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Paradiessucher

Paradiessucher

Titel: Paradiessucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Dumont
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nicht weg. Was denkt sich der Idiot? In Polen ist das vielleicht üblich, aber nicht bei uns. »Niemals!«, füge ich entschieden hinzu.
    Doch es wird immer anstrengender. Unter dem Mantel versteckt, wird Benny von uns zum Gassigehen rausgetragen, in sichere Entfernung. Nach dem Gassigehen wiederholt sich das Theater, damit uns der blöde Glatzkopf nicht sieht. Benny ist klein, wir machen es lange so. Und es gibt noch die Hoffnung, dass das Versteckspiel eines Tages ein Ende hat. Schließlich gehen wir hier irgendwann mal weg, und vielleicht ist es bald.
    An einem Sonntag hören wir die Chefin, wie so oft, auf dem Hof herumbrüllen. Der kleine Pole steht vor ihr mit seinem Eimerchen, wie ein armer Diener, der gerade von seiner Herrin bestraft wird. Von einer bösen Herrin natürlich. Einer Tyrannin. Pah. Wir können es gut aus dem Fenster beobachten. Sie versprüht ihren Hass ausgezeichnet, keiner wagt es, den Fuß aus dem Gebäude zu strecken. Plötzlich gefriert mir das Blut in den Adern, als ich das Wort »Hund« aus dem mit schlechtem Lippenstift beschmierten Mund der Alten höre. Das Vieh müsse sofort verschwinden, sie werde den Köter vergiften, ihren Schäferhund auf ihn hetzen, die Polizei rufen, die ihn dann ins Tierheim stecken und ihn dort hoffentlich gegen die Wand schmeißen werde. Das berichten mir einige Hausbewohner, die ein wenig besser Deutsch verstehen.
    Auf Zehenspitzen schleichen wir mit Benny unter dem Mantel hinaus, bleiben viele Stunden mit ihm in der Natur und zittern vor der Rückkehr. Jeder Tag, der vergeht, ist für uns ein Sieg über diese Hexe, jeder Tag, den wir in diesem Haus verbringen, bringt uns unserer Erlösung näher.
    Freunde raten uns, das Tier abzugeben. Das kommt nicht infrage, wir hängen an dem Hündchen wie an einem Kind.
    Ein paar Wochen vergehen. Dann steht die Polizei vor unserer Tür. Mir wird übel, ich weiß, was das bedeutet, nichts Gutes, sicherlich geht es um Benny. Die Fascho-Kuh hat die Bullen auf uns gehetzt. Die Polizeibeamten sprechen freundlich zu uns, hören sich geduldig unser Flehen an, oder das, was davon zu verstehen ist, gehen dann aber resolut in unser Zimmer und reißen meiner Mutter den Hund aus dem Arm. Es spielt sich eine dramatische Szene ab. Mutter weint hysterisch, flucht, schreit ihnen nach, stampft mit den Füßen. Ich stehe gehemmt daneben, laufe ihnen schließlich nach, flehe sie an wie eine Wilde. Benny zappelt, will sich losreißen, ich resigniere, hocke mich an die versiffte Wand. Sie tragen unseren Hund durch die Gänge des verdammten Asylantenlagers weg, als wäre dieses Scheißloch ein Grand Hotel, in dem man sich fürchten muss, dass das Tier cremefarbene Teppiche verunreinigt. Draußen höre ich Streit mit anderen Asylbewerbern, die rührend versuchen, die Beamten zu überreden oder aufzuhalten. Ich weiß es nicht genau. Nichts hilft. Ich rappele mich noch mal auf, will aufs Neue Widerstand leisten, sehe aber nur noch einen gerade losfahrenden Polizeiwagen.
    Benny ist weg. Für immer. Wo er landet, wissen wir nicht. Es ist eine scheußliche, schmerzhafte und beängstigende Erfahrung mit diesem verfluchten Land. Ich will die Frau töten. Müde vor Schmerz und Verwirrung falle ich abends ins Bett und überlege mir, wie ich diese Hexe bestrafen könnte. Leiden soll sie, unglücklich soll sie sein (was sie ohnehin wahrscheinlich schon ist, bei so viel Hass). Tausend Folterarten gehen mir durch den Kopf, bis sich die Mordgelüste abschwächen und auf den lausigen Wunsch reduzieren, sie möge eine Woche Durchfall kriegen.
    Benny ist tatsächlich weg.
    Benny ist noch lange danach das Gesprächsthema Nummer eins, wochenlang grübeln wir, überlegen, was Benny wohl macht, wo er lebt, ob er überhaupt noch lebt. Diese Ungerechtigkeit hätten sich die Polizeibeamten und die KZ-Aufseherin sparen können. Es hätte gereicht, ein Mal weniger deutsch zu sein, ein Mal weniger ordentlich. Ein Mal an uns zu denken und daran, was es heißt, wenn sie einem das geliebte Tier aus dem Arm reißen. Das hätte reichen müssen, um eine Ausnahme zu machen. Sie könnten doch ein überdimensionales Plakat aufhängen, mit der Aufschrift:
    Ab sofort sind alle weiteren Tiere im gesamten Gebäude und in der Umgebung absolut verboten!!!!! Ohne Ausnahme!!!!
    Dann würden sicher keine weiteren Haustiere angeschleppt werden.
    Sie ahnen nicht, welchen Kummer sie uns bereiten. Die Beschwerdebriefe, die wir in unserem miserablen Deutsch an das Berchtesgadener

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