Paradies in Gefahr: Mittsommergeheimnis (German Edition)
vereinten Kräften gelingt es uns vielleicht, ihn zu überzeugen.” Mikael lächelte bitter. “Es tut mir leid, Hanna. Ich weiß einfach keinen anderen Weg.”
Sie stiegen ins Auto und fuhren los. Hanna rief zuerst Ruben Dalson an, dann Jenny Haakonsson und Sara Frisk, und bat sie, mit möglichst vielen Leuten zum
Trollfjällen
zu kommen. Zuletzt versuchte sie es bei Peer Almstedt, dem Sohn des Bürgermeisters.
Hanna hatte damit gerechnet, dass Peer extrem gereizt auf die Nachricht reagieren würde. Wie extrem, hatte sie allerdings nicht vorhergesehen.
“Nein!”, stieß Peer hervor. “Nein, das kann nicht wahr sein! Das werde ich nicht zulassen! Diese kapitalistischen Mistkerle werden ihren Frieden nicht stören!”
Irritiert runzelte sie die Stirn. “
Ihren
Frieden? Was meinst du damit? Von wem sprichst du?”
Doch Peer hatte bereits aufgelegt. Nachdenklich ließ Hanna das Handy sinken.
“Stimmt etwas nicht?”, fragte Mikael, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
Hanna zuckte mit den Schultern. “Ich weiß es nicht … Peer war ganz merkwürdig gerade am Telefon.” Und dann fiel es ihr plötzlich wie Schuppen von den Augen.
Natürlich! Peer war der, nach dem sie suchte! Wie hatte sie nur so blind sein können?
Audreys heimlicher Freund war ein Junge aus gutem Hause gewesen, der so sehr unter der Fuchtel seiner Eltern stand, dass er es nicht wagte, seine Liebe öffentlich zu machen. Er war etwas jünger gewesen als Audrey und hatte außerdem Nachhilfestunden bei ihr genommen.
Genau wie Peer Almstedt, der Sohn des Bürgermeisters, der sich neuerdings so auffallend für den Erhalt des
Trollfjällens
engagierte. Warum? Um seinem Vater zu trotzen? Oder weil er fürchtete, dass man bei den Bauarbeiten auf etwas stoßen könnte, das nun schon seit fünfzehn Jahren im Verborgenen lag?
Auf einmal spürte sie, wie sich tief in ihr ein harter, schmerzhafter Knoten bildete. “Mikael, ich habe plötzlich ein ganz ungutes Gefühl. Ich fürchte, Peer wird irgendwelche Dummheiten machen.”
“Was meinst du damit?”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich weiß nicht, was er vorhat. Aber wenn meine Vermutung stimmt, muss er sehr verzweifelt sein.” Hanna umklammerte Mikaels Arm. “Komm, wir müssen uns beeilen!”
Den Zustand, der anderthalb Stunden später auf der Baustelle herrschte, konnte man nur mit einem Wort beschreiben: Chaos. Planierraupen und Bagger standen auf der schmalen Zufahrt, doch die Mitglieder der Protestgruppe – darunter auch Hanna und Mikael – verweigerten ihnen den Zutritt.
Auch Klemens Westerberg war zwischenzeitlich eingetroffen und diskutierte aufgebracht mit seinem Sohn.
Alle waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass niemand den jungen Mann bemerkte, der sich im Schutz des dichten Unterholzes dem
Trollfjällen
näherte. Als er den großen schwarzen Fels erreichte, schlug er einen Haken und kletterte den steilen Geröllhang hinauf, an dessen oberen Ende sich die Straße befand. Als er oben angekommen war, zog er sich den schweren Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und holte ein kleines Paket heraus. Daran befestigte er etwas, das wie eine gedrehte Kordel aussah – doch es war keine harmlose Kordel, sondern eine Zündschnur. Und in dem Paket befand sich ein Sprengstoff, den er sich von einem befreundeten Chemiker an der Uni besorgt hatte.
Noch einmal atmete der Mann tief durch, dann holte er ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche. Doch plötzlich zögerte er. Der
Trollfjällen
ragte mahnend wie ein schwarzer Knochenfinger in den Himmel. Er hatte ihn stets an jene Nacht vor fünfzehn Jahren erinnert – als wäre er in der Lage gewesen, zu vergessen, was geschehen war.
Sie war tot, und es war seine Schuld. Doch zumindest eines konnte er noch für sie tun: Er würde verhindern, dass sie ihren Frieden störten.
Ein für alle Mal.
Er nickte entschlossen
.
“Vater, bitte!”, wandte Mikael sich eindringlich an Klemens Westerberg. “Ich weiß doch, warum du das alles tust. Aber glaubst du wirklich, dass Bengt das gewollt hätte? Er war kein ehrgeiziger Geschäftsmann. Ihm wäre es wichtig gewesen, dass die Menschen hier in Dvägersdal mit dem Hotelprojekt glücklich sind. Bengt hätte nicht versucht, einfach seinen Willen durchzusetzen.”
Hanna, die Mikaels Hand hielt, hörte nur mit einem Ohr zu. Während die anderen miteinander diskutierten, hielt sie nach Peer Ausschau.
Er musste irgendwo hier in der Nähe sein, sie spürte es. Aber wo?
Suchend ließ sie ihren
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