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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die Leute war er ein Ewiggestriger, der sich im Kosovo nicht seiner Verantwortung gestellt hatte, für seine Vorgesetzten war er der Mann, der eine Ladung im Wert von fünfzig Millionen Kronen verschlampt hatte.
    Die Arbeiter in der Fabrik, in der die Schmuggelware produziert wurde, mussten seinetwegen auf ihren Lohn verzichten. Die ganze Organisation verlor an Schwung. Jetzt mussten alle doppelt so hart arbeiten, um den Verlust nach dem Fehler, seinem Fehler, wieder auszubügeln. Was waren dagegen schon die Säuberungen, die zehn Jahre zurücklagen?
    Er trat in die Pedale, verdammt, waren das Hügel, das hatte er ganz vergessen, sie waren steil, moosbewachsen und tückisch.
    Sie hatten geglaubt, er würde aufgeben und der Haftbefehl aus Den Haag würde ihn dazu veranlassen, sich in irgendeinem elenden Vorstadtloch zu verkriechen und für den Rest seines Lebens einmal in der Woche zum Fußball zu gehen, irgendwelche Flittchen zu bumsen und Slibowitz zu trinken, aber von wegen.
    Er stand jetzt auf eigenen Beinen, war sein eigener Auftraggeber.
    Er tat, wonach ihm der Sinn stand.
    Sollte sie doch ruhig zu Hause hocken, seine verdammte, verräterische Hure von Frau, und darüber nachgrübeln, wer in Zukunft ihre Klamotten und Drinks bezahlen würde.
    Die Rückreise von Stockholm nach Belgrad vor einem Monat war reibungslos verlaufen. Niemand zog seinen Pass in Zweifel, und die Männer erwarteten ihn wie geplant in Skopje. Die Autofahrt nach Belgrad war so entsetzlich langweilig wie immer, aber mit Slibowitz im Leib verging sie schneller. Sie waren alle ziemlich abgefüllt, als sie schließlich ankamen. Niemand hatte einen Gedanken daran verschwendet, seinen Pass zurückzufordern.
    Anschließend wurde er aufs Abstellgleis geschoben. Seine Vorgesetzten nahmen keinen Kontakt mehr zu ihm auf. Wollte er Leibwächter haben, musste er sie selber engagieren und aus eigener Tasche bezahlen.
    Die Verbitterung nagte an ihm, und er trat fester in die Pedale.
    Das sind doch Weichlinge, dachte er, die haben doch gar keine Ahnung, wie es ist, auf dem Schlachtfeld zu operieren. Sie wissen nicht, wie man im feindlichen Lager überlebt.
    Jetzt ging es bergab, und er kam wieder zu Atem. In dem schneidenden Wind kehrte sein Triumphgefühl zurück.
    Wie er sie hereingelegt hatte! Er war einfach auf und davon, ohne dass sie die geringste Ahnung davon hatten. Niemand wusste, wohin er unterwegs war, er hatte sich in Luft aufgelöst.
    Der Mitarbeiter des Roten Kreuzes, Runar Aakre, hatte in Belgrad ein Auto gemietet, um einen Ausflug nach Ungarn zu machen.
    An der Grenze erklärte er auf Englisch, dass er nach Szeged fahren müsse, um ein paar Sachen zu besorgen, und nur ein paar Stunden bleiben werde. Er hatte alle nötigen Papiere zur Hand, die grüne Karte und eine international gültige Versicherung. Der Zollbeamte hatte ihn eingehend betrachtet und mit einer Taschenlampe in den Wagen geleuchtet. Auf dem Beifahrersitz lag eine fünfundzwanzig Tage alte Ausgabe der norwegischen Abendzeitung
Verldens Gang,
was der Zollbeamte jedoch nicht bemerkte. Ratko hatte sie seit seinem Abflug vom Osloer Flughafen aufbewahrt, weil er ahnte, dass er noch Verwendung für sie haben würde.
    Sie hatten ihn durchgewunken.
    Er blieb natürlich nicht in Szeged, sondern fuhr weiter nach Budapest. Dort schlief er ein paar Stunden auf der Rückbank, ehe er das Auto auf einem Parkplatz vor einem Möbelhaus stehen ließ.
    In einem Postfach im Stadtzentrum warteten die Tickets auf ihn.
    Er hatte sie von einem Telefon in einer Bar aus gebucht, mit einer sauberen Kreditkarte bezahlt und als Adresse das Postfach angegeben. Das hatte er auch früher schon benutzt.
    Der Wind drehte und wurde stärker, traf ihn von der Seite. Die Räder brachen im Schneematsch aus, er stöhnte. Na ja, die Kälte konnte er jetzt gelassen sehen, bald würde er sie für immer hinter sich lassen. Seine neue Aufgabe würde ihn an Orte führen, an denen noch nie Schnee gefallen war. Es kam jetzt nur darauf an, alles zu organisieren: die Finanzierung, die Kunden, die Mitarbeiter.
    Natürlich war es idiotisch, Serbien zu verlassen, wenn Den Haag einem auf den Fersen war. Niemand glaubte, dass er auf eine solche Idee käme, alle erwarteten, dass er in seinem Vorstadtloch verrottete. Aber es war kein Problem, ungesehen durch Westeuropa zu reisen, solange man Intercitys benutzte. Die Bummelzüge aus dem Osten kamen nicht in Frage, aber die Pendelzüge der Geschäftsleute zwischen den europäischen

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