Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
weg, stattdessen umgibt mich ein dunkler Schleier. Auf dem nächsten Bild sind Marco und mein Vater weg. Der Mann ist wieder auf dem Dach und sieht auf mich herab.
»Er hat mich daran gehindert, in das Licht zu springen«, flüstere ich mir selbst zu. Wieso hat er das getan?
»Was ist mit Marco? Hast du ihn irgendwo entdeckt?«, frage ich Stella nach kurzer Zeit, doch sie schüttelt den Kopf.
»Nichts? Konntest du denn das Licht nirgendwo anders entdecken?«
Wieder schüttelt sie den Kopf und erklärt: »Wenn er in einem Gebäude ist, kann ich das mit den Satellitenbildern nicht sehen. Da müsste ich mich schon in alle Überwachungssysteme hacken.«
»Tu es!«
Stella mustert mich. »Du bist schon ausgeflippt, als ich mich in die Satellitenüberwachung gehackt habe, und nun willst du, dass ich mich in das gesamte Überwachungssystem Roms hacke?«
»Ja, unbedingt!«, antworte ich entschlossen.
»Na gut. Das wird ein Spaß. Wollen wir nur hoffen, dass sie auch wirklich in einem überwachten Gebäude in Rom sind«, sagt Stella, während sie wie wild auf der Tastatur tippt.
»Ich bin mir sicher, dass es so ist. Als mich die Leute der Organisation verfolgt haben, konnte ich erkennen, dass es keine Dilettanten sind. Sie tragen teure Anzüge, beschäftigen die besten Wissenschaftler, die das Land zu bieten hat, und rekrutieren stetig neue Mitglieder. Sie werden ihre Versuche sicherlich nicht in einem verlassenen Keller durchführen, aber diese bestimmt dokumentieren. Ich glaube, sie befinden sich in einem Hochsicherheitsgebäude mit Wachmännern, Überwachungskameras und jeder Menge Mitarbeiter«, schlussfolgere ich.
»Wahrscheinlich eine Scheinfirma. Das wäre eine gute Deckung«, wirft Alberto hinter mir ein.
Ich schrecke kurz auf. Dass er und Angela hereingekommen sind, habe ich gar nicht gemerkt.
»Ja, genau«, stimme ich ihm zu.
»Also werde ich mich erst einmal an den kleineren Firmen versuchen. Die haben meistens kein so ausgeklügeltes System, da kommt man schnell rein. Ich habe eine Software entwickelt, die automatisch nach einer Person im gesamten Videoarchiv sucht. Dadurch kann ich mehrere Archive auf einmal durchsuchen.«
»Gut, mach das. Wenn du was hast, sag mir bitte sofort Bescheid«, sage ich zu Stella und verlasse den Raum. An der Tür drehe ich mich kurz zur Wand und betrachte das 3-D-Bild meines Vaters. Sein qualvoller Blick geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
»Komm, Eva, ich gebe dir etwas Trockenes zum anziehen«, sagt Angela.
Ich habe endlich aufgehört zu zittern. Angela hat mir einen Tee gekocht und sich zu mir ins Wohnzimmer gesellt. »Mach dir keine Sorgen. Wir werden die beiden schon finden«, versichert sie mir.
Ich hebe nur die Schultern.
»Lass den Kopf nicht hängen! Wenn dich Marco sehen würde …! Das würde ihm nicht gefallen.«
»Das hätte er sich vorher überlegen sollen. Er hätte mich nicht alleine auf diesem Tatort lassen sollen. Wir hatten eine Abmachung: Keiner handelt, nur beobachten.«
»Ich weiß, doch manchmal müssen wir die, die uns etwas bedeuten, zu etwas zwingen, damit sie nicht in Gefahr geraten. Er hat dich nicht alleingelassen. Er hat dafür gesorgt, dass du hierher zurückkehrst.«
»Wie machst du das bloß?«, frage ich sie.
»Was meinst du?«, fragt Angela etwas ratlos.
»Wie schaffst du das, immer nur das Gute in einer scheinbar unlösbaren Situation zu sehen?«
Angela lächelt mich an und erklärt: »Jede Situation hat Gutes. Sie scheinen manchmal unlösbar, doch es gibt immer einen Ausweg. Man darf nur niemals die Hoffnung verlieren.«
Sie hat recht: Verliert man die Hoffnung, verliert man alles. Es wird alles wieder gut, ich werde Marco finden und meinen Vater befreien. Keiner wird getötet, und niemand wird bestraft. Plötzlich habe ich eine Idee, wie ich Marco finden kann.
»Der Wächterruf!«, rufe ich laut. Warum ist mir das nicht früher eingefallen? Angela mustert mich verständnislos.
»Was soll das sein?«, fragt sie schließlich. Anscheinend hat ihr Alberto doch nicht alles erzählt.
»Der Wächterruf ist eine Art Gabe. Dadurch können sich Wächter und Begleiter gegenseitig aufspüren«, erkläre ich ihr aufgeregt.
»Das bedeutet, du kannst Marco orten!«, erwidert sie enthusiastisch.
»Ich werde es gleich versuchen.« Ich schließe die Augen und konzentriere mich allein auf Marco. Das letzte Mal, als ich das getan habe, hat es auf Anhieb funktioniert. Das ist die erste Sache, die mir Marco zu kontrollieren beigebracht
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