Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
Marco, der sich neben mich auf die Couch setzt.
»Ich werde meinen Vater wiedersehen, und das in nur zwölf Stunden. Einerseits freue ich mich, doch ich habe, ehrlich gesagt, auch Angst. Ich weiß nicht, was mich erwarten wird, und das macht mich fertig!«, antworte ich bedrückt.
Marco nickt und nimmt meine Hand. »Ich werde die ganze Zeit über bei dir sein. Wir schaffen das schon«, versichert er mir.
Doch Angst habe ich trotzdem, am meisten davor, mein Vater könne sich als Mitglied der Organisation entpuppen. Ich schüttele den Kopf. Daran darf ich gar nicht erst denken.
»Bist du sicher, dass du das schaffst? Wenn du möchtest, können wir dich begleiten«, sagt Angela liebevoll.
Ich schüttele nur den Kopf. Denn die beiden haben mir schon genug geholfen, ich will sie nicht noch tiefer mit hineinziehen. Das Einzige, was uns noch fehlte, wäre, dass Alberto und Angela ins Visier der Organisation gerieten.
»Na gut, dann werden wir jetzt gehen. Wir wünschen dir viel Glück!«, sagt Alberto und umarmt mich. »Marco, pass ja auf unsere Eva auf!« Er reicht Marco freundschaftlich die Hand.
Auch Angela umarmt Marco und mich, dann geht sie mit Alberto zur Tür. Beide schauen noch einmal zurück und verschwinden dann in den Flur. Es ist sehr leise im Wohnzimmer. Ich höre schon fast meinen eigenen Herzschlag.
»Was sollen wir tun, wenn er dort auftaucht?«, frage ich Marco und breche die Stille.
»Rein gar nichts«, antwortet er zu meiner Verblüffung.
Ich sehe ihn mit verständnislosem Blick an. »Was meinst du mit ›rein gar nichts‹? Wir werden ihn doch wohl aufhalten, bevor er einen weiteren Menschen opfert.«
Marco schüttelt den Kopf und sieht mir eindringlich in die Augen. »Nein, wir werden uns bedeckt halten und ihm zu seinem Versteck folgen«, sagt er dann entschieden.
»Aber wir können das nicht verantworten. Er wird weiter töten, und wir werden nur dabei zusehen?«
»Das ist die einzige Möglichkeit, um sein Versteck aufzuspüren. Wir müssen davon ausgehen, dass ihn die Organisation im Auge behält. Wenn wir diese Chance nicht nutzen, werden wir sicherlich keine zweite erhalten. Du solltest dich jetzt ausruhen und versuchen zu schlafen. Du wirst all deine Kraft brauchen, denn es wird wieder Auswirkungen auf dich haben. Ich werde dich rechtzeitig wecken.« Marco steht auf und geht aus dem Raum.
Schlafen. Ich konnte schon ohne Grund nicht schlafen, jetzt werde ich es bestimmt erst recht nicht können. Dennoch lege ich mich hin und schließe die Augen. Marco hat recht: Ich werde meine ganze Kraft brauchen, denn durch meine Verbindung zu meinem Vater werde ich auch nur seine bloße Anwesenheit schwer zu spüren bekommen.
Schatten, viele Schatten, Schreie, Blut. Es regnet, und ich sehe, wie dunkle Gestalten einen Kreis um einen Mann bilden. Das Regenwasser verfärbt sich rot durch das viele Blut auf dem Asphalt. Der Mann fleht um sein Leben, doch die dunklen Gestalten ziehen den Kreis enger um ihn und geben unverständliche Laute von sich. Es kommt mir vor, als führten sie eine Art Opferritual durch. Ich versuche mich dem Kreis zu nähern und dem Mann zu helfen, doch plötzlich greifen kalte Hände nach mir und halten mich zurück. Dann schnappe ich nach Luft und drehe mich um. Eisblaue Augen blitzen mich plötzlich an.
»Eva! Eva! Wach auf, Eva!«, ruft Marco über mir.
Ich schlage sofort meine Augen auf, atme schwer und zittere innerlich. »Was … was ist passiert?«, stottere ich leise.
»Du hattest wohl einen Albtraum«, antwortet Marco. »Du hast geschrien und um dich geschlagen.«
Ich setze mich auf.
»Was ist das für ein Krach?«, ruft Stella aus dem Flur. Sie kommt ins Wohnzimmer und schaltet das Licht ein.
»Es ist nichts, ich hatte nur einen schlechten Traum«, beschwichtige ich sie.
Stella versucht ihr zerzaustes Haar zurechtzuzupfen. Ihre Augen wirken ohne ihre Brille sehr klein. »Na, jetzt brauchst du ja nicht mehr einzuschlafen, es ist bald so weit«, sagt sie.
Ich sehe auf meine Armbanduhr. Es ist 04:37 Uhr. In weniger als zwei Stunden werde ich meinen Vater wiedertreffen. Dann stehe ich von der Couch auf. »Ich werde mich frisch machen gehen«, stammele ich.
»Gut, ich mache uns in der Zwischenzeit einen Kaffee. Trinkst du auch einen, Stella?«, fragt Marco.
Stella schüttelt den Kopf. »Nein, ich gehe wieder schlafen«, sagt sie gähnend und begibt sich wieder in ihr Schlafzimmer.
Ich gehe ins Badezimmer und wasche mein Gesicht. Im Spiegel betrachte
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