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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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aus ihr ausgesogen hatte. Und ob er das jemals schaffen würde, bezweifelte selbst er. Nur er wusste, dass Consuelo die einzige Person war, vor der er Achtung hatte, denn nur sie besass noch mehr Macht als er.

XVII
    Ist es nicht wie das Erwachen aus einem Traum.
    Tauche auf wie aus Nebeln. Sieh mit Erschüttern und Schmerz das Erkennen
    immer gekannt zu haben.
     
    Sie waren mit dem Wagen gereist. Vincent war ein nicht abzusehendes Risiko eingegangen, als sie die Grenze ohne ein gültiges Visum für Consuelo passierten. Es war nicht gewiss, ob sie wieder in die Schweiz würden einreisen können, von wo aus ihr Rückflug gehen würde.
    Nuuks Adresse fanden sie an einer stillen Strasse in München Nymphenburg.
    „Hallo“, sagte Vincent, als sie öffnete. Das Gegenlicht liess ihr Haar in weissem Schein aufgehen und ihr Lächeln verband sich in Unsicherheit und Offenheit.
    „Hallo“, erwiderte Nuuk und bat sie herein. „Willkommen.“
    Nuuk bewohnte eine geräumige und deshalb umso leerer erscheinende Wohnung. In Holz und Leinen gehalten bestachen die Zimmer durch Naturnähe, doch die wenigen Bilder an den Wänden waren tausendfach gesehene Reproduktionen. Die Küche erschien leer und unbenutzt und im Bad herrschte angestaubte Sterilität. Nur eine kleine Gruppe von Zimmerpflanzen individualisierten die Räume.
    Dennoch hatte sich Nuuk alle Mühe gegeben, Wohnlichkeit zu erzeugen und sogar einen Kuchen aus der Bäckerei geholt. Nun setzte sie Kaffee auf, während ihre Gäste es sich auf ihrem Sofa bequem machten. Consuelo blickte sich stumm um. Sie sprach sehr wenig, seitdem sie ihre Heimat verlassen hatte und Vincent fiel nur gelegentlich auf, wie sie alles um sich her geradezu aufsog. Sie blickte die sonnenhelle Nuuk mit kaum verhaltener Neugier an, wie nie zuvor die unveränderliche Schwärze ihrer eigenen Augen fühlend.
    Mit einer duftenden heissen Kanne und einer Karaffe Wasser setzte sich Nuuk zu ihnen und blickte scheu vom einen zum anderen. Aus der seltsamen Verbindung der beiden konnte sie sich keinen Reim machen und dass ihr unverhoffter Gast ein Kind war, ein zartes kleines stummes Etwas, verwirrte sie ein wenig. Zudem hatte sie erfahren, dass Consuelo nur ein klein wenig Englisch verstand, so dass sie es nicht leicht fand, mit dieser zurecht zu kommen.
    „Seid ihr gut gereist?“ fragte Nuuk mechanisch und verteilte Teller auf dem niederen Tisch.
    „Hm, vergleichsweise“, erwiderte Vincent.
    Nuuk hatte es sich anders vorgestellt. Vincent mutete viel zurückhaltender an, als sie ihn von seiner Wirkung am Telefon erwartet hatte. War er ihr stets forsch und manchmal fast überheblich erschienen, so schien er nun, da sie ihn vor Augen hatte, verschlossen. Ein Anflug schaler Ernüchterung überkam sie.
    Sie war sich nicht bewusst, dass sie bei Vincent einen vollkommen gegensätzlichen Eindruck hinterlassen hatte. Er hatte sich die Wissenschaftlerin deutlich weniger anziehend vorgestellt. Sie kam ihm mühelos schön vor, eine überschlanke Frau von ebenmässigen Gesichtszügen und hellem Teint. Doch ungeachtet ihrer Grösse wirkte sie durch ihre natürliche Aufmachung und ihre leise Stimme zugänglich und anmutig.
    Sie sprachen über die Pläne für die kommenden Tage, während derer sie in München zu bleiben dachten. Nuuk stellte in Aussicht, frei zu nehmen, um ihnen die Stadt zu zeigen. Schliesslich stellte Nuuk jedoch die gewichtige Frage, weshalb Vincent denn so unversehens nach Europa zurückgekehrt war.
    „Hatte das etwas mit der Firma Transmar zu tun, der du mal nachgegangen bist?“ schloss sie an, als Vincents Antwort auf sich warten liess.
    Dieser blickte zu Consuelo, die sich kaum merklich versteifte, als der Name fiel.
    „Wir haben offensichtlich alle etwas mit denen zu tun“, sagte er gedehnt. „Sind die noch Lieferanten von GreenPower?“
    Nuuk bejahte, erzählte aber, dass sie Qualität der Lieferungen nicht immer ihren Anforderungen entsprächen. Als er sich erkundigte, was denn die Qualität mindere, erklärte Nuuk, die Phasen des Öls seien zu unsauber getrennt und die Bohnen seien teils mangelhaft.
    „Wir haben sogar einmal erwogen, sie aus unseren Lieferanten zu streichen, aber dann hat der Chef sie wieder oben angestellt. Ich weiss nicht ganz, weshalb. Eigentlich interessieren ihn diese Details nicht, er hat andere Interessen. Vermarktung und Auftreiben von Finanzierung und so“, fuhr sie fort und ihr Blick wurde nachdenklich. „Nun weiss ich aber noch immer nicht, was dich

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