Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
Mann, gezeichnet von Reue und Schuld. Es bricht mir das Herz, ihn so zu sehen. Ruckartig schießen Bilder durch meinen Kopf. Es ist, als wäre ich in einen meiner früheren Albträume gefangen, nur dass ich aus diesem nicht so schnell wieder aufwachen kann.
Ich kann es kaum glauben. Meine Augen fangen an zu brennen, und glühend heiße Tränen fließen über mein Gesicht. Mein Vater, den meine Familie und ich tot am Krankenhausbett beweint und schließlich beerdigt haben, sitzt nun leibhaftig vor mir. Ich bringe kein einziges Wort zustande, stattdessen starre ich ihn an. Als ich mich ihm nähern will, hält mich Marcos Hand auf. Mein Vater schaut kurz zu mir, sein Blick ist voller Qual, dann breitet sich das Licht langsam wieder aus, und er senkt den Blick wieder.
»Nein, geh nicht! Bitte!«, flehe ich ihn an.
Marco hält mich weiterhin zurück, dann nimmt er meine Hand und zieht mich nach hinten. »Mach dir keine Sorgen. Ich komme bald wieder!«, ruft er, dann lässt er meine Hand los und springt ins Licht.
Ich will hinterherspringen, als mich irgendetwas mit Druck zurückzieht. Kurz darauf erlischt das Licht, und Marco und mein Vater sind verschwunden.
»Was …? Nein …« Ich bin vollkommen fassungslos. Was ist gerade geschehen? Ich sehe auf den Boden. Überall ist Blut. Das Opfer ist wieder eine junge Frau. Ihre einst weiße Bluse zieht sich mit Blut und Regenwasser voll. Ich kann den Anblick nicht länger ertragen, doch ich kann nicht gehen, meine Beine wollen sich nicht bewegen. Stattdessen sinke ich auf meine Knie und stütze mich mit den Händen auf dem nassen, kalten Asphalt ab. Ich atme schwer. Was soll ich tun? Soll ich die Polizei informieren? Was soll ich ihnen sagen, warum ich hier bin?
Plötzlich höre ich schnelle Schritte. Ich horche auf und sehe mich schnell um. An der Kreuzung erkenne ich Alberto. Er rennt auf mich zu. Was tut er hier?
»Eva, alles ok?«, fragt er besorgt. Er hilft mir aufzustehen und stützt mich. »Komm, wir müssen hier schnell weg! Angela wartet im Wagen auf uns.«
Ich nehme all meine Kraft zusammen und laufe mit Alberto zum Wagen. Angela steigt aus, öffnet mir die Hintertür und legt mir ein großes Handtuch um. Als wir alle eingestiegen sind, fährt Alberto los.
Ich trockne mich mit dem Handtuch ab, zittere jedoch immer noch am ganzen Körper. »Warum seid ihr hier?«, frage ich, als ich mich wieder eingefangen habe.
»Marco hat uns darum gebeten. Er wollte, dass wir dich holen kommen«, antwortet Angela.
»Ich dachte, der Plan lautete, nichts zu tun, nur zu beobachten. Das waren seine Worte«, sage ich aufgebracht, doch ich hätte es besser wissen müssen: Marco will wohl alles alleine regeln.
»Hör mal, Eva: Er tut das nur, um dich nicht in Gefahr zu bringen. Er ist für die Organisation wertlos, du hingegen wirst von ihnen gebraucht. So will er erst sichergehen, dass du in keine Falle tappst, und muss sich vergewissern, dass er das wirkliche Versteck findet«, versucht mich Alberto zu beruhigen.
»Wie konntet ihr das zulassen? Wer weiß, in welcher Gefahr er jetzt schwebt!«
»Er hat uns versichert, nur zu kundschaften, außerdem ist er imstande, sich wegzuteleportieren. Mach dir keine Sorgen um ihn«, sagt Alberto und hält vor Stellas Haus.
Ich steige aus dem Wagen und renne zum Eingang. Bevor ich klingeln kann, öffnet Stella schon. Ich sprinte durch den dunklen Eingang und halte vor der großen verschlossenen Tür.
»Komm schon, Stella. Mach die verdammte Tür auf!«, schreie ich in die Dunkelheit.
»Zieh erst die Schuhe aus!«, ordnet sie über die Lautsprechanlage an.
»Das ist doch nicht dein Ernst!«, zische ich verärgert und streife schnell die Schuhe von den Füßen ab. Endlich ertönt das Surren, und die Tür öffnet sich. Schnell laufe ich die Treppe hinunter, wo Stella auf mich wartet. »Hast du was Neues?«, frage ich außer Atem.
»Na ja, da war wieder dieser Mann«, antwortet Stella.
»Was? Wo?«, frage ich hastig.
»Ich kann mir das nicht erklären, doch er hat dich anscheinend beschützt«, sagt sie.
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Am besten siehst du es dir selbst an.«
Wir gehen in den großen Computerraum. Sie setzt sich an ihren Platz und projiziert die letzten Satellitenbilder an die Wand. Mein Herz setzt einen Augenblick lang aus. Als mein Vater aufgetaucht ist, stand auf einem Dach über uns wieder der Mann mit dem Mantel. Er scheint uns zu beobachten. Stella wechselt zum nächsten Bild. Da ist der Mann wieder
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