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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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Sie besitzen. Er wollte den Dämon eigentlich gar nicht gehen lassen. Er wollte sie nicht gehen lassen.
    Consuelo war sich sicher gewesen, dass er, hätte er von dem Kind, das sie erwartet hatte, gewusst, hätte  er es für den Dämon genommen und Schreckliches an ihm getan.
     
    Fieberhafte Verzweiflung schüttelte Consuelo, denn sie sah vor sich, wie sie der Gemeinde der Flammenden Herzen nicht würde entrinnen können und sie sah auch nicht, wie sie hier entkommen sollte. Sie sass eingesperrt in den Fängen der Gläubigen, ihres Priesters und seiner Frauen. Consuelo sank auf dem Boden zusammen und legte den Kopf auf die untergeschlagenen Knie. Endlich kam ihre Mutter herein und zog sie an den Schultern hoch.
    „Um Himmels Willen, was machst du denn Consuelo! Es ist doch so eine grosse Ehre, dass du in die Gemeinde kommen darfst! Nun pack schon zusammen“, sagte diese und öffnete den Schrank.
    „Mama, werde ich denn von dort aus in die Schule gehen?“
    „Für ein Mädchen ist die Schule nicht so wichtig, wart nur ab, es wird dir gefallen“, erwiderte die Mutter.
    Willenlos sass Consuelo da und sah zu, wie ihr Mutter Kleider, Schuhe und Wäsche in eine Sporttasche stopfte, um dann Gepäck und Kind nach der Stube zu schubsen, wo sie sie mit unterwürfigem Lächeln Herrn Marcial übergab.
     
     
    Das Zimmer war schlicht und hell, weisse Vorhänge verzierten den dunklen Fensterrahmen, eine eiserne Bettstatt und ein schlichtes weisslackiertes Regal, in dem die Bibel und ein Katechismus standen.  Durch das Gitter vor dem Fenster fielen die Resten des Tageslichts herein. Eine der Frauen der Gemeinde der Flammenden Herzen hatte sie mit mildem, aber unausweichlichem Druck hereingeführt und die Tür mit wohlmeinendem Lächeln hinter ihr verschlossen. Consuelo war allein. Die Verzweiflung umfing sie wie ein dunkler Mantel und eine unvorstellbare Angst beherrschte sie. Ihr Atem ging schnell und fast panisch ging sie in dem kleinen Raum auf und ab. Mit einem Mal stiess sie die Luft heftig aus und legte sich aufs Bett, knäulte sich zusammen wie ein Kätzchen und schloss die Augen.
    Consuelo tauchte ab ins Innere der Erde, in die Tiefen der ewigen Nacht, in der das Gold noch flüssig strömt. Sie begab sich an den Ort, an den die dunklen Götter hingeschwunden sind, welche die Mönche nicht hatten erkennen, nur vertreiben können. Die Hitze der Erde stieg zu ihr auf, das rote Innere der brodelnden Erde, lehmig und heiss, staubig und bergend. Consuelos Denken schwand dahin in die Tiefe, barg sich in der Grossen Schoss und versank in die Welt des Lebens, der Güte, der Allmacht von Magie, wo wahr wird der Wunsch und wo Stille nur bekleidet das Singen der Welt. Die glänzenden Ströme lichten Goldes und blühenden Kupfers flossen dahin, als Consuelo durch die dunkle Höhle in die Tiefe stieg, immer tiefer und tiefer, dahin wo die grösste aller Götter lebte, die alles vermochte und jedes Menschenkind aufnahm, wenn es um Einlass bat. Consuelo überschritt die geheime Schwelle und trat in das reiche Gewölbe im Erdinnern, erkannte der Grossen viele Gesichter, entdeckte die Schlangen und die Spinnen, ihre Gefährtinnen auf der Erde, verfolgt und gehasst von den Menschen, aber allmächtig und weise wie niemand sonst.
    Auf einem mächtigen Thron sass die Mächtige zu Gericht und beschied Consuelo ihr Geschick und ihren Weg. Sie legte die grosse Hand auf des Menschenkindes Stirn und sie sprach Worte, von denen Blut floss, schenkte Gnade und raubte Leben in einem bebenden Wort. Weinend sank nieder das Menschenkind und wusste, es war daheim, war bei der Mächtigen, der ewigen Mutter, die niemals vergeht. Die kannte die Menschen in all ihren Schwächen, erkannte die Bosheit und erkannte die Gier, doch ihr Richten war weise, ihre Taten gemächlich und ewig ihr Atem gegenüber allem was lebt.
    ‚Du Grosse‘ murmelten des Menschenkindes bebende Lippen, als es klein und zerbrechlich niedersank und um Gnade bat, endlich Gnade vor seinem Schicksal, um ein Versagen der Kräfte, um endliche Freiheit und das Ende des Priesters. Ganz schwand hin das Bewusstsein des Menschenkindes, als die Grosse es an ihrem Busen barg, dem ewigen Strom von Leben und Gnade.
     

IX
     
    Aus dem All ist die Seele geboren und fand ihren Weg zur Erde. Da lebt sie als ein Sternenkind nach Gesetzen von Leben und Tod. Gar schwer ist es doch, den Geist eines Gottes
mit dem Leib eines Tieres zu einen.
    So leben die Menschen und suchen den Weg und werden ihn

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