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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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befriedigt. Als sagte sie in ihrer großen Selbstzufriedenheit, schön, dann bin ich eben unbegabt, da kann ich dem Médilein noch lange schwere Vorwürfe machen, total unbegabt, ich sehe es ein, und verantwortungslos und faul, stimmt alles, ich übe zu wenig, denke, ich sei ein Urtalent, das so etwas nicht nötig hat, aber ich habe einen tollen Körper und verliere meine Musikalität auch beim Ficken nicht, das zweifelt niemand an, und dieses eine Mal hat es mir der Typ richtig besorgt, da habe ich mir bei dieser ganzen Fickerei den Richtigen geholt.
    Da kann ich mich noch lange gegen ihn wehren, und er mich noch lange nicht wollen.
    Für den bin ich wenigstens ein gutes Weibchen.
    Die zieht man aus und sieht gleich, womit man rechnen kann. Da ist die Frau immerhin im Vorteil, wir sehen’s gleich schon ihrer Hose an.
    Der hat mich gründlich durchgefickt, und ich habe mir die Stimme kaputt gebrüllt. Und dabei habe ich mir Mühe gegeben, mich zurückzuhalten, Himmelherrgott. Um seine empfindlichen Ohren nicht zu stören, seine herrschaftlichen Öhrlein. Auch er hat gebrüllt wie ein Tier, klar, dass ich nichts mehr höre.
    Sie spürte, dass sie auch diesen Mann nicht liebte, trotz allem nicht, dass sie ihn verachtete. Dieses dumme Gefühl durchkreuzte ihre Absichten. Sie liebte ihn nicht, gerade weil sie es so sehr von ihm wollte.
    Wenn wir es noch lange machen, verliere ich auch das Gehör, nicht nur die Stimme.
    Der starke Duft von Baldrian durchzog die in Frau Szemzős Zimmer gefangene warme Nacht.
    Jetzt ist er natürlich erschöpft eingeschlafen, der Süße, in seinem eigenen feinen Duft, ach, lieber Gott.
    Am liebsten wäre sie sofort zu ihm aufs Bett im Dienstbotenzimmer zurückgekehrt, zu diesem Wundermann, dem sie ihre wahnsinnige Befriedigung verdankte und von dem keine ihrer Nervenfasern beruhigt war, das doch nicht. Die waren nicht beruhigt. Sie machte ihren Nerven Mut, morgen dann bestimmt, später, in den nächsten Minuten, nächste Woche wird sich alles runden, wird reif sein, und schon deshalb war sie ihm dankbar für diese guten Zukunftsaussichten. Alles, was sie zum Singen gebraucht hätte, Herz, Kopf, Lungen, war von ihm erfüllt, die Erinnerung an seinen märchenhaften Duft sprengte ihr fast Kopf und Brustkasten, er stieg von ihrer Haut auf, aus ihrem dichten, kurzgeschnittenen Haar, aus dem dunklen, reichen Schamhaar.
    Mit so unbeherrschtem Gebrüll müsste ein großer Sänger etwas vorsichtiger sein.
    Ein Glück, dass ich noch keine große Sängerin bin, einstweilen kann ich nach Lust und Laune ficken.
    Als wäre doch die schreckliche Ahnung deutlich, dass sie das ganze blöde Künstlertum in dieses trostlose Leben hineinwürgen musste, um nicht als ein gewöhnliches Weibchen dazustehen, als ein dummes kleines Weibchen, das nicht weiß, was es mit seinem Leben anfangen soll.
    Sie braucht doch eigentlich gar keine Männer mehr. Deswegen müsste man ja als Sängerin an die Spitze gelangen, damit man sie nicht mehr braucht.
    Wenigstens auf dem Gipfel des Misina bleiben, Gyöngyvér, wenn der Mount Everest schon nicht drin liegt, Sie sehen ja selbst, dass er nicht drinliegt. Nicht zurückrutschen, Liebes, nicht immer wieder über Lappalien stolpern.
    Ich bin nicht der Frau Médi ihr Liebes.
    Außer dem Ehrgeiz hat sie nichts, den kann sie nicht aufgeben, wenn die entsprechenden Fähigkeiten nun mal fehlen.
    Die widerliche alte Hexe zählt ja auch dauernd auf, was alles fehlt. Eine blutige Dilettantin, das hatte sie einmal in Gyöngyvérs Gegenwart von jemandem gesagt, und seitdem fürchtete sie, diesen Stempel eines Tages ebenfalls verpasst zu bekommen. Das hätte ich von Ihnen doch nicht gedacht, Gyöngyvér, dass Sie eine blutige Dilettantin sind.
    Dass ihre Gesangslehrerin eine solche widerliche Hexe sein muss.
    Schon deshalb hätte sie jetzt nicht gewagt, die unbarmherzige Stille des Weltraums mit Tonleitern aufzuwühlen. Es würde sich zeigen, dass sie eine blutige Dilettantin ist, hallte es in ihrem Kopf wider, eine blutige Dilettantin, blutige Dilettantin. Aber sie ging auch nicht zu ihm aufs Bett im Dienstbotenzimmer zurück. Sie hatte genug von diesen ewigen Dienstbotenzimmern, und von den Männern. Auch würde sie den armen Mann wecken, den sie trotz Frau Szemzős verschämten Bitten mitgebracht hatte, und dann würden sie weitermachen. Ruh dich schön aus, mein Süßer, ich wache über deinen Schlaf. Da sie doch sonst nirgendshin konnten. Sie mussten einfach weitermachen, dazu brauchten

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