Paradies in Gefahr: Mittsommergeheimnis (German Edition)
Handbremse anzog. “Wir befinden uns mitten in der Wildnis. Korrigier mich bitte, sollte ich mich täuschen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier draußen ein Restaurant gibt.”
Hanna lächelte verschmitzt. “Lass dich einfach überraschen.”
Sie stiegen aus dem Auto, Hanna schulterte den großen Rucksack, den sie mitgebracht hatte, und wandte sich dann an Mikael. “Kommst du?”
Er wirkte alles andere als motiviert, doch schließlich setzte er sich mit einem Seufzen in Bewegung und folgte ihr.
Auch wenn Hanna sich alle Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen – sein Verhalten irritierte sie. Er benahm sich so vollkommen anders als an jenem denkwürdigen Abend. Es war, als hätte sie es plötzlich mit einer ganz anderen Person zu tun. Von dem charmanten Großstädter, der sie mit einem einzigen Lächeln um den Verstand gebracht hatte, war jedenfalls nichts mehr zu spüren. Aber vielleicht gehörte Mikael ja doch zu der Sorte von Männern, die das Interesse an einer Frau verloren, sobald sie sie ins Bett bekommen hatten? Vielleicht langweilte ihn schon der bloße Gedanke an eine Wiederholung? Doch wenn es sich so verhielt, warum hatte er sich dann auf dieses erneute Treffen mit ihr eingelassen?
Sie beschloss, sich davon nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Alles, was zählte, war, dass sie es irgendwie schaffte, Mikael die Schönheit der Natur – speziell des
Trollfjällens
– näher zu bringen. Er musste begreifen, was seine Firma zerstören wollte – nur dann hatte sie eine Chance, ihn von ihren Ansichten zu überzeugen.
Sie passierten einen kleinen Bachlauf, der plätschernd und gurgelnd über Stock und Stein talabwärts floss. An seinem Ufer standen mehrere Bäume, deren Zweige bis zur Wasseroberfläche hinabreichten und diese berührten. Das Zwitschern von Vögeln erfüllte die Luft, und es duftete würzig nach Erde und Holz.
“Ist das nicht ein herrliches Fleckchen Erde?” Hanna reckte das Gesicht den Sonnenstrahlen entgegen, die durch das dichte Blattwerk der Bäume fielen, und schloss die Augen. “Wenn ich hier draußen bin, fühle ich mich wie ein neuer Mensch. Es ist, als würden sämtliche Probleme und Sorgen des Alltags von mir abfallen, und ich bin frei – zumindest für den Augenblick.”
“Unsinn”, murmelte Mikael. Er kniete sich hin, hob einen Stein vom Boden auf und schleuderte ihn im hohen Bogen davon. “Niemand von uns ist jemals wirklich frei. Und wer glaubt, dass ein paar Bäume und Blumen da einen Unterschied machen, ist in meinem Augen ein wirklichkeitsfremder Träumer.”
Hanna runzelte die Stirn. “Was ist dir zugestoßen, das dich zu so einem zynischen Menschen gemacht hat?” Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu einer mächtigen Eiche, deren Äste bis hoch hinauf in den Himmel ragten. “Schließ die Augen, und sag mir, was du hörst.”
Er zögerte kurz, doch dann zuckte er mit den Schultern und schloss die Lider.
“Und?”, fragte sie.
“Ich …” Er schüttelte den Kopf. “Das ist doch albern, ich höre überhaupt nichts!”
“Du musst es zulassen”, drängte Hanna. Sie nahm seine Hand, legte sie auf den rauen Stamm der Eiche. “Fühlst du es denn nicht?”
Er schaute sie an, und in der nächsten Sekunde wurden ihr die Knie weich und ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie schluckte hart, doch es half nichts.
Langsam, wie in Zeitlupe, beugte er sich zu ihr herab, bis sein Gesicht dem ihren ganz nah war. Sie spürte, wie sie vor Verlangen erschauerte. Jeden Moment würden ihre Lippen sich treffen und …
Das Klingeln ihres Handys holte Hanna abrupt wieder in die Realität zurück. Beinahe erschrocken taumelte sie zurück, tastete nach dem Telefon in der Innentasche ihrer Sommerjacke und zog es hervor.
Es war Finja.
Hanna hatte vorhin versucht sie anzurufen, weil sie ihr ein paar Fragen über Audrey stellen wollte. Ihr gingen Malins Worte einfach nicht aus dem Kopf. Sie hatte gesagt, dass Audrey in jener Nacht nicht allein draußen beim
Trollfjällen
gewesen war.
Sie fragte sich, ob Finja vielleicht wusste, mit wem sie sich getroffen haben könnte. Doch das war jetzt nicht so wichtig. Sie drückte den Anruf weg.
“Du hättest ruhig rangehen können”, sagte Mikael, als sie sich ihm wieder zuwandte. Er wirkte unheimlich gelassen. Während sie angesichts des Beinahe-Kusses noch immer ein wenig außer Atem war, schien er völlig unbeeindruckt.
Sie zwang sich zu einem Lächeln. “Es war nur eine Freundin – ich rufe sie
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