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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Kommandant dieses Gefängnisses und weiß nicht, was mit dir geschehen soll. Ich werde dich vorläufig zu deinen alten Kameraden bringen.«
    »Zu welchen Kameraden?«
    »Zu den Franzosen, die du nach Kolumbien gebracht hast.« Ich werde in eine Zelle geführt, deren Gitter auf den Hof gehen. Dort Finde ich alle meine fünf Freunde versammelt. Wir fallen uns in die Arme. »Wir dachten, du bist für immer gerettet, Kumpel«, sagt Clousiot. Maturette weint wie ein kleiner Junge, der er ja auch ist.
    Und auch die übrigen drei sind etwas durcheinander. Sie alle wiederzusehen gibt mir Kraft.
    »Erzähle!« fordern sie mich auf.
    »Später! Wie ist es euch ergangen?«
    »Wir sind seit drei Monaten hier.«
    »Werdet ihr hier gut behandelt?«
    »Nicht gut, nicht schlecht. Wir warten darauf, nach Baranquilla überführt zu werden. Es sieht aus, als wollte man uns den französischen Behörden ausliefern.«
    »Diese Schweine! Und wie sind die Fluchtaussichten?«
    »Du bist kaum angekommen und denkst schon an Flucht!«
    »Was sonst? Glaubst du, ich gebe auf? Wie ist die Überwachung?«
    »Bei Tag nicht sehr streng. Aber nachts haben sie eine Spezialwache für uns.«
    »Wie viele?«
    »Drei Posten.«
    »Was macht dein Bein, Clousiot?«
    »Es geht. Ich hinke nicht mehr.«
    »Seid ihr immer hier eingesperrt?«
    »Nein, wir gehen im Hof in der Sonne spazieren. Zwei Stunden am Vormittag, am Nachmittag drei.«
    »Wie sind die kolumbischen Gefangenen?«
    »Scheinen gefährliche Burschen zu sein, Diebe wie Mörder.«
    Am Nachmittag bin ich im Hof und plaudere abseits mit Clousiot. Da werde ich gerufen. Man bringt mich in dasselbe Amtszimmer wie am Vormittag. Der Gefängniskommandant ist da, in Gesellschaft des Beamten, der mich einvernommen hat. Auf dem Ehrensessel sitzt ein dunkelhäutiger, beinahe schwarzer Mann. Seine Farbe hat eher etwas von einem Neger als von einem Indianer. Sein kurzes gekräuseltes Niggerhaar verstärkt diesen Eindruck noch. Er muß gegen fünfzig sein. Er hat schwarze, böse Augen, ein sehr kurz geschnittener Schnurrbart bedeckt die starke Oberlippe seines grimmigen Mundes. Sein Hemd steht offen, er trägt keine Krawatte. Links am Hemd hat er ein grün-weißes Ordensband. Auch der Schuster ist da.
    »Franzose, du bist nach sieben Monaten Flucht wieder verhaftet worden. Was hast du die ganze Zeit seither gemacht?«
    »Ich war bei den Goajiros.«
    »Mach dich nicht lustig über uns, sonst lasse ich dich prügeln.«
    »Ich habe die Wahrheit gesagt.«
    »Bei den Indianern hat noch keiner gelebt. Allein in diesem Jahr sind mehr als fünfundzwanzig Küstenwachen von ihnen getötet worden.«
    »Nein – von den Schmugglern.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe sieben Monate da unten gelebt. Die Goajiros verlassen ihr Gebiet niemals.«
    »Das mag wahr sein. Wo hast du die sechsunddreißig Goldstücke zu hundert Pesos gestohlen?«
    »Sie gehören mir. Der Häuptling eines Bergstammes, ›der Gerechte‹ genannt, hat sie mir gegeben.«
    »Wie kommt ein Indianer zu einem solchen Vermögen? Und wofür hat er es dir gegeben?«
    »Ist irgendwo in der Gegend ein Diebstahl von Hundertpesostücken in Gold vorgekommen, Chef? Haben Sie etwas Derartiges gehört?«
    »Nein. In keinem Rapport war von so einem Diebstahl die Rede. Doch das soll mich nicht daran hindern, Nachforschungen in dieser Richtung anzustellen.«
    »Tun Sie das. Es wird nur zu meinem Vorteil sein.«
    »Franzose, du hast ein schweres Vergehen begangen, als du aus dem Gefängnis von Rio Hacha ausgebrochen bist, und ein noch schwereres dadurch, daß du einen Mann wie Antonio zur Flucht verleitet hast, der erschossen werden sollte, weil er mehrere Küstenwachen getötet hat. Es heißt, daß du sogar von Frankreich gesucht wirst, wo du zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt wurdest. Du bist ein gefährlicher Mörder. Ich möchte nicht riskieren, daß du uns hier entkommst. Ich kann dich nicht bei den andern Franzosen lassen, du kommst bis zur Abfahrt nach Baranquilla in Einzelhaft. Die Goldstücke erhältst du zurück, sobald sich herausstellt, daß sie tatsächlich nicht gestohlen sind.«
    Ich verlasse den Raum und werde an eine Treppe gebracht, die in den Keller führt. Wir steigen fünfundzwanzig Stufen hinunter und gelangen in einen sehr schlecht beleuchteten Gang mit Käfigen links und rechts. Einer davon wird aufgesperrt, und man schubst mich hinein. Von dem klebrigen Erdboden steigt Modergeruch auf. In jedem der vergitterten Löcher sitzen einer,

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