Parallelgeschichten
tatsächlich anfasste.
Und doch fühlte sich sein Körper fremd und fern an, sein Geruch, seine Spannung waren so anders, dass ich dachte, das alles würde mich sofort ernüchtern.
Ich stieß ihn bei den Schultern weg, während ich ihm ganz nah ins Gesicht blickte. Seine Haut mit den dunklen, ältlichen Falten leuchtete milchig im fleckigen Lampenlicht, vor mir stand ein Streckenarbeiter aus dem Tisza-Hinterland, den es vor hundert Jahren in die Stadt verschlagen und der mit einer Oberländer Dienstmagd Kinder gezeugt hatte.
Entschuldige, sagte ich leise, da ist irgendwie ein Missverständnis zwischen uns.
Ich schluckte an meinem Schamgefühl, blieb stecken.
Nimm es mir nicht übel, aber ich sehe die Sache nicht so, und ich würde dich gern bitten, dass wir es dabei belassen, stotterte ich.
Wie hätte er verstehen sollen, was ich redete, und wenn ich die Sache nicht so sah, wie sah ich sie dann. Gar nichts sah ich.
Entsetzt starrte er mich von unten an, auf seinem Gesicht noch das Glück der Berührung.
Ich hörte mich selbst mit meiner eigenen Stimme in einer fremden Sprache reden.
Seine wunderbare Verständnislosigkeit machte mir das Herz dankbar und schwer.
Unbedacht beugte ich mich über ihn, wollte ihm danken und mich verabschieden, und ich küsste seine süßen, nach Milch schmeckenden Lippen.
Er wollte sie gleich ganz öffnen, gleich ganz grob werden, mit Lippen, Zähnen, der Zunge, dem Speichel.
Zum ersten Mal in meinem Leben erfüllte mich der Geruch eines Männergesichts, der Geruch von Stoppeln, der Geruch männlichen Speichels, der durch den groben Stoff des Trikots dringende Geruch des ungepflegten Männerkörpers.
Aber ich erlaubte ihm nicht, mir seine Zunge in den Mund zu stecken.
Seine Beine wollten mich einklemmen, seine Arme mich umklammern, er war ungestüm, mit seinen Fingern entdeckte er routiniert meinen Arsch, prüfte ihn, knetete ihn in sich hinein.
Mit seiner Flaumleichtigkeit überwältigte er meinen den Gerüchen widerstehenden, steinharten, muskelgespannten, angststarren Körper. Er ließ seine Finger spielen. Er war diese Leichtigkeit und ich die rohe Angst. Ich ließ ihn nicht, meine Muskeln leisteten Widerstand.
Da schluchzte er an meiner Brust regelrecht auf.
Ich hätte schon vorher wissen sollen, dass ich zu nichts tauge, doch diese Einsicht hätte weder mir noch ihm geholfen.
Du bist so lieb, ach, wie stark dein Körper ist, er jubelte richtig, warum lässt du mich nicht ran. Was soll ich dir versprechen, fragte, flehte er, sprühend und strahlend.
Nichts, versprich nichts, ich bin auf nichts neugierig. Und lieb schon gar nicht, hätte ich in sein schutzloses Gesicht rufen wollen. Was ihn betraf, konnte ich meine Gefühle nicht formulieren, denn eigentlich hatte er sie schon ausgesprochen. Er ist einfach ein lieber Mensch, der liebe Mensch ist er, das hätte ich von ihm gedacht. Hätte er es nicht ausgesprochen, hätte ich aber von einem männlichen Wesen so etwas nicht zu denken gewagt.
Es tat mir leid, dass ich es nicht tun durfte, dass er mich verkannt hatte, dass ich ihn doch nicht zuließ, weil mich etwas mit aller Gewalt zurückhielt.
Streng dich nicht an, ich will dir gehören, wimmerte er, denn er hatte genau gespürt, was ich dachte, und, sagte er lachend, das werde ich auch.
In dem Augenblick glaubte auch ich es.
Er reckte sich in die Höhe, so dass sich unsere Lenden berührten, mit ihrer Wärme und dem empfindlichen Gefühl der Härte.
Siehst du denn nicht, flüsterte er, hast du denn nicht gemerkt, dass ich dir den ganzen Abend nachlaufe. Das überraschte mich sehr. Wenn das wirklich stimmte, war er mir äußerst vorsichtig nachgeschlichen. Und geschickter als ich, wenn ich anderen nachschlich. Er pflügte mir mit seinen Fingern über beide Oberschenkel, von unten nach oben, und kam meinen Lenden gefährlich nahe.
Ich habe mir wegen dir die Füße wund gelaufen. Hetze hinter dir her, denn du läufst herum wie ein Blinder. Er redete fast wie zu einem kleinen Kind. Du könntest schon längst in mir drin sein, ah, kreischte er töricht, ich spüre schon die ganze Zeit deinen großen Schwanz, du aber läufst den ganzen Abend auf deinen Füßchen vor mir davon.
Er redete Unsinn zusammen, jeder Satz war wie ein Schlag.
Ich hatte keine Füßchen, sondern ausgesprochen große Füße, und wie hätte er mich wohl dazu bringen sollen, dass ich ihn als Frau ansah, wo mich doch gerade das anwiderte, und wo ich doch gerade das genoss, dass mir ein so lieber
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