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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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fort, hinfällig, verloren. Jedoch barg auch kein anderer Ort auf der Welt für ihn das Gefühl von Daheimsein.
    Vincent hatte keine Wurzeln und keine Zukunft, nach der er sich wenden konnte. Als ein Hybrid, als ein Grenzgänger auf Erden ging er umher und war allerorts in der Fremde.
    Ihm war eine sonderbare Art der Weigerung eigen, eine generelle Abwehr gegen jede Vertraulichkeit. Die Ablehnung aber entsprang einer gesteigerten Sehnsucht. Sein Sehnen nach Zugehörigkeit und Akzeptanz, so wenig es ihm bewusst war, gab ihm einen Anschein der Ablehnung und der Entfernung.
    Auf Nuuk wirkte die Weigerung gleich einer unbewussten Einladung und sie zeigte sich hingerissen von seinen Erzählungen und genoss seine Scherze ebenso wie sein kühles Schweigen. Sie wünschte mehr von ihm zu erfahren, ohne dass sie es ihm zu entlocken gewagt hätte. Sie, die sie jedem biochemischen Geheimnis unbeirrt auf der Spur war, war zu scheu, Vincent nach seinen Zielen und Wünschen zu fragen. Sie schwieg hingerissen und hungerte stumm nach jedem weiteren Wort.
    Was sich zwischen den beiden als eine schwankende Anziehung entspann und in den harmlosen Gesprächen ebenso wie in den wortlosen Blicken spielte, schloss Consuelo gewissermassen aus. War sie einerseits durch die Sprache von beiden getrennt, so war sie es umso mehr durch deren andeutungsreiches Spiel der Anziehung. So zog sie sich umso mehr zurück und blieb für sich, hing ihren Gedanken nach und schnupperte verborgen an den vielfältigen Stimmungen Münchens. Wer wusste schon, was sie alles erkannte und sah, ohne dass sich ihr ein Mund mitzuteilen brauchte.
    Der Glanz und die ruhige Geschäftigkeit waren ihr fremd und neu. Aus dem überwuchernden Süden kommend kannte sie die verhaltene Kälte nicht. Sie begann erst zu ergründen, wie das Wesen der Welt hier anders war als daheim. So sehr sich die lichte Offenheit der Landschaft glich, so unterschiedlich waren all die Geister, die sie bewohnten.
    Consuelo liess sich leichtfertig auf die Totenseelen und das verborgene Volk ein. Sie erkannte sie in den quietschenden Schienen der Strassenbahnen, auf denen Menschen verstorben waren. Sie erkannte die Spuren eines Krieges, die in schwelenden Kreisen über das Land gezogen waren. Sie erkannte die verborgenen Völker, die gemächlich in den Parks und den Gärten lebten, halb gezähmt und halb verschlafen. Manchmal erkundigte sie sich nach ihnen, fragte nach und erfuhr gar viel. Es war ihr die Sprache eigen, die ohne Wörterbuch versteht und sie erfuhr, was nicht einmal Nuuk bekannt war.
    Consuelo sah den Einzug des Frühlings  in der Stadt und wie ihm alle Geister der Luft und der Wolken folgten. Sie sah die rasenden Dämonen alter Feindschaften, wie eine wilde Jagd über Land und Stätten fahrend.
    Viel schlimmer als diese aber waren die Dämonen in ihrem Inneren. Es kamen hervor all die, welche sie als Medium aus der anderen Welt in die der Menschen gelockt hatte. Sie, die ihr warmes Blut genossen, ihren Atem gefühlt hatten, sie verlangten mehr. Der Ruhe ihrer Gräber entlockt irrten sie nun heimatlos umher und forderten ihren Tribut.
    Dämonen , sie ernährten sich von den Gefühlen der Menschen. Es gab auch Dämonen, die Achtung und Ehre, Schutz und Vergnügen wollten. Diesen war eine Wärme inne und ihr Anblick war eigentümlich, aber nicht schrecklich. Sie behelligten einen weit weniger, als die, welche malmende Angst und kalten Schrecken frassen.
    Einer von ihnen verfolgte Consuelo schon lange. Es war der Geist des verlorenen Vertrauens. Es blieb nichts mehr, wenn dieses Gespenst sich in ihre Seele gedrängt hatte. Es gelang ihr zwar, sich dagegen zu wehren, doch in den lichtlosen Stunden des ersten Morgens war sie schutzlos in mulmigem Schlaf.
    U nvermittelt schreckte sie auf. Da war eine Welt in ihr, in der nasskalt alles klebte. Grau wie klebrige Spinnweben durchzogen Verachtung und Niedertracht ihr Inneres. Spitzzulaufend ins hagere Kinn mit schrecklichen tiefliegenden Augen starrte der Dämon sie an. Dann öffnete die Fratze ihr Maul und schaudernd hörte Consuelo ein Lachen wie aus Höllentoren. Sie war allein, so allein, wie man nur im eigenen Inneren sein kann. Ausgeliefert der Bösartigkeit des Spottes und der Verachtung. Die Verachtung wuchs und wuchs, überfiel sie, erdrückte sie, bis sie nur noch die Verachtung gegen sich selbst fühlte.
    ‚Wer soll dich lieben, Consuelo, Kinderdirne eines Dämonenpriesters?‘ klang es in ihr und ihr eigener Leib wurde kalt und

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