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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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erzähle. Ich bin entschlossen, den Toubib um meine Überstellung auf die Teufelsinsel zu bitten.
    In Ordnung. Morgen darf ich wegfahren. Dieser Arzt und seine Frau wissen sehr wohl, warum ich auf die Teufelsinsel wollte. Sie waren so gut zu mir, daß ich sie nicht täuschen konnte: »Hören Sie, Doktor, ich kann dieses Bagno nicht mehr ertragen, laß mich auf die Teufelsinsel schicken – flüchten oder krepieren, nur ein Ende muß es haben!«
    »Ich verstehe, Papillon. Dieses Strafsystem widert mich selber an, und diese verrottete Gefängnisverwaltung.
    Dann also Lebwohl und viel Glück!«

Zehntes Heft: Auf der Teufelsinsel
Die Dreyfus-Bank
    Diese Insel ist die kleinste der drei Inseln des Heils. Zugleich auch die nördlichste und diejenige, die am meisten Wind und Wellen ausgesetzt ist. Hinter einem schmalen Uferrand, der rund um die Insel läuft, steigt sie steil zu einem Hochplateau empor, wo sich ein Gebäude für das Überwachungskommando und ein einziger Raum für die Sträflinge befindet, ungefähr ein Dutzend. Auf die Teufelsinsel dürfen offiziell keine gewöhnlichen Sträflinge verschickt werden, sondern nur Lebenslängliche und verbannte Politische.
    Die Politischen leben jeder in einem kleinen Haus, ganz auf der Kuppe. Jeden Montag liefert man ihnen die Lebensmittel für die ganze Woche, täglich darf jeder einen Laib Brot verbrauchen. Es sind an die dreißig Mann. Chef der Sanitätsstation ist der Doktor Leger, der seine ganze Familie in Lyon und Umgebung vergiftet hat. Die Politischen verkehren nicht mit den Sträflingen, und manchmal schreiben sie nach Cayenne, um gegen diesen oder jenen Sträfling auf der Insel zu protestieren. Dann wird der weggebracht und kehrt nach Royale zurück. Ein Stahlkabel verbindet Royale mit der Teufelsinsel, denn das Meer ist häufig so stürmisch, daß die Schaluppe von Royale nicht vertroßt werden kann an der Anlegstelle, die man da in den Uferrand hineinbetoniert hat. Der Chef der Lagerwache (es gibt deren drei) heißt Santori, ein dreckiger langer Lulatsch, der oft einen Bart von acht Tagen trägt.
    »Papillon, ich hoffe, daß Sie sich auf dem Teufel gut führen werden. Treten Sie mir nicht auf die Hoden, dann werde auch ich Sie in Ruhe lassen. Gehen Sie zum Lager hinauf, wir treffen uns oben.« Im Saal finde ich sechs Zwangssträflinge: zwei Chinesen, zwei Schwarze, einen aus Bordeaux und einen Burschen aus Lilie.
    Einer der beiden Chinesen kennt mich, er war in Voruntersuchung wegen Mordes mit mir in Saint-Laurent.
    Er ist aus Indochina, Überlebender der Revolte im Bagno von Paolo Condor.
    Berufsmäßiger Seepirat, überfiel er die Hausboote und ermordete manchmal die ganze Besatzung samt der Familie. Obwohl außerordentlich gefährlich, hat er trotzdem eine Art, in der Gemeinschaft zu leben, die Vertrauen und Sympathie erweckt.
    »geht’s, Papillon?«
    »Und du, Tschang?«
    »Geht. Hier ganz gut. Du essen mit mir. Du schlafen hier, neben mich. Ich machen Küche zweimal die Tag.
    Du fischen Fische. Hier viele Fische.«
    Santori kommt: »Ah! Sie haben sich schon eingerichtet? Morgen früh werden Sie mit Tschang die Schweine füttern. Er wird Kokos heranbringen, und Sie werden sie mit einer Hacke entzweischlagen. Die Kokosmilch ist für die kleinen Ferkel, die noch keine Zähne haben. Nachmittags um vier – gleiche Arbeit. Abgesehen von diesen beiden Stunden, eine morgens, eine nachmittags, sind Sie frei und können auf der Insel machen, was Sie wollen. Wer fischt, hat täglich ein Kilo Fisch oder Langustinen dem Koch zu bringen, so ist alle Welt zufrieden. Paßt Ihnen das?«
    »Ja, Herr Santori.«
    »Ich weiß, daß
du
ein Fluchtmensch bist, aber da so was von hier aus nicht möglich ist, läßt mich das kalt. In der Nacht werdet Ihr eingesperrt, aber ich weiß, daß trotzdem manche hinausgehen. Nimm dich in acht vor den Politischen. Alle haben ein Buschmesser. Wenn du dich ihren Häusern näherst, glauben sie, daß du ihnen ein Huhn oder die Eier stehlen willst. Du kannst dich also töten oder verwunden lassen, denn sie sehen dich, aber du siehst sie nicht.«
    Nachdem ich mehr als zweihundert Schweinen zu fressen gegeben habe, bin ich den ganzen Tag auf der Insel herumgerannt, begleitet von Tschang, der sie gründlich kennt. Ein Greis mit einem langen weißen Bart hat unseren Weg gekreuzt, der am Meerufer entlang rund um die Insel führt. Der Mann war Journalist in Neukaledonien und hat während des Krieges von 1914 zugunsten der Deutschen gegen Frankreich

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