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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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allein gerade.
    Da kommt ein Sanitäter mit einem vollen Glas in der Hand zu ihm hin.
    »Trink das aus«, befiehlt der Offizier. »Das wird dich wieder auf die Beine bringen.«
    Der »Ronque« zögert, dann trinkt er das Glas auf einen Zug leer.
    Eine Minute später bricht er zusammen. Es ist aus mit ihm. Beim letzten Atemzug stößt er noch hervor: »Ich Idiot. Sie haben mich vergiftet.«
    Wozu lange beschreiben, wie sich die Gefangenen bei diesem schrecklichen Schauspiel verhielten. Keiner wagte auch nur einen Finger zu rühren, so sehr waren sie von Schrecken erfaßt. Zum zweitenmal in meinem Leben wünschte ich zu sterben. Während einiger Minuten starrte ich gebannt auf das Gewehr eines Soldaten unweit von mir, der es nachlässig in der Hand hielt. Aber der Gedanke, daß man mich vielleicht früher töten könnte, als ich Zeit gehabt hätte, in die Horde hineinzuschießen, ließ mich vor meinen andern Gedanken zurückschrecken.
    Einen Monat später war der Negro Blanco wieder da und verbreitete mehr denn je Angst und Schrecken im ganzen Lager. Nichtsdestotrotz war sein Schicksal, in El Dorado zu krepieren, besiegelt.
    Ein Soldat der Wache packte ihn eines Nachts, als er nahe an ihm vorüberging.
    »Auf die Knie!« befiehlt der Soldat.
    Negro Blanco gehorcht.
    »Sprich dein Gebet, du wirst sterben.«
    Er läßt ihn ein kurzes Gebet verrichten, dann streckt er ihn mit drei Kugeln aus seinem Gewehr nieder. Die Soldaten sagten, daß der Soldat ihn getötet habe, weil er nicht mehr mit ansehen konnte, wie barbarisch dieser Henker die armen Gefangenen schlug. Andere behaupteten, daß Negro Blanco diesen Soldaten bei seinen Vorgesetzten angeschwärzt habe, indem er sagte, daß er ihn schon vor seinem Militärdienst von Caracas her gekannt habe und daß er damals ein Dieb gewesen sei. Der Soldat wurde nicht weit von dem »Ronque« begraben. Er war sicherlich ein Dieb, aber auch ein Mann von ungewöhnlichem Mut und Anstand.
    Alle diese Ereignisse haben lange verhindert, daß in unserer Sache eine Entscheidung gefällt wurde.
    Übrigens sind die anderen Gefangenen zwei Wochen nicht zur Arbeit hinausgeführt worden. Barrieres Bajonettstich wurde vom Arzt des Dorfes sehr gut ausgeheilt.
    Im Augenblick haben wir noch immer eine Sonderstellung. Chapar ist gestern als Koch zum Lagerleiter ins Dorf gekommen. Guittou und Barriere wurden entlassen, denn aus Frankreich sind die Auskünfte über uns alle eingetroffen. Da daraus hervorging, daß sie ihre Strafe beendet hatten, hat man sie in Freiheit gesetzt.
    Ich hatte einen italienischen Namen angegeben, aber die Auskünfte über mich trugen meinen wirklichen Namen mit meinen Fingerabdrücken und meiner Verurteilung auf Lebenszeit. Über Deplanque wurde gemeldet, daß er zwölf Jahre bekommen habe, und Chapar auch. Ganz stolz teilt uns der Direktor diese Neuigkeiten aus Frankreich mit. »Dennoch«, sagt er uns, »werden wir euch auf Grund der Tatsache, daß ihr in Venezuela nichts verbrochen habt, einige Zeit hierbehalten und später einmal in Freiheit setzen. Ihr müßt euch aber gut führen und arbeiten. Es ist eine Bewährungsfrist.«
    In Gesprächen mit mir haben die Offiziere sich einige Male darüber beklagt, daß es so schwierig sei, aus dem Dorf frisches Gemüse zu bekommen. Die Kolonie hat wohl eine kleine Landwirtschaft, aber ohne Gemüseanbau. Es werden nur Reis, Mais und schwarze Bohnen gepflanzt, das ist alles. Ich mache ihnen den Vorschlag, einen Gemüsegarten anzulegen, wenn sie mich mit Samen versorgen. Mein Vorschlag wird angenommen.
    Erster Vorteil: Wir kommen aus dem Lager hinaus, Deplanque und ich. Und da zwei Ausgewiesene angekommen sind, die man in Ciudad Bolivar verhaftet hat, werden sie uns zugeteilt. Der eine ist ein Pariser, »Toto« gerufen, der andere ein Korse. Für uns vier werden zwei gut gebaute, mit Palmblättern gedeckte Holzhäuschen gerichtet.
    In dem einen sind Deplanque und ich, in dem andern unsere beiden Kameraden.
    Toto und ich stellen hohe, geneigte Tische her, deren Füße in Konservenbüchsen mit Petroleum stehen, damit nicht die Würmer die Samen fressen. Sehr schnell haben wir kräftige Pflanzen von Tomaten, Auberginen, Melonen und grünen Bohnen gezogen. Wir beginnen, sie in Beete umzusetzen, denn die jungen Pflanzen sind jetzt kräftig genug, um den Würmern zu widerstehen. Um die jungen Tomatenstauden ziehen wir eine Art Graben, den wir öfter mit Wasser füllen werden, das wird sie feucht halten und das Eindringen von Schädlingen

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