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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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blindwütiger Sicherheit, wenn sie es vor sich hatte. Es war das einzige, was ihr eine reissende Begier entlockte, einen starken Sog. Teresa, das war sie sich sicher, hätte nie begriffen, wie es in ihr aussah. Sie hätte nie verstanden, wie abgrundtief das Nichts in Consuelos Innerem gähnte und wie gleichgültig sie dem gegenüber war. Teresa war gut und lieb. Einfach nur so. Während sie das dachte, überkam sie eine Sehnsucht, ihrer besten Freundin ähnlicher zu sein. Schöner. Besser. Beschützter. Consuelo seufzte lautlos und blickte aus dem Fenster, so grenzenlos abwesend, dass kein Lehrer ein Wort an sie gerichtet hätte. Sie sass am Schulpult, aber sie war nicht im Geringsten anwesend.
    Zurückkommend ins Haus ihrer Mama hörte sie schon beim Öffnen der Türe Stimmen. Besuch war da. Consuelos Magen verkrampfte sich, als sie in die Stube trat und ihre Schultasche neben die Tür stellte.
    „Da bist du ja endlich! Herr Marcial ist da“, rief ihre Mutter mit nervöser Ehrerbietung und ER erhob sich vom Sitz, den er eingenommen gehabt hatte.
    „Consuelo“, sagte er in tiefer Modulation. Seine Stimme war jetzt ganz anders, da er nicht seines Amtes waltete. Er war fast wie ein gewöhnlicher Mensch. Aber sie wusste es besser. Sie blieb stumm an der Türe stehen.
    „Heilige Mutter Gottes! Willst du denn Herrn Marcial keinen guten Abend wünschen?“ fragte ihre Mutter drängend, aber dieser winkte nur ab.
    „Consuelo, komm her, setz dich“, sagte er stattdessen.
    Sie folgte wie schlafwandelnd der Aufforderung, als ihre Tante eintrat und frischen Tereré brachte.
    „Vielen Dank“, bemerkte Herr Marcial in einem Ton müheloser Verachtung und die beiden Frauen waren entlassen. Sie drängten sich zusammen in die enge Küche, während Consuelo mit IHM zurückblieb. Sie senkte den Blick.
    „Consuelo, warum so verstockt?“ fragte er und streichelte ihr Haar. „Ich war mit deiner Mama übereingekommen, dass es am besten wäre, du würdest in unsere Gemeinde einziehen. Meine Frau wird dir ein Zimmer richten, dann kannst du unbeschwert dort leben und musst nicht spät nachts von deiner Mama abgeholt werden. Meine Frau wird alles für dich herrichten.“
    „Welche?“ fragte Consuelo mit belegter Stimme.
    „Wie?“ erwiderte er in einem Ton, der keine weitere Frage erlaubte. „Komm, pack deine Sachen!“
    Nun war die gedämpfte Modulation verflogen und es blieb nur der Befehl.
    Consuelo erhob sich und ging in ihr Schlafzimmer. Zittern bemächtigte sich ihrer ganz und kalter Schweiss brach ihr aus. Schrecken und Angst umhüllte sie, so mächtig und überwältigend, dass sie nur noch Furcht war, nichts anderes blieb mehr. In diesem Augenblick sah Consuelo ihren Weg vor sich, sah, was in der Gemeinde der Flammenden Herzen auf sie zukommen würde. Sie, das Medium, sie, die Seherin, der Schlüssel zur anderen Welt. Sie. Dreizehnjährige Consuelo. Sie, der Schlüssel zur Macht des Priesters Marcial. Eine unter vielen der Mädchen und Frauen, mit denen er sich stets umgab.
    Consuelo wurde zum Speien übel und sie musste sich setzen. Leichenblass und schweissgebadet.
     
    Sie war schon immer über die Schwelle gegangen. Sie hatte Dinge gewusst, die andere nur ahnten. Sie hatte gesehen, wo andere vermuteten. Sie war von anderer Art. Doch als die Blutungen kamen, als ihr Körper sich veränderte, da waren Visionen über sie gekommen. Da hatte sie Momente erlebt, da sie die andere Welt nicht von der gewöhnlichen hatte unterscheiden können. Sie hatte laut mit Toten gesprochen und ihre Mutter war dermassen erschrocken, dass sie sie in die Gemeinde der Flammenden Herzen gebracht hatte.
    Der Priester hatte mit Consuelo alleine zu reden gewünscht. Er hatte ihr viele Fragen gestellt. Er hatte gesehen, wie viel Böses in ihr lag. Er hatte gesagt, er wolle sie davon befreien. Er hatte das Kreuz mit Hühnerblut übergossen und sie damit geschlagen. Er hatte gesagt, er werde alle Dämonen aus ihr austreiben. Er hatte sie in schmerzhaftester und ekligster Weise bedrängt. Er hatte sie beschlafen, genötigt, ihr seinen Willen aufgezwungen. Und sein violett schimmerndes Glied. Anstelle des Dämons.
    Seitdem fühlte sie noch viel mehr Böses in sich. Richtiggehenden Hass.
    Er wollte immer wieder Dämonen vertreiben. Doch er wollte auch, dass sie von den Dämonen sprach. Ihm alles von den Dämonen berichtete. Er wollte alles wissen, was sie von den Dämonen wusste. Er wollte den Dämon in ihr beherrschen. Er wollte sie beherrschen.

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