Paraforce 3 - Jagd auf einen Totengeist
ist es verdammt groß.«
»Denken Sie, dass Eichinger tot ist?«
»Ich befürchte es, ja. Er wäre ein Zeuge gewesen, das konnte Nenth doch überhaupt nicht zulassen. Die Frage ist nur, wie das geschah.«
»Ich habe eine Vermutung«, murmelte Ben und war wieder mit seinem Pflaster beschäftigt, was ihm einen mahnenden Blick von Stephanie einbrachte.
»Nur raus mit der Sprache«, ermunterte Crenz ihn. »Bin für jeden Tipp dankbar.«
Bevor Ben auch nur den Mund aufmachen konnte, vernahm er Rufe und wilde Flüche durch das Telefon. »Was ist?«, brüllte Crenz und vergaß dabei, dass er sein Telefon immer noch am Mund hielt. Ben zuckte zusammen.
Jemand sagte etwas zu Crenz, was Ben nicht verstand, dann hörte er Crenz´ eilige Schritte. Er lief nur wenige Meter, blieb dann stehen.
»Nein«, sagte er tonlos. »Scheiße!«
»Was?«, brüllte Ben ins Telefon. »Was ist da los?« Er vermutete das Schlimmste, doch er erhielt keine Antwort. Er hörte ein lautes Krachen, dann wieder Schritte, die sich im Laufschritt entfernten. Ben wurde klar, dass Crenz sein Telefon hatte fallenlassen und zu dem Ort eilte, an dem sich offensichtlich eine Katastrophe ereignete.
Fassungslos stand Crenz auf der Schwelle des Hauses und blickte im Scheinwerferlicht etlicher Einsatzfahrzeuge hinaus zur Straße. Stefan Reimann hielt in seiner rechten Hand eine Pistole, die er auf einen Polizeibeamten richtete, der wie ein Schutzschild vor ihm stand. Reimann musste dem Polizisten die Waffe abgerungen haben, überlegte Crenz; vermutlich im Kampf, denn Reimann blutete stark aus der Nase.
Die Kollegen hatten ihre Waffen ebenfalls gezückt und richteten sie auf den Mann, aber sie schossen nicht, denn die Gefahr, die Geisel zu treffen, war viel zu groß.
»Weg!«, rief Reimann, packte den Polizisten am Kragen und drückte ihm die Waffe gegen die Schläfe. »Haut ab, sonst bringe ich ihn um!« Die Augen des Mannes blickten verzweifelt aus dem bleichen Gesicht, das zu einer blutigen Schreckensmaske geronnen war.
Ich muss nun einschreiten , dachte Crenz benommen; in seinem Kopf herrschte eine frostige Stille, die ihm die vernünftigen Worte stahl. Ich muss etwas tun, damit die Katastrophe abgewendet werden kann. Beinah hätte er laut aufgelacht. Die Katastrophe abwenden? Das war ein Witz, denn schließlich war sie doch längst eingetreten, ganz gleich, wie dies hier endete.
»Herr Reimann!«, rief er laut und ging langsam den Weg entlang, der zur Straße führte. Er streifte nasses, hochgewachsenes Gras, das den Wegesrand säumte. Es hatte zu regnen begonnen, die feinen Tropfen durchnässten ihn binnen Sekunden, doch er bekam es kaum mit. Crenz spürte die Blicke seiner Leute auf sich ruhen, in denen er Verzweiflung, aber auch Wut erkannte. Lass uns schießen!, glaubte er in manchem Blick zu lesen. »Bitte hören Sie auf damit. Lassen Sie den Mann frei. Lassen Sie sich helfen. Wir …«
»Zurück!«, gellte Reimanns Ruf durch die Stille des ungemütlichen Abends. »Kommen Sie nicht näher! Ich will nicht, dass Sie näher kommen!« Seine Stimme schwankte, als sei er betrunken. Wie er dort stand, hatte er etwas Rattenartiges an sich; sein spitzes Gesicht, aus dem die Nase hervorstach, war genauso für diesen Eindruck verantwortlich wie sein feines Haar, das platt am Schädel lag, niedergerungen vom Regen.
Crenz blieb stehen und hob beruhigend seine Arme als Zeichen seines Einverständnisses. Er bildete nun die vorderste Hut, seine Männer standen ein Stück weiter hinter ihm, zum Teil im Schutz ihrer Autos. »In Ordnung, Herr Reimann, ich habe Sie verstanden. Ich werde nicht näherkommen. Aber bitte ergeben Sie sich. Legen Sie die Waffe nieder und lassen Sie den Mann gehen. Ich versichere Ihnen, dass Ihnen nichts geschehen wird. Wir können über alles reden, alles lässt sich regeln. Alles kommt in Ordnung, hören Sie?«
Reimann lachte und spuckte einen Batzen Blut aus. »Alles kommt in Ordnung, sagen Sie? Nichts kommt in Ordnung. Auf mich wartet der Tod und daran tragen Sie die Schuld. Ich hätte einfach nur in dem Haus warten sollen, um dem Mann das Geld auszuhändigen. Dann hätte ich wieder gehen dürfen. Aber nicht er kam, sondern Sie. Nun ist alles zu spät…« Ein Schluchzen beendete seinen Satz.
»Nein«, sagte Crenz laut und hob abermals seine Arme. »Es ist nicht zu spät. Der Mann kann Ihnen nichts tun. Niemand kann Ihnen etwas tun. Bitte glauben Sie mir das.«
»Genug!«, schrie Reimann. »Sie sagen nicht die Wahrheit. Er
Weitere Kostenlose Bücher