Para-Traeume
Suche nach den Antworten darauf. Und überdies gab es genügend andere Fragen, die zu klären ihm wichtiger sein mußte.
Ach, wäre es doch nur so einfach gewesen, Lilith zu vergessen ...
Baldacci straffte die Schultern. Besinne dich! mahnte er sich, und er sammelte seine Konzentration und lenkte sie zu dem hin, weswegen er nach Salem's Lot gereist war.
Zu dem, was er im Geist des Träumers gefunden hatte.
Es war nicht sehr viel, aber erschreckend gewesen. Eindrücke, die von Grauen und Chaos kündeten, von Dingen, die die Welt verändern und vielleicht in den Untergang stürzen konnten. Es waren nicht wirkliche Bilder gewesen, sondern etwas wie >bildhafte Empfindungen^ Raphael hätte sie nicht beschreiben können, und doch entsetzten sie ihn, wenn er nur daran dachte, wie er sie gefunden hatte.
Der Träumer hatte ihm den Weg gewiesen. Den Weg hierher, nach Salem's Lot. Aber nichts in den Visionen, die Federico empfangen hatte, war ein Zeichen dafür gewesen, wie er, Raphael, hier auf die Quelle der Warnungen stoßen konnte. Sie zu finden war allein seine Aufgabe. Und erst ihre Bewältigung würde beweisen, daß Raphael Baldacci des Amtes eines Gesandten würdig war.
Nur - ihm fehlte die Erfahrung, wie er eine solche Aufgabe angehen mußte. Niemand hatte ihm gesagt, wie Spuren zu finden und zu deuten waren. Aber er bezweifelte auch, daß man es ihm jemals gesagt hätte, selbst wenn seine Ausbildung abgeschlossen war.
Das Wissen darum mußte seit jeher in ihm sein. Sonst hätten sie ihn nicht zu sich geholt. Sonst hätte er weiterhin das Leben führen dürfen, daß er bis zu jenem Zeitpunkt gelebt hatte .
Baldacci sah die Straße in beide Richtungen entlang. Das Bild, das sich ihm bot, war der Inbegriff amerikanischen Kleinstadttums. Schmucke Einfamilienhäuser zu beiden Seiten, gepflegte Vorgärten, und ein Stück entfernt waren zwei Frauen gerade damit beschäftigt, vollbepackte Einkaufstüten aus ihren Kombis zu laden .
Der Gesandte wandte sich nach links, ohne zu überlegen, weshalb gerade in diese Richtung. Es schien ihm die richtige zu sein.
Nach einer Weile erreichte er die Brock Street, eine der beiden Hauptstraßen des knapp 1400 Seelen zählenden Städtchens. Die Brock Street traf sich in der Mitte von Salem's Lot im rechten Winkel mit der Jointer Avenue und teilte den Ort somit in vier Sektoren. Der nordwestliche lag etwas höher als die anderen, wenn Raphael Baldacci ihn auch nicht wirklich als hochgelegen bezeichnet hätte. In seiner Heimat begannen selbst bloße Hügel erst ab einer anderen Höhe.
Oben auf dieser Erhebung thronte ein großes Haus, und Baldacci fühlte sich bei dem Anblick ein bißchen an eines der Schlösser seiner Heimat erinnert, um die herum im Laufe der Zeit Siedlungen entstanden waren. Allerdings konnte er sich kaum vorstellen, daß es sich mit diesem Haus dort und Salem's Lot ähnlich verhalten hatte.
Niemand konnte freiwillig im Schatten dieses dunklen Klotzes ansässig geworden sein. Es hockte dort oben wie eine fette Spinne, und fast konnte man den Eindruck haben, seine dunklen Fenster würden auf die Stadt herabstarren, und nichts würde ihnen entgehen.
Vielleicht, überlegte Baldacci und blieb unwillkürlich stehen, sollte er dem Haus einen Besuch abstatten. Vielleicht würde er dort etwas finden. Daß seine Gedanken sich so stark damit befaßten, konnte ein Hinweis sein .
Doch es war anders.
Es wurde ihm bewußt, als er weitergehen wollte und dabei nur zufällig zur Seite sah. Sein Blick streifte das Schaufenster eines Geschäftes, das sich im Erdgeschoß des kleinen Hauses hinter Baldacci befand.
Wie angenagelt blieb er stehen. Und erst nach Sekunden tappte Raphael fast schwerfällig näher darauf zu.
Durch das Schaufenster hindurch fiel sein Blick auf eine ganze Rei-he von Gemälden. Bilder, die so ungewöhnlich .
Daß jemand neben ihm stehengeblieben war, registrierte Baldacci erst, als der andere sprach.
»Mein Gott, wie furchtbar! Der Stadtrat sollte verbieten, daß so etwas öffentlich ausgestellt wird!« sagte der ältere Mann angewidert.
»Sie ist wunderschön«, hörte Raphael sich wie einen Fremden flüstern. Obwohl auch sein Magen fast revoltierte angesichts dessen, was er sah.
Wenn nur sie nicht auf jedem der Bilder zu sehen gewesen wäre!
»Sie . sind ja verrückt«, sagte der andere beinahe erschrocken. »Wie kann man so etwas nur schön finden?« Dann hörte Raphael, ohne den Blick zu wenden, wie sich die Schritte des älteren Mannes rasch
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