Parallelgeschichten
Nebenlinien.
Jawohl, es besteht kein Anlass, den Herrn zu korrigieren. Eventuell belieben zu wissen, zwischen Verőce und Kismaros gibt es eine Nebenlinie für die Forstwirtschaft, die haben sie belastbarer machen müssen, damit sie, wie soll ich sagen, zur neuen Grenzstation hinauffahren können.
Auch aus Mohács haben sie bloß eine Grenzstation gemacht, fügte er hinzu, unterbrach dann aber den fast weinerlich klingenden Satz.
Moment mal, sagte Madzar, das ist doch Schmalspur, eine Nebenlinie, meines Wissens sind da die Schwellen zwei Meter lang. Sie sagen, die hier sind zwei vierzig.
Wenn mir der Herr nicht glaubt, können wir nachmessen. Bloß sage nicht ich es, sondern sage es nur, wie es mir der Gewährsmann erzählt hat, sagte der Händler flüsternd und lachte dazu etwas beleidigt. Für Heerestransporte, verstehen, er sagt, sie haben die Linie für Heerestransporte herrichten müssen. Haben sie dann auch gemacht.
Er stach mit dem Zeigefinger triumphierend in die Luft, höherer Befehl, nicht wahr, alles zu unserem Besten, dann breitete er schweigend die Arme aus.
Verwendung von größeren und haltbareren Schwellen als üblich, geändert hat sich ja trotzdem nichts.
Ach so.
Sie wollten, nicht wahr, kein unnötiges Aufsehen erregen.
Na ja, das erklärt alles.
Der Herr versteht. Damit es dann keine Anklagen gibt, wir hätten den Friedensvertrag verletzt.
Sie schwiegen einen Augenblick, mussten an die Schmach denken, die ihrer Heimat widerfahren war, als das Territorium durch den Friedensvertrag beschnitten wurde, während der Architekt, nunmehr ohne einen Rest von Misstrauen gegenüber dem Material, im Voraus wusste, dass es ihm nicht leichtfallen würde, die kommenden Stunden geduldig hinter sich zu bringen. Er blickte fast gerührt und hilfesuchend auf den alten Händler. Am liebsten hätte er ihn gleich auf der Stelle das Holz auftrennen lassen. Einen feinen Schnitt, damit er den Querschnitt sehen konnte, es dann zweiteilen, um auch den Längsschnitt zu sehen. Vielleicht hatte Gottlieb die Werkstatt noch nicht demontiert, vielleicht arbeiteten seine Maschinen noch. Aber wie sollten sie denn arbeiten, deswegen liegt doch über dem Damm eine solche drohende, öde Stille, weil sie eben nicht arbeiten. Überhaupt ist es besser, mit so etwas allein zu sein. Nachträglich verstand er natürlich alle die Füllwörter des Juden, sein Geschwätz wurde durchsichtig, auch wenn Madzar nichts zu erwidern gewusst hatte.
Am liebsten hätte er Luftsprünge gemacht.
Damit kam er zum beruhigenden Gefühl bürgerlicher Gleichheit zurück.
Voreilige Dankbarkeit war nicht am Platz, sie hatten ja noch nicht über den Preis gesprochen.
Zu hoch konnte er nicht sein, doch schon beim bloßen Gedanken bekam er wieder Angst.
Der Jude würde ihm bestimmt eine Falle stellen.
Er fragte, ob Herr Gottlieb ihm eine Schwelle in die Werkstatt bringen lassen könnte.
Aber selbstverständlich, mit Vergnügen.
Er sehe es jetzt so, dass er die achtundneunzig Stück gebrauchen könne, doch zuvor müsse er das Holz schon noch gründlich untersuchen.
Vor dem Preis brauche der Herr keine Angst zu haben, antwortete der Händler in einem Ton, als verstünde er plötzlich gar nichts mehr.
Was für eine Werkstatt mochte der Fremde hier haben.
Aber natürlich, volles Verständnis, der Herr kann ja nicht die Katze im Sack kaufen, dafür ist die Menge doch zu beträchtlich, er nickte und fragte misstrauisch, wohin er die Schwellen schicken dürfe, er würde ihm gleich drei zur Probe schicken.
Name und Adresse, der Gegenstand seiner vorherigen Neugier, riefen, obwohl beide ihm bekannt, auf seinem Gesicht keine Überraschung hervor.
Er habe ja keine festen Angestellten mehr, aber er würde jemanden aus der Nachbarschaft holen, der es bei den geehrten Madzars abliefert.
Gottlieb fühlte sich wie mit heißem Wasser übergossen.
Verständnislos und verstohlen nahm er auf der empfindlichen, zur Röte neigenden Haut des Mannes die blauen Schatten in Augenschein, sein dunkelrot leuchtendes starkes Haar, und musste daran denken, dass Rothaarige allesamt schlaue Füchse und üble Betrüger sind.
Unterdessen wechselten sie einige Worte über den Preis, wie hoch er denn so ungefähr wäre, um dem späteren Feilschen eine Richtung zu geben.
Was machte denn dieser junge Mann hier.
Sein Großvater hatte schon das Holz bei ihnen gekauft, und auch sein Vater, nicht bei Huber, nicht bei Drogó Gojko, plötzlich sah Gottlieb auf diesem Gesicht die
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