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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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missvergnügten Mienen hellten sich jedoch rasch wohlwollend auf, als sie sahen, dass es Carl Wennergren war.
    »Schieß los, verdammt«, sagte Sjölander.
    Der Reporter setzte sich auf den Schreibtisch des Leiters der Kriminalredaktion.
    »Es geht um die Morde im Freihafen«, sagte er. »Ich habe da einen Supertipp bekommen.«
    Sjölander und der Nachrichtenchef ließen die Füße auf den Fußboden fallen und richteten sich auf.
    »Und was?«, fragte Ingvar Johansson.
    »Ich habe gerade mit einem Bullen geredet«, fuhr Carl Wennergren leise fort. »Sie glauben, dass Ratko hinter der Sache steckt.«
    Die älteren Männer betrachteten den Jüngeren abwartend.
    »Warum?«, wollte Sjölander wissen.
    »Ihr wisst schon«, sagte Calle Wennergren, »die Mafia, Jugoslawen, verschwundene Zigaretten, das riecht förmlich nach Ratko.«
    »Mit wem hast du geredet?«
    »Einem Typen von der Kripo.«
    »Hast du ihn angerufen oder er dich?«
    Der Reporter hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Er hat angerufen, wieso?«
    Sjölander und Ingvar Johansson warfen sich einen raschen Blick zu.
    »Okay«, sagte der Leiter der Kriminalredaktion. »Was wollte der Polizist von dir?«
    »Uns den Tipp geben, dass Ratko hinter der Sache steckt, sie suchen im Moment wie verrückt nach ihm. Die Polizei möchte, dass wir seinen Namen und sein Bild bringen.«
    »Wird offiziell nach ihm gefahndet?«
    Der Reporter runzelte die Stirn.
    »Davon hat der Typ von der Kripo nichts gesagt, nur, dass sie nach ihm suchen.«
    »Daraus können wir was machen«, meinte Ingvar Johansson und machte sich Notizen. »Wir werden Folgendes tun. Sjölander stellt die Hintergrundinformationen zu Ratko zusammen, und du machst die Runde in den jugoslawischen Lokalen und sammelst diese Nacht Kommentare von den Leuten dort. Damit können wir die erste Seite füllen und auch noch einen Aushänger daraus machen.«
    »Also los!«, sagte Calle Wennergren und sauste zum Fototisch.
    Seine beiden Vorgesetzten sahen dem Reporter nach, bis er verschwunden war.
    »Wusstest du das?«, fragte Ingvar Johansson.
    Sjölander seufzte und legte seine Füße wieder auf den Schreibtisch.
    »Die Polizei hat nicht die Bohne einer Spur. Die toten Männer waren neu hier, gerade erst aus Serbien eingeflogen. Es gab keine Zeugen, niemanden, der reden kann. Ich weiß nicht, warum, aber offensichtlich wollen die Bullen Ratko aufscheuchen.«
    »Hat er was mit der Sache zu tun?«
    Sjölander lachte auf.
    »Natürlich hat er das, er kontrolliert den gesamten jugoslawischen Zigarettenhandel in Skandinavien. Er ist vielleicht nicht selber für die Morde verantwortlich, hat aber garantiert seine Finger in der Sache.«
    Die Männer saßen noch ein paar Minuten in Gedanken versunken zusammen und kamen schließlich zu dem gleichen Schluss.
    »Das Gerücht haben die Bullen sicher bewusst gestreut«, meinte Ingvar Johansson.
    »Todsicher«, stimmte Sjölander zu.
    »Aber warum?«, überlegte der Nachrichtenchef.
    Der Leiter der Kriminalredaktion zuckte mit den Schultern.
    »Die Bullen sitzen auf dem Trockenen und wollen ein bisschen Staub aufwirbeln. Entweder versuchen sie, Ratkos Position zu untergraben, oder sie wollen sie stärken, uns kann das egal sein.
    Wenn ein Kripobeamter an uns herantritt und verkündet, dass sie nach Ratko suchen, ist das einen Aushänger wert.«
    Sie nickten einander zu.
    »Sagst du Jansson Bescheid?«, fragte Sjölander.
    Ingvar Johansson stand auf und ging zum Nachtdesk.
    Eine schwache Lampe in einer Ecke des Raums verbreitete gelbliches Licht. Ein EKG piepste rhythmisch und eintönig. Sofia Katarina war an Leitungen und Schläuche angeschlossen. Ihr Körper sah eingefallen und vertrocknet aus unter der dünnen Decke, so still und klein. Annika ging zu ihr und strich ihr über das Haar. Ihr fiel auf, wie ungeheuer alt sie einem nun erschien.
    Wie seltsam. Sie hatte ihre Großmutter nie als eine alte Frau gesehen.
    »Wie sie aussieht«, sagte ihre Mutter. »Sieh dir mal den Mund an.«
    Der rechte Mundwinkel hing herab, ein wenig Speichel lief auf den Hals hinab. Annika nahm ein Taschentuch und wischte ihn weg.
    »Sie schläft jetzt«, meinte die Ärztin. »Sie können gern noch einen Moment bei ihr bleiben.«
    Daraufhin verließ sie den Raum, und die Tür schloss sich mit einem Luftzug.
    Sie setzten sich zu beiden Seiten des Bettes, Annikas Mutter hatte immer noch ihren Pelz an. Der Raum war voller Krankenhausgeräusche, das Säuseln der Klimaanlage, die elektronischen Klänge der

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