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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Tisch.
    »Angeklagte, erheben Sie sich.«
    Wir schnellen alle drei hoch und erwarten, kerzengerade stehend, unser Urteil.
    Der Präsident: »Das Gericht sieht von der Anklage wegen Mordversuchs ab. Es fällt in diesem Punkt kein Strafurteil, sondern spricht die Angeklagten frei. Für das Delikt Fluchtversuch werden Sie als Schuldige zweiten Grades erkannt. Das Gericht verurteilt Sie zu zwei Jahren Zuchthaus.«
    »Danke, Herr Kommandant«, sagen wir im Chor. Und ich füge hinzu: »Ich danke dem Gericht.«
    Die Posten, die sich im Saal befinden und der Verhandlung beigewohnt haben, können es nicht fassen.
    Als wir in das Gebäude zurückkehren, in dem sich unsere Kameraden befinden, sind alle froh über die Neuigkeit, niemand ist eifersüchtig. Im Gegenteil, sogar die, die selbst empfindlich bestraft wurden, gratulieren uns aufrichtig.
    Francois Sierra umarmt mich. Er ist ganz närrisch vor Freude.

Sechstes Heft: ›Inseln des Heils‹
Ankunft auf den Inseln
    Morgen werden wir nach den Iles du Salut eingeschifft. Trotz aller meiner Bemühungen soll ich jetzt in wenigen Stunden auf Lebenszeit interniert werden. Zuerst habe ich zwei Jahre Zuchthaus auf der Ile Saint-Joseph zu verbüßen. Ich hoffe, den Spitznamen, den ihr die Bagnosträflinge gegeben haben – die »Menschenfresserin« –, Lügen strafen zu können.
    Ich habe die Partie verloren, aber ich fühle mich nicht besiegt. Ich muß mich noch glücklich schätzen, nicht mehr als nur zwei Jahre in diesem »Gefängnis eines Gefängnisses« verbringen zu müssen. Wie ich mir versprochen habe, will ich mich nicht zu Verirrungen hinreißen lassen, wie sie die völlige Isolierung mit sich bringt. Um dem zu entgehen, weiß ich ein einfaches Mittel: ich muß mich von vornherein als frei betrachten, als gesund und wohlauf wie ein normaler Sträfling. Ich werde, wenn ich herauskomme, dreißig Jahre alt sein.
    Fluchtmöglichkeiten sind rar auf den Inseln, das weiß ich. Aber es hat doch Männer gegeben, die geflohen sind, wenn man sie auch an den Fingern abzählen kann. Und ich
werde
fliehen, das ist sicher. In zwei Jahren werde ich ausbrechen, wiederhole ich Clousiot, der neben mir sitzt. »Mein lieber Papillon, es ist nicht leicht, dich fertigzumachen, und ich wünsche dir, daß du es diesmal schaffst. Es ist jetzt ein Jahr her, daß du dir keine Gelegenheit zur Flucht entgehen läßt. Kaum ist die eine in die Brüche gegangen, denkst du schon an die nächste. Ich wundere mich, daß du es hier nicht versucht hast.«
    »Hier gäbe es nur eine Möglichkeit, mein Lieber: eine Revolte entfachen. Aber ich habe nicht die nötige Zeit, alle diese schwierigen Männer in die Hand zu bekommen. Ich müßte sie provozieren, aber ich fürchte, daß mich das aufreibt. Die vierzig Männer hier sind alles alte Sträflinge. Der Weg in die Hölle hat sie abgestumpft, sie reagieren anders als wir. Die Menschenfresser zum Beispiel, oder die Burschen mit den Ameisen.«
    »Aber auf den Inseln werden die gleichen Typen sein.«
    »Ja, aber dort werde ich keinen brauchen, um zu fliehen. Ich werde allein oder höchstens mit einem Kameraden ausbrechen. Du lächelst? Warum?«
    »Weil du es nie aufgeben wirst. Das Feuer, das in deinen Eingeweiden brennt, treibt dich nach Paris, wo du deinen drei Freunden endlich die Rechnung präsentieren willst. Das gibt dir eine solche Kraft, daß du es dir nie eingestehen wirst, daß dieser Traum absolut unrealisierbar ist.«
    »Gute Nacht, Clousiot, auf morgen. Ja, wir werden diese verwünschten lies du Salut zu sehen bekommen.
    Das erste, was ich dort fragen werde, ist: Warum werden dies e Inseln des Untergangs eigentlich Inseln des Heils genannt?«
    Ich kehre Clousiot den Rücken und halte mein Gesicht in die Nachtbrise.
    Wir werden sehr früh eingeschifft. Wir sind sechsundzwanzig an Bord des kleinen, vierhundert Tonnen schweren Küstendampfers »Tanon«, der zwischen Cayenne, den Inseln und Saint-Laurent hin und her pendelt. Je zwei und zwei werden wir mit Fesseln und einer Kette an den Füßen zusammengebunden: zwei Gruppen zu je acht Mann im Vorderschiff, jede von vier Posten mit dem Karabiner in der Hand bewacht, eine dritte Gruppe je zu zehn mit sechs Posten und den beiden Chefs der Eskorte im Hinterschiff. Alle befinden wir uns an Deck des elenden Schiffes, das bei Schlechtwetter jeden Augenblick sinken kann.
    Da ich beschlossen habe, während der Reise nicht zu denken, möchte ich mich zerstreuen. Und nur um ihn zu ärgern, sage ich laut zu dem

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