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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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lohnt sich nicht, es lohnt sich nicht.« Ich habe wenigstens die Charakterstärke aufgebracht, ihm zu zeigen, daß ich von seiner Untersuchung nichts halte.
    »Wie du willst«, antwortet er zynisch und geht. Zum Glück. Denn ich zerplatze fast vor Wut.
    Eins, zwei, drei, vier, fünf – kehrt. Eins, zwei, drei, vier, fünf – kehrt. Ich gehe, gehe unermüdlich, ohne anzuhalten, gehe heute voll Wut, meine Beine sind gestreckt, nicht locker wie sonst. Als müßte ich etwas zertreten, nach dieser Begebenheit. Was kann ich hier schon zertreten? Ich habe Beton unter den Füßen.
    Und doch zertrete ich etwas im Gehen. Die Schlappheit dieses Quacksalbers, der sich der Verwaltung zu Gefallen auf etwas so Schimpfliches einläßt. Ich zertrete die Gleichgültigkeit einer Menschenklasse gegen die Leiden und Schmerzen einer anderen. Ich zertrete die Ungewißheit des französischen Volkes, seinen Mangel an Interesse oder Neugierde, zu erfahren, wohin denn die Menschenladungen kommen, die alle zwei Jahre von Saint-Martin-de-Rè abgehen, und wie sie behandelt werden. Ich zertrete die Journalisten der Skandalblätter, die, nachdem sie über einen Mann wegen eines bestimmten Verbrechens skandalöse Artikel geschrieben haben, total vergessen, daß er auch einige Monate später noch lebt. Ich zertrete die katholischen Priester, die Beichten entgegennehmen und wissen, was im französischen Bagno vorgeht, und die dazu schweigen. Ich zertrete das System einer Prozeßführung, die auf Redegefechten zwischen dem Ankläger und dem Verteidiger aufgebaut ist. Ich zertrete die Organisation der Liga der Menschen- und Bürgerrechte, die nicht die Stimme erhebt, um zu sagen: »Haltet eure Guillotine trocken, schafft den Massensadismus der Verwaltungsbeamten ab!« Ich zertrete jede Vereinigung und Gemeinschaft, die die Verantwortlichen dieses Systems niemals danach fragt, wie und warum von denen, die den Weg in die Hölle antreten, alle zwei Jahre achtzig Prozent verschwinden. Ich zertrete die offiziellen Todesbescheinigungen der Ärzte: Selbstmord, Körperschwäche, Tod durch ständige Unterernährung, Skorbut, Tuberkulose, Tobsucht, Geistesschwäche und was weiß ich was noch alles. Auf jeden Fall aber gehe ich nach dieser Begebenheit nicht mehr-normal. Mit jedem Schritt muß ich etwas zermalmen.
    Eins, zwei, drei, vier, fünf… Die Stunden schleichen, belastet von der Müdigkeit meiner stummen Revolte.
    Noch zehn Tage, und ich habe genau die Hälfte meiner Zuchthausstrafe hinter mir. Das wird eine herrliche Jahresfeier, denn abgesehen von meiner starken Grippe, erfreue ich mich bester Gesundheit. Ich bin nicht verrückt und auch nicht auf dem Wege, es zu werden. Ich bin sicher, sogar hundertprozentig sicher, lebend und völlig im Gleichgewicht Ende des kommenden Jahres dieses Zucht haus zu verlassen.
    Ich erwache von gedämpften Stimmen. Ich horche.
    »Er ist ganz kalt, Herr Durand. Wieso haben Sie das nicht früher bemerkt?«
    »Ich weiß nicht, Chef. Weil er sich da in dem Winkel seitlich vom Steg erhängt hat, habe ich ihn nicht bemerkt, obwohl ich öfter vorbeigegangen bin.«
    »Es ist ja nicht so wichtig, aber geben Sie doch zu, daß es unlogisch ist, daß Sie ihn nicht bemerkt haben wollen.«
    Mein Nachbar links hat Selbstmord begangen. So verstehe ich es wenigstens. Sie tragen ihn fort. Die Tür schließt sich. Die Verordnungen wurden strikt befolgt, denn die Tür wurde »auf höhere Weisung« geöffnet.
    Ich habe den Chef des Zuchthauses an der Stimme erkannt. Es war der fünfte Häftling, der innerhalb von zehn Wochen aus meiner Umgebung verschwunden ist.
    Der Tag der Jahresfeier ist da. Ich habe im Eimer eine Dose Nestlemilch gefunden. Eine komplette Narrheit meiner Freunde. Sie ist verrückt teuer, und das Risiko, daß sie anlangt, sehr groß. Es ist ein Tag des Triumphes über mein Schicksal. Ich habe mir auch versprochen, nicht mehr in andere Regionen zu entschweben. Ich bin im Zuchthaus. Seit meiner Ankunft ist ein Jahr vergangen, und ich fühle mich imstande, morgen auszubrechen, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte. Eine Feststellung, auf die ich stolz bin.
    Durch den Gangkehrer erhalte ich am Nachmittag ungewohnter- weise ein Wort von meinen Freunden. »Mut!
    Du hast nur noch ein Jahr vor Dir. Wir wissen, daß Du gesund bist. Uns geht es normal. Wir umarmen Dich.
    Louis – Ignace. Wenn Du kannst, laß uns durch den, der das bringt, ein paar Worte zukommen.«
    Auf den kleinen weißen Zettel, der wie ein Brief zusammengelegt

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