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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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müssen.
    Er ließ den Blick über die Redaktion schweifen. Die tägliche Arbeit war in vollem Gange. Reporter telefonierten, Redakteure hämmerten auf Tastaturen, betrachteten, werteten aus, änderten, die Mäuse klickten. Gleich würde er die fünfundvierzig Meter zum geräumigen Eckzimmer des Chefredakteurs zurücklegen, ein Mann der Macht, und wo er vorbeiging, würden Gespräche unterbrochen, Blicke geschärft, Rücken gestreckt werden.
    Wozu waren die Männer der Macht fähig, wenn es darum ging, ihre Macht zu sichern?
    Er sah aus dem Augenwinkel, dass sich die Herren versammelten, die flanellgekleideten Rücken bewegten sich auf die Räume der Zeitungsleitung zu, wo der Korridor gepflegt war und die Zimmer Aussicht und viel Platz hatten. Er folgte ihnen, und als er den Raum betrat, setzten sich die anderen, warteten, verstummten.
    »Wir fangen sofort an«, sagte er und sah Sjölander an. »Kriminalredaktion. Wie entwickelt sich die Geschichte mit der jugoslawischen Mafia? Hatte die Frau aus Bosnien, die auf dem Sergels Torg ermordet worden ist, etwas mit der Sache zu tun?«
    Alle Blicke wanderten von ihm zu Sjölander, der sich aufrichtete.
    »Vielleicht«, sagte der Leiter der Kriminalredaktion. »Die beiden Leichen aus dem ausgebrannten Sattelschlepper konnten identifiziert werden. Es waren zwei junge Männer aus einer Unterkunft für Asylbewerber in Väsby, in Uppland, nördlich von Stockholm, sie waren neunzehn und zwanzig Jahre alt. Sie wurden schon eine ganze Weile vermisst, und sowohl die Polizei als auch die Leitung der Unterkunft haben geglaubt, die beiden wären abgehauen, um einer bevorstehenden Abschiebung zuvorzukommen. Was offensichtlich nicht der Grund ihres Verschwindens gewesen ist. Einen der Männer konnte man anhand seiner Zähne identifizieren, da er seit seiner Ankunft in Schweden schon einmal beim Zahnarzt gewesen ist. Bei dem anderen ist man sich noch nicht hundertprozentig sicher, aber alles deutet darauf hin, dass es sich um den ebenfalls verschwundenen Kumpel des Ersteren handelt. Die Polizei glaubt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Frau auf dem Platz und den Männern geben könnte.«
    »Wieso das?«, erkundigte sich Schyman. »Stammten sie denn auch aus Bosnien?«
    »Nein«, antwortete Sjölander, »sie waren Kosovo-Albaner. Aber Aida, die ermordete Frau, hat in der gleichen Unterkunft gewohnt. Das ist zwar schon lange her, aber das dortige Personal hat angegeben, sie sei des Öfteren zu Besuch gekommen. Sie könnte die beiden Männer dort kennen gelernt haben.«
    Der Redaktionsleiter lehnte sich zurück.
    »Was sagt uns das?«, fragte er. »Was ist das hier eigentlich für eine Geschichte?«
    Alle sahen ihn schweigend, abwartend, unsic her an. Er betrachtete sie der Reihe nach, die Flanelllappen, die Leitartikler, die Leiter der Ressorts Unterhaltung, Gesellschaft, Leserforum, Sport, Bild und dann Torstensson.
    »Es hat jetzt fünf Morde in gut einer Woche gegeben«, sagte er.
    »Alle diese Morde sind extrem spektakulär gewesen. Zuerst sind die beiden jungen Männer im Freihafen aus großer Entfernung mit einer großkalibrigen Jagdwaffe durch Kopfschüsse getötet worden.
    Dann haben wir die beiden armen Teufel in dem Sattelschlepper, die man zu Tode gefoltert und Stück für Stück erschlagen hat, und zuletzt die Frau auf dem Sergels Torg, hingerichtet mit einem Nackenschuss unter fünftausend Zeugen. Was sagt uns das?«
    Alle starrten ihn an.
    »Macht«, sagte er. »Wir haben es mit einem Machtkampf zu tun.
    Vielleicht geht es um Geld oder um politischen und kriminellen Einfluss, aber es geht um die Macht über Leben und Tod. Ich glaube, das Ganze wird noch weitergehen. Sjölander, ich will, dass wir an der Sache dranbleiben.«
    Alle nickten, alle waren seiner Meinung, er registrierte das sehr genau.
    Macht. Er war dabei, die Sache in den Griff zu bekommen.
    Die Decke schwebte über ihr und schimmerte im Dunkeln. Eine Sekunde lang lag sie da, fragte sich, wo sie eigentlich war, und gab sich dem Rausch und dem Gefühl vollkommener Seligkeit hin, bis ihr klar wurde, was nicht stimmte.
    Annika setzte sich im Bett auf und legte ihre Hand auf das Kissen neben sich, um sich zu vergewissern, dass er wirklich nicht da war.
    Kalt und schneidend schlug die Leere zu.
    Er war gefahren, nach Hause gefahren zu seiner Frau, die Eleonor hieß, Eleonor Samuelsson.
    Sie fuhr aus dem Bett, um nachzusehen, ob er ihr eine Nachricht hinterlassen hatte, ein paar Worte über ihre Begegnung oder

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