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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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sprachen lange und Nuuk erzählte von ihrer Besorgnis um die Zukunft von GreenPower. Hatten sich die Instruktionen von Herrn Musanthin doch seit einiger Zeit schwer verändert. Er griff in völlig neue Bereiche ein und verlangte die Bestellungen selbst auszuführen. Sie erzählte von den Einschränkungen in ihrer Eigenverantwortung und wie wenig sie ein solches Eingreifen schätzte. Vincent wusste von derselben Problematik ein Lied zu singen und sie sprachen von ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit und ihren Plänen. Zunächst waren sie sich gegenüber gesessen, doch nun kam Nuuk mit einer neuen Flasche zurück und setzte sich neben ihn. Sie klagte über die Beschwerlichkeiten, am Mikroskop zu arbeiten:
    „Man würde doch meinen, die Dinger könnten so gebaut werden, dass man sich nicht zu verbiegen brauchte. Aber ich verspanne mir regelmässig den Nacken“, erklärte sie und Vincent begann ihren Rücken und ihren Hals zu massieren. Er schob das seidenweiche Haar zur Seite, aber die weichen Strähnen fielen immer wieder zurück und schliesslich griff Nuuk in ihr Haar und hielt es am Kopf zusammen, während sie sich seinen warmen, rauen Händen überliess. Es war ihr eines, sich wohlig gegen ihn sinken zu lassen. Es war ihm eines, ihr in ihr Schlafzimmer zu folgen.
    Es war die Liebe zwischen ihnen wie der unstete Wind der ersten Frühlingstage. Aller Reiz war ihr eigen, doch fehlte die rechte Wärme. Doch umso überschwänglicher war Nuuks Werben und Locken und umso williger folgte Vincent ihren Verführungen. Wie kühle Seide war ihre Haut und ihre trockenen Lippen hauchten gerne von Lust und Hingabe. Wenn die Leidenschaft verebbte, so lachten sie viel und sprachen von den Sehenswürdigkeiten und den Reisen, die noch vor ihnen lagen.
    Als Vincent aber, aus dem Zimmer von Nuuk kommend in Consuelos nachtschwarze Augen blickte, so traf ihn ein Stich ins Herz, den er sich nicht zu erklären wusste.
     
     
    Es gab keine Ernten für das Land, es gab nur die Ernte für den Export. Viel zu gering waren die Erzeugnisse der reichen roten Erde für die eigenen Einwohner. Musste doch jenseits des Meeres der Soja genutzt werden. Mais und Reis, Korn und Bohnen, Gemüse und Tiere, sie verliessen die Äcker und Weiden am Tag ihrer Ernte und gelangten in die Städte. Üppig wuchsen die Stauden und Dolden, fast quollen die Bohnen aus ihren Schoten und hitzig glänzte der goldene Mais über die Blätter. Doch es war nicht genug, nie genug war es, um allen Mündern Freude und allen Bäuchen Frieden zu geben.
    Der Hunger blieb bestehen und der Unfrieden breitete sich aus. Wie ein Erdbeben erschütterte die Auflehnung die Städte, schob sich aus den kargen Hütten hin zu den kleinen Häuschen und den billigen Wohnungen. Aufheulend durchdrang der Unfrieden die Strassen und sammelte sich auf den Plätzen.
    Tumulte bildeten sich und immer grössere Gruppen zogen aus und riefen laut und rau nach mehr Essen und genug für sich. Rhythmisch sangen sie von Hunger und von Gerechtigkeit, von Armut und ihrem Hass. Leid waren sie ihren Hunger, ihre stete Suche nach mehr, dass es auch nur einmal genug sein mochte.
    Als der Tumult die Strassen überschwemmte und die Menge sich durch die Einkaufstrassen schob, flogen die ersten Steine gegen die Warenhäuser, die Restaurants der Fastfood-Ketten und die Läden wurden gestürmt. Mit den Regenschirmen am Eingang bedrohten die Hungrigen die Sicherheitsleute und rannten nach den Regalen und Theken der Supermärkte, stürmten die Küchen der Fastfood-Ketten und erbeuteten was sie nur fassen konnten. Sie rafften und frassen, sie tranken und schütteten, trugen heim und hamsterten wie sie nur konnten und für einmal war genug in den Hütten und Häuschen.
    Doch die Rache der Ketten, der Supermärkte und der Warenhauspaläste war bitter, war hart und war gnadenlos. Sie schlugen nieder, wen sie erwischten, sie schossen gegen die Hungernden und hackten mit Schlagstöcken auf die Schar, sei sie stark oder zart wie das Gras im Frühjahr. Ein verlustreiches Mahl war es für die Gesättigten aus den Slums und den Stadträndern.
    Doch der Sieg schwappte über, erfasst andere Städte, machte weitere Hungernde wehrbar.
    Überall in den Städten gab es Widerstand, landlose Bauern rotteten sich zusammen und überfielen Gutsherren, rafften Speisen an sich und wehrten dem Hungern.
     
     
    Nuuk hatte sie eingeladen, zum Konzert eines aufstrebenden Sängers und Liederschreibers zu kommen. Lobsang Waldvogel trat in der

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