Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
gereizt und stand auf.
    »Jetzt hören Sie mir doch erst einmal zu«, sagte sie. »Ich habe mich versteckt, und während ich noch da war, kam Thomas Samuelsson zu dem Haus, der Verwaltungsmensch aus Vaxholm. Er war rasend vor Wut wegen einer Rechnung, die Rebecka Björkstig ihm an diesem Morgen gefaxt hatte. Die Klientin, für die sie das Honorar haben wollte, war bereits tot!«
    Es wurde still. Annika hatte das Gefühl, dass der Name Thomas Samuelsson in der Stille weiterhallte, dass ihre Stimme seltsam geklungen hatte, als sie seinen Namen aussprach, dass sie eigenartig voll und warm geworden war.
    »Fahren Sie fort«, sagte Schyman. »Was ist dann passiert?«
    Sie räusperte sich.
    »Sie haben den Typen von der Gemeindeverwaltung niedergeschlagen, ihn in einer Abstellkammer eingeschlossen und sind losgegangen, um ein Auto zu holen. Ich habe ihn rausgelassen und zur Notaufnahme gefahren.«
    »Mein Gott, die sind ja gewalttätig! Annika, Sie fahren da nicht noch einmal hin, hören Sie!«
    Sie kratzte sich an der Stirn und tastete die Schürfwunden ab, die von der Spiralfeder unter dem Bett herrührten, zögerte und beschloss, nichts von Aida zu erzählen.
    »Okay«, sagte sie.
    »Wir müssen diese Geschichte bald bringen«, meinte Schyman.
    »Was brauchen Sie noch, um sie schreiben zu können?«
    Annika dachte nach.
    »Kommentare verschiedener Personen, Interviews mit Juristen und Sozialarbeitern, die Aktivitäten der Stiftung müssen in einen größeren Zusammenhang gestellt werden. Das wird etwas dauern.
    Rebecka Björkstig muss natürlich auch die Möglichkeit erhalten, auf die Kritik zu reagieren.«
    »Dieser Typ von der Verwaltung, glauben Sie, dass er redet?«
    Ihre Stimme wurde wieder sanft.
    »Thomas Samuelsson? Das wird er vielleicht tun.«
    »Können Sie Kontakt zu anderen Beamten aufnehmen?«
    Sie schloss die Augen und dachte nach.
    »Ich habe ein paar Rechnungen gesehen, das war zwar nicht unbedingt legal, aber ich konnte mir einige der zuständigen Personen merken. Helga, Helga Axelsson glaube ich, in… Österåker.
    Und dann noch jemand in Nacka, Martin Soundso… was mit -lius, davon kann es nicht so viele geben. Den Rest konnte ich nicht mehr durchsehen, es war alles ein wenig stressig.«
    »So etwas nennt man eigenmächtiges Vorgehen und Hausfriedensbruch«, sagte Schyman, und Annika konnte nicht heraushören, ob er zufrieden oder bekümmert war.
    »Ja«, stimmte Annika zu, »wenn man erwischt wird, aber ich habe mir mit einem Schlüssel Zugang verschafft und keine Spuren hinterlassen.«
    »Haben Sie Handschuhe getragen?«
    Sie antwortete nicht. Sie hatte keine Handschuhe getragen, und ihre Fingerabdrücke waren bei der Polizei gespeichert.
    »Ich glaube nicht, dass Rebecka Björkstig die Polizei rufen wird«, sagte sie.
    »Brauchen Sie Hilfe bei den Recherchen?«, erkundigte sich der Redaktionsleiter.
    Jedenfalls nicht von Eva-Britt Qvist, dachte sie.
    »Ich würde gern mit Berit Hamrin zusammenarbeiten«, erwiderte sie.
    »Ich werde Berit bitten, Sie anzurufen«, sagte er.
    »Okay.«
    Stille. Sie ahnte, dass am anderen Ende der Leitung nachgedacht wurde.
    »Wir machen Folgendes«, sagte Anders Schyman. »Ich werde Sie für die nächste Schicht von der Nachtarbeit befreien. Sie ruhen sich den Rest der Woche aus und kommen am Montag wieder und arbeiten tagsüber, bis die Artikel fertig sind, geht das in Ordnung?«
    Annika schloss die Augen, atmete auf, und ein Lächeln stieg aus ihrem tiefsten Inneren auf.
    »Klar.«
    Sie flog regelrecht zum Bahnhof, tanzte, ohne den Boden zu berühren, spürte den schneidenden Wind nicht. Sie war am Ziel.
    Jetzt würde sie wieder Reporterin werden, das hatte sie im Gefühl.
    Sie würde Interviews machen, Artikel schreiben, die Machthaber unter die Lupe nehmen, Korruption und Skandale aufdecken, die Perspektive der kleinen Leute in den Vordergrund stellen, sich auf die Seite der Benachteiligten schlagen.
    Im Zug saß sie so, dass sie entweder auf die Gepäckablage oder die vorbeirauschenden braungrünen Nadelbäume starren konnte. Sie schloss die Augen, der Zug ratterte.
    Tho-mas Tho-mas, Tho-mas Tho-mas, Tho-mas Tho-mas.
    Ihr Jubel versiegte, stattdessen kam die Wut, die Kränkung. Er hatte nicht angerufen. Er hatte ihr keine Nachricht hinterlassen.
    Er hatte sie schlafend im Bett verlassen, ohne ein Wort zu sagen.
    Hatte er sie angesehen, ehe er ging? Hatte er ihr über die Wange gestrichen? Was hatte er gedacht, gefühlt? Scham, Reue? Seligkeit, berauschenden

Weitere Kostenlose Bücher