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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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Pflasterstraße mit der Kirche einbog.
    In der Einfahrt am Ende der Straße stand ein schwarzer Jeep. Ein dunkles, großes Auto, schoss es mir durch den Kopf. Vor der Haustür des alten Pfarrhauses, auf den alten, schiefen Stufen zwischen den beiden Kastanienbäumen saß ein Mann in einer Windjacke und mit einem Bartanflug.
    Es war Jarsen.
    Er stand auf, als er meinen Wagen kommen sah. Ich hatte nie bemerkt, dass seine Nase leicht schief war.
    »Frau Berek«, sagte er, als ich vor ihm stand. »Ich … ich war … ich habe … David im Auto mitgenommen, am zweiten Mai. Ich hätte viel früher kommen sollen.«
    »Ja«, sagte ich, und in diesem Moment fühlte ich nichts außer einer großen, allumfassenden Müdigkeit. Es ist nicht nur die Müdigkeit der letzten Nacht, dachte ich, es ist die Müdigkeit, die zu viele Listen mit zu vielen Menschen mit zu vielen zu lösenden Problemen hinterlassen haben. Dieselbe Müdigkeit, die David gefühlt hatte. »Ja. Das hätten Sie.«

12.
    »Ich wusste nicht, wie ich es Ihnen erklären sollte«, sagte Jarsen. »Ich hatte gehofft, ich könnte es tun, wenn David wieder hier wäre.«
    »Das scheint noch zu dauern«, sagte ich und sah ihm fest in die Augen, falls er in Frage stellen wollte, dass David zurückkam. »Ein wenig.«
    Wir saßen in der Küche und tranken Kaffee, und ich dachte an Thorsten und den Kaffee in seiner Küche, die so viel weniger wohnlich war als unsere und die er genau so haben wollte, wie sie war.
    »Sie haben ein sehr schönes Haus«, sagte Jarsen und faltete die Hände um seine Kaffeetasse.
    »Sie auch«, sagte ich, was eine unsinnige Entgegnung auf eine unsinnige Bemerkung war. »David kannte es wohl etwas besser als ich, Ihr Haus. Von innen.«
    Jarsen nickte, schüttelte den Kopf und gab etwas von sich, das wie ein halbersticktes Lachen klang.
    »Er ist tatsächlich bei mir eingebrochen. Mehr oder weniger. Ihr Mann hat mir dann erzählt, dass ihr Sohn ein merkwürdiges Projekt durchführt … Es ging um die Umverteilung von Dingen … Geld, zum Beispiel … ein kleiner Robin Hood. Und ich war natürlich der Böse.«
    Ich schwieg und sah ihn an, wartete, das er weitersprach. Er wirkte verlegen, sah auf seine Hände hinab.
    »Ihr Mann hat mir das Geld für die Uhr wiedergegeben und gesagt, er hätte mit David gesprochen. Dass er ihm helfen will, sein seltsames Projekt auf andere Art weiterzuverfolgen. Obwohl es, sagte er, nicht wirklich möglich ist … Ich weiß noch, wie ratlos er war.«
    »Ja, David gehört zu den Menschen, die einen ratlos machen«, sagte ich. »Er hat einen Projektbericht geschrieben. Ich habe ihn gelesen … nach dem Unfall.«
    Jarsen warf mir einen kurzen Blick zu. »Dann wissen Sie das mit Livia? Und Celia?«
    »Celia?« Ich verschluckte mich an meinem Kaffee und hustete.
    »Hat David das nicht herausgefunden?«
    »Was?«
    Jarsen seufzte. »Sie hätte einen guten Mann gefunden, wenn das stimmt, was ich gehört habe. Sie hatte einen aus der Stadt, oder? Ich habe die beiden zusammen gesehen …, aber dann ist er bei einem Unfall gestorben, jedenfalls sagen das die Leute hier. Noch ein vaterloses Kind.« Er schüttelte den Kopf. »Arme Celia.«
    »Der Mann, den die Leute hier gesehen haben …, war, nicht der Vater ihres Kindes«, sagte ich mit einem gewissen Stolz. »Es war ein Schauspieler.«
    »Bitte?«
    »Der Mann, den Sie auch gesehen haben. Er hatte nichts mit Celia. David hat ihn überredet, so zu tun, damit die Leute aufhören, Celia Fragen zu stellen. Celia hat sich geweigert, irgendwem zu sagen, von wem das Kind war …« Ich sah ihn an und dachte an das Bild von seiner Frau.
    Sie sind immer dünn und blond und jung, so wie deine Frau, als du sie kennengelernt hast, hatte Livia gesagt. Celia war dünn und blond und jung.
    »Dann«, sagte Jarsen.
    »Dann«, sagte ich.
    »Verdammt«, sagte Jarsen, stand auf und ging zur Verandatür, um hinauszusehen. Die Morgendämmerung hatte sich inzwischen in einen Morgen verwandelt, das Sonnenlicht spielte auf den Tautropfen im Gras. Die Schafe erwachten langsam aus ihrem Steh-Schlaf wie steinerne Urgestalten und begannen, sie zu rühren.
    »Es ist mein Kind«, sagte Jarsen.
    »Ja«, sagte ich. »Und nein. Es ist Celias Kind. Sie haben keine Ansprüche.«
    »Celia hat Ansprüche. Geld.«
    »Ist Geld ein Problem?«
    »Nein«, sagte Jarsen, und dann noch einmal: »Verdammt.« Und dann: »Livia ist weg. Sie ist tatsächlich gegangen. Sie hat keinerlei Schulabschluss … Ich hoffe, sie

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