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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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zurück und öffnete die Tür. Ich trat
ein und wir setzten uns an den Küchentisch. Die Küche war geräumig, über den
Arbeitsflächen ließen großzügige Fenster viel Licht herein. Es war hell und
sauber. Der ganze Raum war gefliest, die Schränke aus hellem Holz und etliche
wohlgepflegte Grünpflanzen sorgten für ein angenehmes Raumklima. Kurz, ein Ort
zum Wohlfühlen.
    Ivanka machte Kaffee und wir flirteten ein bisschen. Mir wurde
sogar noch ein Teller Krautfleckerln serviert. Mochte Ivanka beim Thema Kaffee
durchaus einige Schwächen aufweisen, die Krautfleckerln ließen diese vergessen.
    Das Kraut war dünn gehobelt und sorgsam angeschwitzt. Nicht in
Sonnenblumenöl, sondern in Butter. Das Kraut war süß, mit ein wenig Paprika und
viel Pfeffer gewürzt, wobei eine leichte Essignote den Aromen die nötige
Spannung verlieh. Der Speck, in winzige Stücke geschnitten, besaß die obligaten
Rauchnoten und rundete mit ein wenig Knoblauch das Ganze ab. Die Fleckerln
waren ideal gekocht, kein Nudelmatsch, aber auch nicht al dente. Ich hatte
sogar noch einen Löffel Sauerrahm auf den Tellerrand bekommen. Meine Großmutter
hätte es nicht besser gekonnt.
    Nachdem ich ihr für das Essen gedankt hatte, lenkte ich das
Gespräch auf ihre Arbeitgeber.
    »Die Frau Doktor ist sehr still, sehr nett. Sie liebt Blumen und
Pflanzen. Ihr Mann ist fast nie da, er ist sehr streng und böse.«
    »Die Kinder?«
    »Sie haben nur eine Tochter. Sie benimmt sich gegen ihre Mutter
unmöglich, sie ist da ganz wie ihr Vater.«
    »Haben die beiden ein gutes Verhältnis?«
    »Ich glaube nicht. Ich sehe fast nur die
Frau Doktor, der Herr Doktor ist so gut wie nie da und die Tochter genauso
wenig, sie sehen sich kaum. Und sind auch nicht traurig deswegen.«
    »Was arbeitet die Kleine eigentlich?«
    »Nichts.«
    »Studiert sie?«
    »Weiß ich nicht, wäre mir nicht aufgefallen.«
    »Du hast gesagt, dass sie zu Hause ist?«
    »Ja, aber sie ist in ihrem Zimmer, vielleicht schläft sie noch.«
    »Werd mal nachschauen.«
    »Nicht, sonst gibt’s Ärger für mich.«
    »Setz dich ins Auto und geh einkaufen, so kannst du nichts dafür.
Gib mir eine Stunde.«
    »Gut.«
    »Wo schläft sie?«
    »Im oberen Stock, das Zimmer ganz hinten links.«
    Sie war ein wenig sauer und ich konnte ihr das auch nicht verübeln.
Aus der Küche führte die Tür direkt ins Esszimmer, einem weiß gestrichenen Raum
mit hellem Parkett und einer Tafel für acht Personen. Von dort aus ging es ins
Wohnzimmer, einen Raum von geschätzten 95 Quadratmetern, mit dunklen
Deckenbalken, großen Fenstern und schwerem Mobiliar. Eine offene Feuerstelle
war gleichermaßen vorhanden wie eine vollgeräumte Bücherwand. Auch hier fanden
sich ein paar Topfpflanzen. Was mir aber besonders ins Auge stach, war der
Globus, ein wahres Prachtexemplar. Ein handbemalter Glasball mit gut 55
Zentimetern Durchmesser, einem Standfuß aus Teak und einem Gradbügel aus
Sterlingsilber. Die Weltkugel stammte vermutlich noch aus der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, Afrika war zum größten Teil nur an den Küsten kartografiert.
Das Innere des schwarzen Kontinents war weiß geblieben: Terra incognita. Ebenso
waren weite Teile Zentralasiens nur ungefähr angedeutet, und in Bolivien ließ
sich noch eine Stadt namens El Dorado ausfindig machen. Ich musste mich mit
Gewalt losreißen.
    Aus dem Wohnzimmer führte ein Gang, an den sich verschiedene
Zimmer anschlossen, an der Treppe vorbei nach hinten. Hier hingen, wie an den
meisten anderen Wänden auch, Gemälde. Ich sage ausdrücklich Gemälde und nicht
Bilder, denn es dominierten nachgedunkeltes Öl und schwere Goldrahmen. Auch
ohne sich mit Kunst auszukennen, war klar, dass hier viel Geld herumhing. Genau
das war auch ihr Zweck. Meyerhöffer sah Kunst als Repräsentationsfunktion,
jedem Besucher sollte unmissverständlich klargemacht werden, dass hier Geld und
Kultur zu Hause waren. Von Subtilität hielt Meyerhöffer offenbar nichts, wenn
ihm das Wort überhaupt bekannt war.
    Am Ende des Ganges fand ich eine Türe verschlossen, es musste sich
um Meyerhöffers Arbeitszimmer handeln. Nachdem ich das Schloss kurz untersucht
hatte, ließ ich es bleiben. Ich war ihm nicht gewachsen. Ohne passende
Ausrüstung beißt sich auch ein echter Picker die Zähne an einem guten
Drehscheibenschloss aus. Ich verfügte weder über Ersteres, noch war ich
Zweiteres.
    Notgedrungen ließ ich ab, spielte kurz mit dem Gedanken, mir von

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