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Paradiessucher

Paradiessucher

Titel: Paradiessucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Dumont
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Marians Zorn, den ich soeben kennengelernt habe, als er mit Christa stritt.
    Marian kommt zurück, findet mich mit verheultem Gesicht auf dem gleichen Platz vor, auf dem er mich vor einer halben Stunde verlassen hat.
    »Mein Schatz …«
    »Nenn mich nicht ›mein Schatz‹! Das hast du von ihr gelernt.«
    »Was habe ich gelernt?!«
    »Schatz.«
    »Leniçko, ich weiß gar nicht, was die hier will. Sie kommt einfach so unangemeldet …«
    »Deine Freundin aus München kommt mal gucken, was ihr Freund so treibt … das ist nichts Ungewöhnliches, oder?«
    Mein weibisches Schluchzen ist bedauerlicherweise nicht aufzuhalten.
    »Nein, nein, nein. Ich hab ihr gesagt, dass ich nichts mehr mit ihr zu tun haben möchte, aber sie läuft mir trotzdem nach. Da kann ich auch nichts machen. Es tut mir leid.«
    »Ich habe gehört, dass du seit Jahren mit ihr zusammen bist. Ich bin nur eine kleine Zerstreuung«, sage ich kleinlaut.
    »Wer hat das gesagt?«
    Ich heule weiter. Es war nicht klug, den Slowaken zu verpetzen.
    »Sag mir, wer das gesagt hat«, fährt mich Marian an.
    Ich glaube, in diesem Moment fangen die slowakischen Pobacken an zu zittern.
    »Wie, wer das gesagt hat? Ich habe es so verstanden. Ist doch egal«, versuche ich mich rauszureden.
    »Das ist nicht egal.«
    Seine Stimme klingt unangenehm bedrohlich. »Wer erzählt hier so was?«
    Ein Scheißmacho ist er. Ein Scheißmacho. Alle müssen ihn decken, für ihn lügen, als wäre er ein Mafioso.
    »Ich weiß es nicht, Marian … Er ist schon weg.«
    »War es der Jugoslawe, der gerade rausgegangen ist?«
    »Nein, nein, der, der war’s nicht. Es war … es war, der Rumäne, glaube ich. Das ist doch wurscht, Marian.« Und damit steige ich vom Sofa und gehe zum Albaner, der still mit geballter Faust am Bettrand sitzt, um bei ihm eine Zigarette, meine vierte heute, zu schnorren. Marian lässt mich nicht aus den Augen.
    »Rumäne?«
    »Ja … ein Rumäne.«
    Der Albaner beginnt sofort eine Zigarette zu drehen, als ich ihm pantomimisch zeige, was ich will, und der dumme Slowake, der tatsächlich gequatscht hat, mischt sich plötzlich ein.
    »Hier gibt es keine Rumänen.«
    Offensichtlich sucht er Streit. Marian springt sofort darauf an.
    »Lenko, hier in diesem gottverdammten Haus hat niemals ein Rumäne gesteckt! Es gibt keine Rumänen in Königssee! Raus mit der Sprache!«
    Ich will hier keine Sekunde länger bleiben und gehe auf die Tür zu. »Dann ein Eskimo!«
    Als ich die Tür hinter mir zuschlage, steht Christa dicht vor mir, wie ein Gespenst in den vielen schlechten Horrorfilmen, die ich mir im »Alpgarten« reingezogen habe. Ich schreie laut auf. Sie packt mich eilig am Arm und sagt so was wie: »Komm, ich möchte mit dir sprechen. Wir machen eine Spazierfahrt.«
    Vom Regen in die Traufe, denke ich. Hinter mir findet gleicht eine Schlägerei statt, und vor mir will mir eine eifersüchtige Tussi ein Messer zwischen die Rippen rammen.
    »Ich muss Pullover …« Ich fasse ihren Pullover an, sie entzieht sich mir, denkt wahrscheinlich etwas völlig Falsches. Dabei möchte ich ihr nur sagen, dass ich keinen Bock habe, im T-Shirt in die Kälte zu gehen.
    »Wie bitte?«
    »Eine Moment bitte, kalte.« Ich spiele frieren vor, klopfe mir wie eine Chargenschauspielerin auf die Schultern und brumme »Brrr«, um ihr das Verständnis zu erleichtern. Im Treppenhaus treffe ich Mutter. Das hat mir noch gefehlt. Sie ist besorgt.
    »Leno, was ist passiert! Ich weiß alles!«
    »Wie das!? Über Satellit?«
    Ich renne an ihr vorbei und sie hinter mir her. Drei rennende Furien. Mein Herz klopft vor Aufregung, als wäre ich in einem Krimi. Schon lange war im Lager nicht mehr so viel los.
    »Mach dich nicht über mich lustig, du Hosenscheißer!«, keift sie mir nach und versucht mich einzuholen.
    In ihren Satinpantoffeln mit Puscheln hat sie keine Chance.
    »Dann frag nicht, wenn du alles weißt. Christa will mit mir sprechen, oder so was. Ich gehe kurz mit ihr weg.«
    Mittlerweile sind wir im dritten Stock angelangt, wo unser Zimmer liegt. Christa steckt noch ein Stockwerk tiefer.
    »Was? Das kommt nicht infrage!«
    Wir stürzen ins Zimmer, Mutter schließt die Tür hinter uns, dreht den Schlüssel um. Völlig hysterisch, die Frau. Sie würde den Schlüssel aus dem Fenster werfen, hätte sie nicht die Vorahnung, dass ich sie daran hindern würde. Wahrscheinlich in der Glotze abgeguckt. »Wieso denn nicht?«
    »Keine Diskussion!«
    »Mama, bitte, warum nicht?«
    Ich bin dabei, meine Jacke

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