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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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nicht. Zum Schluß sagt er:
    »Ich konnte dir keine Lokalanästhesie geben, ich habe keine Spritze dafür.« Dann fügt er hinzu: »Das war nicht richtig, was du getan hast.«
    »Ach was, er hätte auf jeden Fall nicht mehr lange gelebt, mit seinem Leberabszeß.«
    Die unerwartete Antwort läßt ihn erstarren.
    Die Untersuchung geht weiter. Der Fall Bourset wird ganz ausgeschieden. Man anerkennt, daß er unter Drohung stand. Bei Naric und Quenier geschieht das gleiche, aus Mangel an Beweisen. So verbleiben ich und Carbonieri. Bei Carbonieri wird Diebstahl und Unterschlagung von Staatseigentum ausgeschieden, nur die Anklage wegen Mitwisserschaft bei einem Fluchtversuch bleibt aufrecht. Er kann dafür nicht mehr als sechs Monate kriegen. Bei mir sind die Dinge komplizierter geworden. Trotz Zeugenaussagen zu meinen Gunsten will der Untersuchungsrichter nicht anerkennen, daß ich in Notwehr gehandelt habe. Dega, der meinen ganzen Akt gesehen hat, meint, daß es trotz der Wut des Untersuchungsrichters nicht möglich sein wird, mich zum Tode zu verurteilen, weil ich eine Verwundung davongetragen habe. Um mich zu erledigen, stützt sich die Anklage besonders auf eine Sache, nämlich darauf, daß die beiden Araber erklären, sie hätten
mich
als ersten das Messer ziehen sehen.
    Die Untersuchung ist zu Ende. Ich warte, daß man mich nach Saint-Laurent vors Kriegsgericht bringt. Ich rauche nur noch, bewege mich kaum. Man hat mir einen zweiten Spaziergang, nachmittags eine Stunde, zugesprochen. Niemals haben sich der Kommandant oder die Aufseher, außer der von der Werkstatt und der Untersuchungsrichter, mir gegenüber feindselig gezeigt. Alle sprechen ohne Groll mit mir, und ich kann Tabak haben, soviel ich will.
    Freitag soll ich fort. Wir haben Dienstag. Am Mittwoch morgen, gegen zehn Uhr, ich bin schon fast zwei Stunden im Hof, ruft mich der Kommandant und sagt: »Komm mit.« Ohne Bewachung gehe ich mit ihm. Ich frage ihn, wohin. Er schlägt den Weg zu seinem Haus ein. Unterwegs sagt er mir:
    »Meine Frau will dich vor deiner Abreise sehen. Ich wollte sie, nicht aufregen, darum hab ich dich nicht vo n einem bewaffneten Wächter begleiten lassen. Ich hoffe, du wirst dich gut benehmen.«
    »Ja, Herr Kommandant.«
    Wir kommen bei ihm zu Hause an: »Juliette, hier bringe ich dir deinen Schützling, wie ich es versprochen habe. Du weißt, daß ich ihn vor Mittag zurückbringen muß. Du hast eine Stunde Zeit, mit ihm zu plaudern.«
    Und er zieht sich diskret zurück.
    Juliette nähert sich mir, legt mir die Hand auf die Schulter und blickt mir gerade in die Augen. Ihre schwarzen Augen glänzen mehr als sonst, denn sie schwimmen in Tränen, die sie mühsam zurückdrängt. »Du bist verrückt, mein Freund. Wenn du mir gesagt hättest, was du vorhast, ich glaube, ich wäre fähig gewesen, dir die Dinge zu erleichtern. Ich habe meinen Mann darum gebeten, dir so weit wie möglich zu helfen, aber er meinte, das hinge nicht von ihm ab – leider. Ich habe dich hierher kommen lassen, um erst einmal zu sehen, wie du dich fühlst. Ich gratuliere dir zu deinem Mut. Du siehst besser aus, als ich dachte. Und dann auch, um dir zu sagen, daß ich dir den Fisch bezahlen möchte, den du mir während all der Monate so großherzig gebracht hast. Hier sind tausend Franc. Nimm sie. Es ist alles, was ich dir geben kann. Es tut mir leid, daß es mir nicht möglich ist, mehr für dich zu tun.«
    »Hören Sie, Madame. Ich brauche kein Geld. Ich bitte Sie, mich zu verstehen, wenn ich es nicht annehme.
    Meiner Meinung nach würde es unsere Freundschaft entwerten.« Und ich weise die beiden so großzügig angebotenen Fünfhundertfrancscheine zurück. »Bitte, bestehen Sie nicht darauf.«
    »Wie du willst«, sagt sie. »Ein wenig leichten Schnaps?«
    Und mehr als eine Stunde lang tut diese wunderbare Frau nichts anderes, als liebenswürdige Worte zu mir zu sprechen. Sie nimmt an, daß ich sicherlich nicht wegen Mordes an diesem Hundsfott verurteilt werde und für den Rest vielleicht achtzehn Monate bis zwei Jahre fasse.
    Beim Weggehen hält sie lange meine Hand in der ihren und sagt: »Auf Wiedersehen, viel Glück.« Und bricht in Schluchzen aus.
    Der Kommandant führt mich zur Strafzelle zurück. Unterwegs sage ich ihm: »Sie haben die edelste Frau der Welt, Herr Kommandant.«
    »Ich weiß es, Papillon, sie ist nicht geschaffen für das Leben hier, es ist zu grausam für sie. Aber – was soll ich tun? Noch vier Jahre, dann hab ich meinen

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