Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Auskunft geben, können Sie mir sagen, um was es geht?“ schwang Frau Gerecke in einen strengen und ordnungsbewussten Ton ein. Immerhin, sie gab schliesslich Milliliter genaue Angaben über Saccharomyces Cerevisiae an.
„Es geht darum, herauszufinden, ob die Lieferungen von Transmar korrekt sind, oder ob sie gegen gewisse Auflagen verstossen“, erklärte Vincent.
„Gegen welche Auflagen sollen sie denn verstossen?“
„Das kann ich Ihnen erläutern, wenn Sie mir sagen, ob Transmar zu Ihren Lieferanten gehört, sonst, werden Sie verstehen, muss der Schutz der Firmenrechte gewahrt werden. Können Sie mir sagen, was Saccharomyces Cerevisiae ist?“ erwiderte Vincent.
„Hefe. Das ist Bierhefe“, sagte Frau Gerecke.
„Aha“, sagte Vincent. „Gehört denn Transmar zu Ihren Lieferanten?“
„Ich muss das abklären“, antwortete Frau Gerecke, von der er wusste, dass sie log. „Wollen Sie mir Ihre Nummer oder Ihre Emailadresse geben?“
Vincent gab beides an und wünschte einen schönen Tag. Dann wünschte er sich selbst eine gute Nacht und begab sich nach Hause und zu Bett.
VI
Sie war geboren zu der Zeit, als LSD Partydroge und lange weite Tuniken modische Errungenschaft waren. In diesem Zustand etwa mussten ihre Eltern auf die Idee ihres Namens verfallen sein, denn sie nannten sie Nuuk.
Nuuk.
Kein Mensch wusste es auszusprechen und so klang es immer, als fehle etwas. Es war ein Name, der seiner Erklärung verlustig gegangen, immer klang, als habe man ihm etwas abgebissen, ehe er ausgesprochen wurde. Nuuk liegt im selten je eisfreien Norden in Grönland und in der Tiefe ihres Bodens herrscht ewiger Frost. Nuuk, Hauptstadt der Inuit.
Nuuk aber, das Mädchen, entpuppte sich als so fern jener Welt, denn sie war hochaufgeschossen, gazellenhaft und weissblond wie der Sonne Winterlicht. Ihre rundgeschnittenen Augen verbanden sich in einer blassen Mischung von Haselnuss und Grau. Zudem war sie Vegetarierin, denn sie musste beim Konsum von Fleisch erbrechen, was sich sehr ungünstig ausnahm, als sie einer neuen Flamme zu liebe einmal Würstchen verspeist hatte.
Nuuk stand mit ihrem Namen unter falschem Stern
und verwies auf eine Identität,
die die ihre nicht war.
Nuuk war sich fremd,
wann immer sie sich vorstellte.
„Mein Name ist Nuuk“, sagte sie.
Sie war verspätet, als sie durch die messingbeschlagenen Schwingtüren trat. Gegenüber von Professor Doktor Doktor Siegmar liess sie sich auf die rotsamtene Polsterbank fallen. Herr Siegmar war aussergewöhnlich gekleidet, denn er trug eine lilafarbene Fliege und eine waldgrüne Weste. Er hatte graues schön frisiertes Haar und einen kleinen, wohlgeordneten Schnurbart. Irgendwie passte er ausnehmend gut in die plüschig-überladene Atmosphäre des Lokals. Er glich dem mattgeputzten Messing und dem abgeschabten Samt.
„Guten Abend“, sagte er.
„Bitte entschuldigen Sie, dass ich zu spät komme“, sprach Nuuk fieberhalft weiter. „Es ist mir ein grosse Ehre, eine derartige Koryphäe auf ihrem Gebiet zu treffen.“
Siegmar lächelte in friedfertiger Beschmeichelung.
„Ich habe Ihren Artikel in Science Today gelesen, oder besser ich habe ihn verschlungen. Es ist so beeindruckend, was Sie über die Veränderung der Bierhefe-Bakterien geschrieben haben. Sie konnten die Ergebnisse bereits testen?“ sprach Nuuk überstürzt weiter.
„Wir können nicht so ausführlich testen, wie es Ihnen im kommerziellen Umfeld möglich wäre. Unsere Mittel sind eingeschränkter. Das ist der Preis daf ür, dass wir in die Tiefe gehen mit unserer Arbeit“, meinte Herr Siegmar bedeutungsschwer.
„Können Sie mir erläutern, inwiefern man die genetische Verbesserung der Fettsäurebakterien zur Kohlenwasserstoff-Produktion standardisieren kann? Das würde die Entscheidungsträger bei uns ausnehmend interessieren“, erklärte Nuuk.
Herr Siegmar legte daraufhin des Langen und Breiten das Verfahren dar, gelegentlich seinen persönlichen Verdienst zu betonend. Nuuk erkannte aus den Ausführungen, dass die Verwendung des Verfahrens bei GreenPower eine grundlegende Umstellung der Forschung bedeuten würde und Enttäuschung drückte auf ihr Gemüt. Es würde nicht leicht sein, ihren Vorgesetzten vom Einbezug von Siegmar zu überzeugen, aber sie würde nichts unversucht lassen.
Als Nuuk nach dem Treffen mit Herrn Siegmar das schwülstge Lokal verliess, brannte ihr Gesicht von Aufregung und ihre Wangen waren erhitzt, so dass es sich
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