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Paranoia

Paranoia

Titel: Paranoia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Felder
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Wort »Arrived«.
    Conrad streicht sich durch das vom Wind zerzauste Haar. Konfusion reihum. Er schaut aus einem der noch intakten Fenster, die alle mit Regentropfen gesprenkelt sind. Das Licht auf dem Betonboden des Rollfelds ist grünlich, die Nacht stockfinster. Man kann nicht viel erkennen. Als er seine Augen sich in der Fensterscheibe spiegeln lässt, präsentiert ihm sein Ebenbild ein vollkommen ausdrucksloses Gesicht.
    Was ist hier passiert? Er kapiert nicht und kapiert doch. Der Steward, der neben ihm sitzt, steht auf und läuft zum Cockpit, klopft und verschwindet hinter der Tür.
    Ben ruft: »Alles klar bei dir?«, und wedelt mit den Armen, um die Aufmerksamkeit von Conrad zu erlangen, der jetzt zwei Reihen entfernt sitzt, gegenüber dem Gang. Conrad hört ihn nicht.
    »Hey, Connie, alles klar bei dir?«, ruft Ben noch mal.
    Conrad schluckt heftig. Er weiß es nicht. So, wie es ihm geht, geht es ihm nicht gut, aber anders kann es ihm wohl nicht gehen.
    Als die Türen der Maschine geöffnet werden und ein Pulk vermummter Feuerwehrleute in die Kabine stürmt, wird Conrad schlagartig kotzübel. Sicher von der kalten Moskauer Luft, die an Bord klettert. Er schaut rüber zu Ben, schluckt und lächelt, als er dessen zerbeulten Laptop sieht.
    »Der sieht aber gar nicht gut aus«, sagt jemand, und ich erkenne meine Stimme. Ich zeige mit meinem Kinn auf seinen Apple und füge hinzu: »Auf dem wirst du nichts mehr finden. Du hast’s aber auch mit dem Verlieren von Daten. Oder hast du eine Sicherheitskopie angefertigt?«
    Das pure Chaos droht auszubrechen, als der Großteil der weitestgehend unversehrten Passagiere aufstehen möchte, aber angewiesen wird sitzen zu bleiben, bis die Rettungskräfte die Verletzten evakuiert haben. Ein Sanitäter führt Wiederbelebungsversuche an einer jungen Frau im Heck der Maschine aus. Die Reanimation sieht aus, als würde er Herzmassage an einer Attrappe üben. Der Gestank um uns herum ist dick wie Nebel. Ich bin schweißgebadet. Meine Lungen brennen wie Feuer. Kurz denke ich an mich, als sei ich jemand anderes. Doch ich rufe mich zur Ordnung. Ich sehe, dass Ben am Hals Blutspuren aufweist. Aber nicht besonders schlimm, würde ich sagen.
    Ben fragt mich nochmals, ob alles okay ist, das frage ich ihn auch, indem ich ihm »Alles okay! Und bei dir?« zurufe. Dann sehe ich mich in der Kabine um. Ein Schlachtfeld. Wirklich schrecklich. Und doch seltsam fesselnd. Mein Schädel dröhnt, mein Herz klopft zum Zerspringen, mein ganzer Körper ist jenseits der Erschöpfungsgrenze. Was geht hier ab? Ich tappe im Dunkeln. Ich weiß von nichts. Und ahne dennoch sofort, ich hatte schon wieder einen Aussetzer. Einen Filmriss. Ich hatte gehofft, ich hätte den Tiefpunkt schon erreicht, dabei grabe ich unbeirrt weiter. Ganz offensichtlich kann ich mein Hirn nicht daran hindern, zu tun, was es tut. Von befremdlicher Faszination gepackt, suche ich nach der Antwort auf das Gemetzel um mich herum. Diese entsetzliche Ungewissheit. Alles wäre besser als das. Jetzt keine Panikattacke. Ruhig. Was immer hier auch geschehen sein mag – ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr –, wir sind pünktlich gelandet.

35
    Dann geht es weiter. Zunächst werden die Schwerverwundeten, die aber bei Bewusstsein sind, aus dem Flieger evakuiert, dann die Leblosen, dann die Verstörten und Traumatisierten, allen voran eine Dicke mit Babybauch, die wirklich angegriffen aussieht, und als Allerletzte Ben und ich.
    Ich finde das unerhört. Ich habe auch eine Beule auf meiner Stirn, wie ich gerade ertaste, nur, dass die nicht so plakativ ist. Und Schürfwunden an den Händen. Wir dürfen ewig lange zuschauen, wie irgendwelche Verwundeten versorgt und abtransportiert werden. Uns sofort rauszulassen hingegen hätte keine zwanzig Sekunden gedauert.
    Meine Übelkeit ist wie weggefegt. Ich habe einen Bärenhunger.
    Ein Helfer taucht aus dem Nichts auf, schreit mir was zu – auf Russisch, Ukrainisch, Slowakisch? – und verschwindet dann einfach wieder. Ich werde nie erfahren, was er von mir wollte.
    Schreierei ist mir zutiefst zuwider.
    Die ganze Zeit über läuft Berieselungsmusik, immer wieder überlagert vom schrillen Quäken von Funksprüchen. Und zur Krönung des Wahnsinns ertönt ein paar Mal die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern. Am Tonfall erkennt man, dass er versehentlich auf die Sprechtaste gekommen sein muss. Hört sich an, als telefoniere er mit seiner Frau. Russisches Gebrabbel.
    Ein Typ der Rettungscrew

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