Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
kommt?«
Marco zieht die Schultern hoch. »Aus Gier, weil sie Macht wollen? Ich weiß es nicht, das ist auch egal. Wir müssen alles tun, um es zu verhindern. Aus diesem Grund wurde der Rat gegründet, und einzelne Menschen aus der ganzen Welt wurden zu Wächtern der Gaben. Unsere Aufgabe ist es, den Parali von der Organisation zu befreien.«
»Den Parali, der die Morde begangen hat?«, frage ich ungläubig.
Marco nickt.
»Warum? Sollten wir ihn nicht lieber vernichten? Er hat bisher vier Menschen auf dem Gewissen. Warum sollten wir ihn retten?«
Marco schaut wieder in die Ferne. Stimmt, ich sollte ja nichts über den Parali fragen, doch ich muss wissen, wofür ich kämpfe. Ich werde jedoch nicht gegen meine Überzeugung handeln und einem Serienmörder dazu verhelfen, auf freien Fuß zu kommen. Zu gerne wüsste ich, was Marco gerade denkt. Seit dem Anfall gestern habe ich keine Gedanken mehr gehört. Ich finde, ich sollte das Training alleine fortführen und diese Gabe nun trainieren.
»Warum sollen wir diesen Parali retten?«, frage ich noch einmal, dann konzentriere ich mich allein auf Marco. Er sieht weiter in die Ferne und macht keine Anstalten, mir auf meine Frage eine Antwort zu geben. Er scheint jedoch stark nachzudenken. Ich muss es unbedingt wissen. Plötzlich bilden sich Laute in meinem Kopf. Ich erschrecke kurz, versuche mir jedoch nichts anmerken zu lassen. Dann versuche ich, die wirren Laute in meinem Kopf zu ordnen. Langsam formen sich Worte. Ich schließe meine Augen, um mich noch besser auf seine Gedanken konzentrieren zu können. Erst verstehe ich Bruchteile, dann höre ich ihn ganz deutlich.
… sollte ich ihr sagen, dass es ihr Vater ist …
Sofort reiße ich die Augen auf und schnappe schnell nach Luft. Plötzlich höre ich – genau wie gestern – dröhnende, laute Stimmen im Kopf. Ich presse die Hände an den Kopf und sinke auf die Knie, und Marco dreht sich zu mir um und legt die Hände auf meine Schultern.
»Eva, was ist los? Ist es wieder ein Anfall?«, fragt er besorgt.
Ich nicke, dann schließe ich die Augen und atme ganz ruhig ein und wieder aus. Langsam werden die Stimmen leiser. Die von Marco kann ich gar nicht hören. Er nimmt meine Hände vom Kopf und hält sie wie gestern fest. Ich halte meine Augen geschlossen, bis die allerletzte Stimme verschwunden ist.
»Was soll das bedeuten, es sei mein Vater?«, flüstere ich mit gebrochener Stimme. Ich sehe Marco in die Augen. Sein Blick ist wie der eines Welpen: unschuldig, obwohl er auf frischer Tat ertappt wurde.
»Es tut mir leid, dass du es so erfahren musstest. Ich habe immer wieder nach dem richtigen Moment gesucht, es dir zu sagen. Denn ich habe befürchtet, du würdest es nicht hören wollen und würdest alles abbrechen und gehen«, sagt er besorgt.
»Du bist wohl falsch informiert worden. Mein Vater ist vor fünf Jahren gestorben. Ich habe seine Leiche mit eigenen Augen gesehen, war auf der Beerdigung und besuche sein Grab regelmäßig«, sage ich und reiße die Hände von den seinen weg. Nun richte ich mich auf und wende ihm den Rücken zu. Meine Augen fangen an zu brennen, doch ich kann die Tränen in Zaum halten.
»Eva, ich wollte genau das vermeiden. Ich wollte warten, bis du alles andere erfahren hättest. Dann hättest du es auch besser verstehen können«, versucht er sich zu rechtfertigen.
»Was denn verstehen? Das mein Vater von den Toten auferstanden ist, um unschuldige Menschen, die er vorher beschützt hat, kaltblütig und vollkommen willkürlich umzubringen?«, platzt es plötzlich aus mir heraus. Ich bin außer mir vor Wut.
»Es ist eben nicht so! Dein Vater ist nicht gestorben, sein Parali war es vielmehr, den ihr beerdigt habt. Dein Vater wurde von der Organisation gefangen genommen, nachdem sie mit seinem Parali fertig waren. Sie zwingen ihn, seine Fähigkeiten auf andere Menschen zu übertragen. Bisher sind alle Versuche gescheitert, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie es schaffen. Das darf nicht passieren, und deshalb müssen wir ihn befreien«, erklärt Marco.
Ich bin vollkommen fassungslos. All die Jahre habe ich gedacht, mein Vater wäre tot. Die Stelle als Beraterin habe ich nur angenommen, um Einsicht in die Akten zu bekommen, seinen Tod zu begreifen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch das alles habe ich für einen Doppelgänger getan. Mein Vater lebt in Wirklichkeit noch und arbeitet für die Organisation, die unsere Zukunft ruinieren wird.
»Wieso tut er das? Er
Weitere Kostenlose Bücher