Parallelgeschichten
Mark und Ravensburg persönlich gekommen waren, so auch der Graf von Cleve aus der Geburtsstadt des Rabbis, setzte der Herzog aber ein baldiges Ende.
Als Rabbi Ammon, noch schlammbesudelt, hereingeführt wurde, saßen alle schon am gedeckten Tisch, und der große Herzog wollte sich nicht mehr erinnern, was er von ihm hatte wissen wollen.
Es wäre nicht angebracht gewesen, unter den unruhigen Herren die Meinungsverschiedenheiten wieder anzufachen.
Mochte sich der Jude trocknen, zusammen mit den gleichzeitig hereinstürmenden nassen Hunden.
Hörst du, Margit, ich hoffe, du gibst acht, warf Gottlieb dazwischen ein, blickte aber nicht zu seiner Frau auf, die mit einem verlegenen kleinen Lächeln auf den Lippen doch einigermaßen hingebungsvoll zuhörte.
Auch die Nockerlnschüssel hatte sie mehr oder weniger auf ihren Schoß sinken lassen.
Aber sie war auf der Hut, wegen des ewig stinkenden Manns durfte sie ihre körperliche Anspannung nicht lockern.
Den vom Duft der Speisen aufgeregten Hunden warf man zuweilen einen Knochen oder eine Keule hin, ihn aber vergaß man. Der Herzog selbst, der im Übrigen in seiner Nähe, aber von ihm abgewandt saß, um am flackernden Kaminfeuer seinen kranken Rücken zu wärmen, sprach ihn nur ein einziges Mal an.
Falls du meine Frage ausplaudern solltest, Jude, werde ich dir die Zunge herausschneiden und dir dann den Kopf abschlagen lassen.
Nie wurde mehr davon geredet, was denn diese berühmte Frage wäre, die er jemandem ausplaudern könnte. Auch in Rabbi Ephraims Bonner Aufzeichnungen ist kein Hinweis darauf zu finden, was mehr als verständlich ist.
Doch den Rabbi konnte man nicht täuschen.
Von den Worten des Herzogs, vom vielen Wein und Essen, von der Musik, dem Hundegebell und vor allem von der tiefen Befriedigung, die ihr ganzes Wesen erfüllte, wurde die Stimmung unter den edlen Herren immer gehobener.
Der Rabbi hingegen bat nur um frisches Wasser, was anderes hätte er auch nicht bekommen.
Er hoffte, diesen unheilvollen Besuch auf irgendeine Weise zu überstehen.
Bis sich der Graf von Cleve erhob, um dem Herzog lange ins Ohr zu flüstern. Er sprach fast eine halbe Stunde, ließ inmitten der großen Fröhlichkeit das allerwirksamste Gift tröpfeln. Jan Willem, der wegen seiner unermesslichen Schätze den Beinamen der Reiche trug, lachte zuerst nur über die vielen Worte, die ihm der hübsche, großnasige Graf von Cleve zuflüsterte, und erst nachdem dieser verstummt und unter der großen Nase genussvoll lächelnd an seinen Platz zurückgekehrt war, ließ er den Rabbi vortreten.
Im Festsaal wurde es still, so still, dass man das Anklatschen des Flusses deutlich hörte.
Jetzt aber redete der Herzog zur allgemeinen Überraschung den Rabbi nicht mit Jude an, sondern wie jemanden, der einen gewöhnlichen Menschennamen hat, so wie jedermann. Er sagte, seinen Rat würde er zwar nicht benötigen, er möge sämtliche seiner Ratschläge für sich behalten, habe er doch jetzt alles geordnet und die Welt zusammen mit den Herren in Ordnung gebracht, doch da regte sich Margit auf ihrem Hocker, qualvoll aufstöhnend.
Ich habe doch schon die Pilzsuppe auf dem Feuer.
Lass doch endlich die Pilzsuppe, wen interessiert deine Pilzsuppe schon.
Wie sollte ich sie lassen, das Wasser unter meinen Pilzen siedet weg, und eine Schwitze muss ich auch noch machen, und die Petersilie habe ich auch noch nicht dazugeschnitten, wimmerte die Frau, schien aber auf dem Hocker festgenagelt.
Vielleicht ist ja zum Glück das Feuer ausgegangen, ach, ich habe nicht so viele Späne draufgetan.
Die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende, jetzt hör schon zu, Gottlieb schaute einen Augenblick auf, um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich fortfahren konnte.
Margit achtete natürlich nicht auf die Geschichte, sondern auf ihn.
Jetzt, Margit, kommt die schreckliche Wendung, denn der regierende Herzog sagt zum Rabbi, er solle mit seiner Familie an den Hof ziehen, er hätte ihn gern als ständigen Ratgeber um sich, er würde nicht einmal viele Ratschläge erteilen müssen, eine große Ehre für den Rabbi, mit der einzigen Bedingung, las Gottlieb weiter aus dem Buch vor, da er beruhigt sah, wie sich die Frau mit der Schüssel auf dem Schoß und mit offenem Mund ergriffen vorneigte, dass er dem Glauben seiner Väter entsage.
Na, kannst dir ja vorstellen, gewöhnliche bürgerliche Kleider sollte er anlegen. Den Hut vor sämtlichen Heiligen ziehen. Im Herzen und auf den Lippen den großen Niemand haben,
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