Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
Hände gefallen, und das konnte ich nicht zulassen.«
»Aber das muss der Rat doch verstehen! Deine Aufgabe ist es doch, mich zu beschützen, und dadurch hast du das auch getan. Hättest du mir nicht die Wahrheit gesagt, wäre ich niemals freiwillig hiergeblieben, und diese Anzugtypen hätten mich früher oder später gefangen.«
»Vielleicht hat der Rat das ja auch eingesehen und mich deshalb noch nicht bestraft«, hofft er , doch ich spüre, dass er es selbst nicht glaubt.
»Es tut mir sehr leid. Wenn ich nicht wäre, müsstest du nicht mit der Angst leben müssen, ins Parallelum befördert zu werden. Du hättest eine Wächterin verdient, die dir nicht so viele Probleme bereitet«, versuche ich mich zu entschuldigen, doch er legt seine Hände an mein Gesicht und sieht mich eindringlich an.
»Das darfst du nicht sagen. Du bist nicht schuld daran! Es war meine Entscheidung, und ich würde wieder genauso handeln, denn ich hätte mir niemals verzeihen können, dich nicht kennengelernt zu haben. Durch dich fühle ich mich wieder lebendig, das war sehr lange Zeit nicht der Fall. Ich muss mich sogar bei dir bedanken, denn das hat noch keine Wächterin geschafft«, versichert er mir.
Sein Blick durchdringt mich. Wärme durchflutet meinen ganzen Körper. Er kommt näher und beugt sich zu mir herüber. Marco küsst mich zart – ja, schon fast vorsichtig – auf die Lippen. Ich schließe die Augen und erwidere seinen Kuss. Dann legt er seine Arme um meine Taille und drückt mich an sich. Er presst seine Lippen auf meine, und ich lege meine Arme um seinen Hals. Es geschieht alles so schnell! In diesem Kuss steck viel Gefühl, viel Verlangen. Ich löse mich kurz von ihm und schnappe schnell nach Luft. Er mustert mich und lächelt mich an. Kleine Grübchen bilden sich um seine geröteten Lippen. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und streiche mit meinen Daumen an seinen Lippen entlang. Das Mondlicht hebt seine feinen Gesichtszüge noch mehr hervor. Seine eisblauen Augen strahlen förmlich im Dunkeln. Er zieht mich wieder an sich und küsst mich zärtlich. Fest umschlungen legen wir uns hin. Ich vergrabe mein Gesicht in seine Brust und denke nur an diesen wundervollen Kuss. Geborgen und glücklich ruhe ich in seinen Armen. Mit diesem Gefühl schlafe ich endlich ein.
Kapitel 15
Der Geruch von frischem Kaffee kriecht mir in die Nase. Ich öffne langsam die Augen, die Sonne scheint direkt auf mein Gesicht. Es fühlt sich gut an, die wohlige Wärme auf der Haut zu spüren. Ich setze mich auf und strecke mich. Noch kann ich es kaum glauben: Endlich, nach acht langen Nächten, habe ich geschlafen. Ich fühle mich gut, mir ist weder heiß, noch dröhnt mein Kopf, und müde und kraftlos fühle ich mich auch nicht mehr.
»Na, gut geschlafen?«, fragt Marco, der mit zwei Tassen in der Hand an der Tür steht.
Ich nicke. Sofort muss ich an gestern Abend denken, als mich Marco geküsst hat und ich schließlich in seinen Armen eingeschlafen bin. Meine Wangen werden glühend heiß. Marco scheint zu wissen, woran ich denke, und verkneift sich ein Grinsen. Er kommt zu mir ans Bett und reicht mir die Kaffeetasse.
»Danke«, sage ich und nippe an dem Kaffee.
»Nichts zu danken. Wie fühlst du dich? Meinst du, wir können heute das Training fortsetzen?«
»Ja, ich denke das schaffe ich heute locker«, antworte ich selbstsicher.
»Warte mal ab, bis wir anfangen. Da wird dich dein Selbstbewusstsein verlassen«, garantiert Marco, doch ich gucke ihn schief an.
»Werden wir ja sehen!«
»Ich konzentriere mich jetzt schon seit über zwei Stunden darauf, aber ich höre nichts!«, beklage ich mich.
Marco will, dass ich mein Gehör trainiere, sodass ich es in jeder Situation gebrauchen kann, doch heute scheint es nicht zu funktionieren. Er will, dass ich ihm sage, welches Lebewesen sich im Nebenzimmer befindet. Anfangs habe ich gedacht, er mache nur Spaß, doch jetzt zwingt er mich seit über zwei Stunden dazu, an die Wand zu starren und mich auf das Nebenzimmer zu konzentrieren. Ich bereue es, noch nie in dieses Zimmer hineingegangen zu sein.
»Konzentriere dich noch mehr«, befiehlt Marco.
»Mehr geht nicht! Als Francesco mich gesucht hat, habe ich seinen Klingelton ohne Konzentration gehört, genau dasselbe war auf dem Revier. Ich habe Pinto gehört, der außerhalb des Gebäudes einen Witz erzählt hat. Darauf habe ich mich auch nicht konzentriert, konnte es jedoch hören und lokalisieren. Die Gabe kommt und geht, wann sie
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