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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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bitte ich um eine andere Sache.«
    »Um was?«
    »Daß ich bereits während der fünf Monate, die ich hier verbringen muß, Beschäftigungen erhalte, deren Vorteil mir erst später zugute kämen, und daß ich vielleicht sogar die Insel wechseln kann.«
    »Gut. Einverstanden! Aber das muß streng unter uns bleiben.«
    »Jawohl, Herr Kommandant.«
    Er läßt Dega kommen. Dega überzeugt ihn, daß ich nicht zu denen passe, die »gute Führung« haben, sondern daß mein Platz im Gebäude der Gefährlichen ist. Dort befinden sich alle meine Freunde. Man gibt mir meinen Beutel mit den Sträflingseffekten zurück, und der Kommandant läßt einige Hosen und weiße Hemdblusen aus der Schneiderei hinzufügen.
    Und so mache ich mich denn mit zwei tadellosen weißen, ganz neuen Hosen, drei Kitteln, einem Hut aus Reisstroh, begleitet von einem Aufseher, auf den Weg zum zentralen Lager. Um von dem kleinen Verwaltungsgebäude zum Lager zu gelangen, muß man die ganze Hochebene überqueren. Wir kommen am Spital der Aufseher vorbei, entlang der Mauer, die vier Meter breit das ganze Gefängnis umgibt. Nachdem wir fast die ganze Runde um das riesige Geviert gemacht haben, kommt man an das Haupttor. »Strafanstalt der Inseln – Sektion Royale.« Das riesige Tor ist aus Holz, weit geöffnet. Es muß bis zu sechs Meter hoch sein. Zwei Wachtposten zu je vier Wächtern, auf Stühlen sitzend, einer mit Streifen. Keine Gewehre, alle tragen Revolver. Ich sehe auch fünf oder sechs arabische Wächter. Als ich vor der Wachstube erscheine, treten alle Wachen heraus. Der Chef, ein Korse, sagt: »Da – ein Neuer, und einer von Klasse.« Die Wächter machen sich ans Durchsuchen, aber er hält sie an: »ödet ihn nicht an, sein ganzes Zeug herauszukramen.
    Komm, tritt ein, Papillon. Im Spezialbau erwarten dich sicher eine Menge Freunde. Ich heiße Sofrani. Viel Glück auf den Inseln.«
    »Danke, Chef«, und ich komme in einen großen Hof, von drei hohen Mauern umgeben. Ich folge dem Aufseher, der mich zu einer von ihnen führt. Über einer Tür die Inschrift: »Bau A – Sondergruppe.« Sie wird weit geöffnet, und der Aufseher schreit: »Feldwache!« Da erscheint ein alter Sträfling. »Ein Neuer«, sagt der Chef und geht weg.
    Ich komme in einen sehr großen rechteckigen Saal, wo hundertzwanzig Männer sind. So wie in der ersten Baracke, in Saint-Laurent, läuft eine Eisenstange an den Längsseiten entlang, nur von der Eingangstür unterbrochen, einem Eisengitter, das nur nachts geschlossen wird. Zwischen der Mauer und dieser Eisenstange sind ganz straff Tücher gespannt, die als Bett dienen und die man »Hängematten« nennt, obwohl sie keine sind. Diese »Hängematten« sind bequem und hygienisch. Über jeder sind zwei Bretter angebracht, auf die man seine Sachen legen kann: eines für die Wäsche, das andere für die Lebensmittel, für das Geschirr und so weiter. Zwischen den Reihen der Hängematten ein Durchgang, drei Meter breit, der »Korso«. Die Männer leben hier ebenfalls in kleinen Gemeinschaften, in »Hütten«. Es gibt solche von nur zwei, aber auch solche von zehn Mann. Ich bin noch kaum eingetreten, da kommen schon von allen Seiten Sträflinge ganz in Weiß herbei: »Papi, komm hierher.«
    »Nein, komm zu uns.« Grandet nimmt meinen Beutel und sagt: »Er macht die Hütte mit mir.« Ich folge ihm. Er richtet mir das Tuch, das mir als Bett dienen wird, schön straff. »Da, ein Kopfkissen aus Hühnerfedern, Alter«, sagt Grandet. Ich finde einen Haufen Freunde wieder. Viele Korsen und Marseiller, manche Pariser, alles Freunde aus Frankreich oder bekannte Typen von der Santé, von der Conciergerie oder von der Überfahrt. Ich bin er- staunt, sie hier zu sehen, und frage:
    »Ihr seid nicht auf Arbeit, um diese Stunde?« Da lachen sie alle. »Ha, du wirst uns das bald nachmachen! In dem Bau hier arbeitet nie einer länger als eine Stunde am Tag. Dann geht’s zurück in die Hütte.«
    »Wirklich, ein warmer Empfang. Hoffen wir, daß das anhält. Aber sehr bald werde ich mir einer Sache bewußt, die ich nicht vorausgesehen habe: Trotz der wenigen im Spital verbrachten Tage muß ich erst wieder lernen, in Gemeinschaft zu leben. Ich nehme an einer Sache teil, die ich mir so nicht vorgestellt hätte. Ein Kerl tritt ein, weiß gekleidet, trägt etwas, mit einem tadellos sauberen Tuch zugedeckt, und schreit: »Beefsteaks, wer will Beefsteaks?« Er kommt Schritt für Schritt zu uns heran, bleibt stehen, lüftet das weiße Tuch, und es

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