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Paragraf 301

Paragraf 301

Titel: Paragraf 301 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Eggers
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für die Zaza aus dem Dersim. Und du kennst die Verhältnisse in unserer Gegend nicht. Bei euch in Batman ist das anders.« Mit einem schalkhaften Lächeln setzte er hinzu: »Und bevor du dein Kurdistan bekommst, will ich mein Zazaistan haben und meine Religion will ich …«
    »So kann nur ein Rotkopf reden, verdammt noch mal!«, rief Esat wütend. »Alle aus dem Dersim sind doch Rotköpfe!«

    »Wenn ich ein Rotkopf bin, dann bist du ein Bergtürke«, entgegnete Adaman.
    Esat schoss hoch, streckte seine kurzen Arme zur Decke und rief: »Das sagst du nicht noch einmal, du …«
    Der mit den glühenden Augen starrte auf die Tischplatte. Er hielt das Teeglas in seiner Faust, als wollte er es zerbrechen, und sein knotiger Adamsapfel rutschte auf und ab.
    »Streitet euch nicht«, versuchte der Schnurrbärtige, der älteste der drei Besucher, zu schlichten. »Wir müssen zusammenhalten. Vergesst nicht, dass die türkischen Faschisten unser aller Feinde sind! Die würden sich freuen, wenn sie euch streiten sehen würden!«
    »Du hast recht, regen wir uns nicht auf«, stimmte Adaman ihm zu. »Bitte setz dich, Esat, und trinke noch einen Tee. Natürlich bist du kein Bergtürke. Aber wir sind auch keine Rotköpfe, verstehst du? Warum beleidigst du uns mit den Schimpfworten der Türken?«
    Zögernd setzte Esat sich wieder und griff nach seinem Teeglas. »Trotzdem musst du Geld geben für die gerechte Sache!«, verlangte er.
    Adaman schüttelte bestimmt den Kopf. »Eure Politik und euer Kampf nützen uns nichts«, wiederholte er. »Wir wollen endlich in Ruhe leben, unsere Familien ernähren, unsere Sprache sprechen, unsere Feste feiern und unsere Gebete beten, wenn uns danach ist. Weiter nichts.«
    »Du machst mich verrückt!«, brüllte Esat und stand erneut. »Religion interessiert uns doch überhaupt nicht! Religion ist für die Befreiung des kurdischen Volkes unwichtig. Wir machen Politik und keine Religion – wir kämpfen! Religion ist von gestern, für Leute von vorgestern! Religion bringt uns kein Stück weiter! In unserem eigenen Staat kann jeder seine Religion haben, von mir aus. Es reicht jetzt: Wirst du nun Geld geben oder nicht!?«
    »Wir haben kein Geld«, blieb Adaman stur. Er erhob sich, ging zur Anrichte, stellte das Bildnis des Hacı Bektas Veli wieder auf und blieb, an das Möbel gelehnt, stehen. »Und außerdem bin ich anderer Meinung als du. Ich glaube, dass man mit Politik und Kampf keine Probleme lösen kann.« Er deutete auf das Bild neben sich. »Wenn sich etwas ändern soll, dann muss sich zuerst der Einzelne ändern. Und dazu braucht er die Religion. Sonst weiß er doch gar nicht, wie er sich verhalten soll.«
    Der Dicke schüttelte verächtlich den Kopf, stellte das Teeglas mit vernehmlichem Klirren auf den Tisch, wischte sich mit dem Handrücken knisternd durch die Bartstoppeln und baute sich vor Adaman auf.
    »Ich will nur eines wissen«, verlangte er und stemmte die kurzen Arme in die Hüften. »Bist du gegen uns?«
    »Wie kann ich gegen euch sein, nur weil mir Geld fehlt?«, fragte Adaman zurück. »Ihr seid nicht für uns.«
    »Wer uns nicht unterstützt, ist gegen uns. Wir kommen wieder. Und dann wirst du geben!«
    »Und wenn ich nicht gebe?«
    Der Dicke hielt schon die Klinke in der Hand, seine Kumpane neben sich. »Dann …«, antwortete er feindselig. »Ich an deiner Stelle würde zahlen, überleg es dir. Wir werden sehen. Denk nach.«
    »Wolltest du nicht Freiheit schaffen, Esat?«, fragte Adaman leise. »Ist das Freiheit, was du mir jetzt anbietest?«
    Der Kurde antwortete nicht mehr. Nacheinander verließen die drei Männer den Raum, zuletzt der Knochige, der die quietschende Tür in die Füllung drückte.
    Cengi räusperte sich und probierte seine Stimme: »Und jetzt?«
    »Du musst fort«, sagte Adaman und löschte das Deckenlicht. Nur noch die kleine Lampe neben der Spüle brannte. »Sie werden wiederkommen. Es wird Schwierigkeiten geben.«

    »Wirst du ihnen Geld geben?«, fragte Cengi.
    »Nê – ich weiß nicht.«
    Der ewige Streit, dachte Adaman. Die PKK und die Armee machten letztlich gemeinsame Sache, was sie taten, lief auf das Gleiche hinaus. Wo die PKK auftauchte, wurden die Dörfer verbrannt, das alte Leben wurde zerstört und mit ihm der Glaube. Die PKK wollte genauso über die Leute bestimmen wie die Türken mit ihrer Armee. Die Armee brauchte die PKK, damit sie die Dörfer verbrennen konnte, damit es einen Vorwand gab. Nachts schlichen sich die Kämpfer in die Dörfer und

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