Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
dass dies eine hässliche Sache wird.«
    »Hat man den Täter schon gefasst?«
    »Nein«, antwortete Melrose kurz.
    Mr Sattersways geübtes Ohr spürte eine winzige Zurückhaltung hinter dieser knappen Verneinung. Er begann, in seinem Gedächtnis zu kramen, was er über die Dwightons wusste.
    Ein hochmütiger alter Knabe war Sir James gewesen, immer barsch und kurz angebunden. Ein solcher Mann schafft sich leicht Feinde. Er ging auf die sechzig zu, hatte graues Haar und eine rosige Gesichtsfarbe und stand in dem Ruf, äußerst geizig zu sein.
    Vor Sattersways geistigem Auge erschien Lady Dwighton, jung, schlank, mit kastanienbraunem Haar. Er erinnerte sich an gewisse Gerüchte, Vermutungen, gehässigen Klatsch. Das war es also, was Melrose nicht gefiel. Doch dann riss sich Sattersway zusammen – seine Phantasie ging wieder einmal mit ihm durch.
    Fünf Minuten später saß er neben seinem Gastgeber in einem kleinen Zweisitzer, und sie fuhren hinaus in die Nacht.
    Der Oberst war ein wortkarger Mensch. Fast anderthalb Meilen hatten sie schon zurückgelegt, als er unvermittelt fragte: »Sie kennen sie, nehme ich an?«
    »Die Dwightons? Selbstverständlich, ich weiß alles über sie.« Wen gab es schon, über den Mr Sattersway nicht alles wusste? »Ihn habe ich, glaube ich, einmal getroffen, sie des Öfteren.«
    »Hübsche Frau«, sagte Melrose.
    »Eine schöne Frau!«, stellte Mr Sattersway fest.
    »Glauben Sie?«
    »Eine Gestalt wie aus der Renaissance«, bekräftigte Mr Sattersway, sich an dem Thema erwärmend. »Ich habe sie in einer Theateraufführung erlebt – die Wohltätigkeitsveranstaltung, erinnern Sie sich, im letzten Frühjahr. Sie hat mich sehr beeindruckt. Es ist nichts Modernes an ihr – sie wirkt wie aus vergangenen Zeiten. Man kann sie sich gut in einem Dogenpalast vorstellen oder als Lucretia Borgia.«
    Der Wagen machte einen leichten Schlenker, und Mr Sattersway schwieg abrupt. Wie war er nur auf den peinlichen Vergleich mit Lucretia Borgia gekommen? Unter den gegebenen Umständen… »Dwighton wurde doch nicht etwa vergiftet?«, fragte er übergangslos.
    Melrose warf ihm einen leicht verwunderten Blick zu. »Darf ich wissen, warum Sie das fragen?«
    »Oh, ich… ich weiß nicht«, antwortete Mr Sattersway verwirrt. »Es… es kam mir nur gerade so in den Sinn.«
    »Nein, er wurde nicht vergiftet«, erklärte Melrose düster. »Wenn Sie es genau wissen wollen: Man hat ihm den Schädel eingeschlagen.«
    »Mit einem stumpfen Gegenstand«, murmelte Mr Sattersway und wiegte wissend den Kopf.
    »Reden Sie doch nicht wie in einem verdammten Kriminalroman, Sattersway! Er wurde mit einer Bronzefigur erschlagen.«
    »Aha«, sagte Sattersway und versank wieder in Schweigen.
    »Haben Sie schon mal was von einem Burschen namens Paul Delangua gehört?«, fragte Melrose nach einer Weile.
    »Ja. Gut aussehender junger Mann.«
    »Ich kann mir vorstellen, die Frauen halten ihn dafür«, knurrte der Oberst.
    »Sie können ihn nicht leiden?«
    »Nein.«
    »Und ich war vom Gegenteil überzeugt. Er ist doch ein sehr guter Reiter.«
    »Benimmt sich aber wie alle Ausländer beim Reiten. Steckt voll alberner Streiche.«
    Mr Sattersway unterdrückte ein Lächeln. Der gute alte Melrose war so typisch britisch in seinen Ansichten. Als Kosmopolit, für den Sattersway sich hielt, konnte er über die provinzielle Art mit der seine Landsleute auf Fremde herabsahen, nur lächeln.
    »Ist Delangua hier in der Gegend?«, fragte er.
    »Er hielt sich auf Alderway bei den Dwightons auf. Man munkelt, dass Sir James ihn vor einer Woche rausgeworfen hat.«
    »Warum?«
    »Hat ihn erwischt, als er seiner Frau den Hof machte, nehme ich an. Was zum Teufel…«
    Der Wagen geriet durch plötzliches Bremsen ins Schleudern, dann krachte es.
    »Sehr gefährliche Kreuzungen, hier in England«, meinte Melrose. »Trotzdem, der andere hätte hupen müssen. Wir sind auf der Hauptstraße und haben Vorfahrt. Ich glaube, dass er mehr abgekriegt hat als wir.«
    Er stieg aus. Aus dem anderen Wagen tauchte gleichfalls eine Gestalt auf, die auf den Oberst zuging. Sattersway konnte Bruchstücke ihres Gespräches verstehen.
    »Ich fürchte, das war ganz und gar mein Fehler«, sagte der Fremde. »Aber ich bin fremd hier, und es war absolut nicht zu erkennen, dass Sie sich auf einer Vorfahrtsstraße näherten.«
    Der Oberst war besänftigt. Die beiden Männer beugten sich über den fremden Wagen, den ein Chauffeur bereits untersuchte. Das Gespräch verlor sich in

Weitere Kostenlose Bücher