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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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schnell gegen Westen getrieben. Quiek-Quiek und Hue sind wunderbare Gefährten. Sie beklagen sich niemals, weder über das schwere Wetter noch über die Sonne, noch über die Nachtkälte. Nur eines: keiner von beiden will die Ruderpinne anrühren und das Boot für einige Zeit in die Hand nehmen, damit ich schlafen kann. Drei- oder viermal am Tag machen sie etwas zu essen.
    Sämtliche Hühner und Hähne haben wir schon hinter uns.
    Gestern sagte ich im Scherz zu Quiek: »Wann werden wir das Schwein essen?«
    £r stimmt ein wahres Wehgeheul an. »Das Tier ist mein Freund! Bevor man es umbringt, müßte man zuerst mich umbringen.«
    Meine Kameraden kümmern sich sehr um mich. Sie rauchen nicht, damit ich so viel zu rauchen habe, wie ich will. Ständig halten sie heißen Tee bereit. Sie tun alles, ohne daß man ihnen etwas sagen müßte.
    Nun sind wir schon seit sieben Tagen auf dem Wasser. Ich bin vollkommen erschöpft. Die Sonne brennt mit solcher Glut herunter, daß sogar meine Chineser wie gekochte Krebse aussehen. Ich lege mich schlafen. Ich fixiere die Pinne und setze nur ganz wenig Tuch. Das Boot treibt mit dem Wind dahin. Ich schlafe vier Stunden lang wie ein Toter. Erst von einer stärkeren Erschütterung werde ich plötzlich wach. Als ich mir das Gesicht mit Wasser benetze, bin ich angenehm überrascht – Quiek hat mich, während ich schlief, rasiert, ich habe nicht das geringste davon gemerkt. Er hat mir sogar das Gesicht sorgfältig mit Öl eingerieben. Seit gestern abend nehme ich den Kurs etwas mehr Südwest, weil ich glaube, daß ich zu sehr nach Norden abgewichen bin. Das schwere Boot hat nicht nur den Vorteil, sich gut auf dem Meer zu halten, sondern es hält auch gut den eingeschlagenen Kurs. »Da schaut – ein Luftschiff!« Zum erstenmal in meinem Leben sehe ich so etwas. Es scheint sich nicht in unsere Richtung zu bewegen, und es ist zu weit weg, als daß man seine Größe abschätzen könnte. Die Aluminiumhaut glänzt und glitzert so stark in der Sonne, daß man nicht lange hinblicken kann. Das Luftschiff hat den Kurs gewechselt, es scheint auf uns zuzukommen. Tatsächlich, es wird rasch größer, und in weniger als zwanzig Minuten steht es über uns. Quiek und der Einarmige sind derart erstaunt über diese Maschine da oben, daß sie aufgeregt miteinander chinesisch zu plappern beginnen.
    »Sprecht französisch, verdammt noch mal, damit ich euch verstehe!«
    »Eine englische Wurst«, sagt Quiek.
    »Nein, das ist keine Wurst, das ist ein Luftschiff.«
    Das riesige Ding ist jetzt tief heruntergekommen und zieht enge Kreise über uns, man kann es in allen Einzelheiten erkennen. Sie stecken Fahnen heraus und schwenken damit Signale. Da wir sie nicht verstehen, können wir keine Antwort geben. Das Luftschiff senkt sich noch tiefer herab, so weit, daß wir die Leute in der Gondel sehen können. Dann dreht es bei und fliegt dem Festland zu. Nach kaum einer Stunde kommt ein Flugzeug angeflogen und dreht einige Runden über unseren Köpfen. Wir haben jetzt schwereren Seegang, und auch der Wind ist plötzlich stärker geworden. Aber der Horizont rundum ist völlig klar, Regen kommt also keiner.
    »Schau«, sagte der Einarmige.
    »Wo?«
    »Siehst du den Punkt dort? In der Richtung, wo das Festland sein muß? Dieser schwarze Punkt ist ein Schiff.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich vermute es, und ich möchte fast sagen, daß es ein Motorschiff ist.«
    »Warum?«
    »Weil es keine Rauchfahne hat.«
    Tatsächlich kann man eine Stunde später sehr genau ein graues Kriegsschiff ausnehmen, das offensichtlich direkt auf uns zuhält. Es wird rasch größer und nähert sich mit solch unglaublicher Geschwindigkeit, den Bug so genau auf uns gerichtet, daß ich fürchte, es wird zu nahe an uns vorbeirauschen. Das wäre gefährlich, denn die See geht hoch, und sein Kielwasser quer zum Wellengang könnte uns zum Kentern bringen.
    Es ist ein kleines Torpedoboot, und während es einen Halbkreis beschreibt und dabei seine ganze Länge zeigt, können wir seinen Namen, »Tarpon«, lesen. Am Bug flattert eine englische Flagge, und nachdem der Jäger einen Halbkreis vollführt hat, kommt er langsam von hinten auf uns zu. Vorsichtig hält er sich auf gleicher Höhe wie wir, mit gleicher Geschwindigkeit. Ein Großteil der Besatzung, im Marineblau der englischen Flotte, ist an Deck. Von der Reling ruft uns ein weißuniformierter Offizier durch ein Megaphon zu:
    »Stop.you!«
    »Hol die Segel ein, Quiek«, sage ich.
    In weniger als

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