Meyerhöffer genug Zeit gegeben, sich umzuziehen und mit seiner Frau
zu seiner gesellschaftlichen Verpflichtung aufzubrechen. Ich ging die
Geologengasse hinunter zur Marxergasse, bog in die Löwengasse ein und wartete
vor dem Hundertwasserhaus auf den N-Wagen.
Obwohl das Wetter besser war als in den Tagen zuvor, lag Regen in
der Luft, der Himmel war grau und das Licht flach. Trotzdem war eine Horde
Touristen dabei, Hundertwassers Haus in Schnappschüssen zu dokumentieren.
Als ich in den N eingestiegen war und die
Straßenbahn losfuhr, kroch noch eine alte Oma, über ihren Stock gebeugt, mit schwarzen,
überknöchelhohen Schnürschuhen über die Straße. Die fahrende Straßenbahn kam
mit einem Ruck zum Halt, Stahl rieb quietschend an Stahl und der
Straßenbahnführer öffnete sein Fenster und brüllte die alte Dame an. »Scho
nimmer krölln kenna, awa vur da Bim aufs Gleis hupfn!«
Die Oma hob drohend ihren Stock und kroch unbeeindruckt weiter, im
Tempo einer Galapagosschildkröte auf gemütlichem Sonntagsspaziergang. Zehn
Minuten später war die Straße endlich frei und wir konnten weiterfahren.
Am Schwedenplatz stieg ich in die U4 um, fuhr den Donaukanal
entlang bis Heiligenstadt, stieg dort in den 38a und ließ mich hinauf nach
Grinzing bringen. An der Cobenzlhaltestelle verließ ich den Bus und folgte der
Grinzingergasse hinunter zum Unteren Schreiberweg.
Als ich in den Schreiberweg einbog, lag die Stadt unter dem grauen
Wolkendach. Durch den Regen, der zwischenzeitlich gefallen war und die Luft
gereinigt hatte, sah ich hinunter bis zu den Gasometern. Mit einem guten Glas
hätte ich unter Umständen Benders Casino in Simmering sehen können. Die ganze
Stadt schien nass und sauber, und alle Farbkleckse wirkten wie Nuancen von
Grau. In der japanischen Tuschemalerei spricht man davon, dass ein Meister mit
Schwarz alle Farben darzustellen vermag. Das Wiener Wetter vollbringt das
Gegenteil, alle Farben werden grau.
Der Sand knirschte nass unter meinen Sohlen, als ich den Gartenweg
zum Haus der Meyerhöffers entlangging. Ich hatte nicht geklingelt und schlich
mich zur Hintertür. Dort klopfte ich leise und hoffte, dass das Hausmädchen
auch samstags da war.
Die Küchentür öffnete sich und Ivanka lugte hervor. Ihr brünettes
Haar war zu einem Pagenkopf frisiert, der ihre schöne Kopfform hervorhob.
Passend zu ihrem stolzen Haupt trug sie einen Hals, der einer japanischen
Schönheit aus dem Sengoku Jidai Ehre gemacht hätte. Zwei kleine Jadekugeln
baumelten an einer dünnen Silberkette von ihren Ohrläppchen. Passend zu den
Steinen trug sie eine milchiggrüne Bluse und einen Rock in hellem Beige.
»Sie haben nicht geläutet«, begrüßte sie mich.
»Und Sie arbeiten samstags?«
»Nicht alle von uns sind reiche Universitätsprofessoren.«
»Weder noch. Darf ich reinkommen? Sie haben mich das letzte Mal zu
einem Kaffee eingeladen und ich würde gerne auf das Angebot zurückkommen.«
»Sie haben damals abgelehnt, die Einladung war nicht auf einen
anderen Zeitpunkt übertragbar. Außerdem würde das meine Herrschaft nicht gerne
sehen.«
»Die sind doch sowieso auf einer Veranstaltung.«
»Wenn ich allein bin, darf ich Sie erst recht nicht hereinlassen.«
»Die Tochter ist nicht zu Hause?«
»Doch.«
»Dann sind Sie auch nicht allein.«
Sie lächelte schelmisch, trat
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